#MaximumApocalypse hat nicht nur sein Insert bekommen sondern wurde ausnahmsweise auch mal bespielt.
Ich habe mir die jeweils die 2nd Edition vom Base Game und Gothic Horrors gegönnt und wollte eigentlich gleich mit Wasted Wild komplettieren... habe diesmal aber auf meinen Verstand gehört und es erstmal gespielt. Die ersten zwei Missionen kamen auf den Tisch, wobei die 1. (Tutorial) Mission nicht wirklich ernst zu nehmen ist. Im Vorfeld habe ich natürlich mehrfach schon die Regeln gelesen und Unmengen Playthroughs geschaut, um mir einen Eindruck zu verschaffen (der Kauf basierte schließlich auf dem was ich gesehen habe) und dachte eigentlich ich hätte es soweit im Griff. Denn der Rundenablauf ist alles andere als kompliziert. Würfeln um Gegner zu spawnen (oder auch nicht), Karte ziehen, vier Aktionspunkte ausgeben (bewegen, Karte ausspielen, Kartenaktionen, Plündern in beliebiger Reihenfolge auch mehrfach möglich), Hunger erhöhen, Schaden abhandeln. Und das was im Video alles nach Spaß aussieht könnte auch spaßig sein... wenn:
- Die True Solo Variante nicht so halbgar daher käme. Manche Charaktere spielen sich solo einfach nicht so gut wie andere. In der ersten Mission hatte ich den Mechanic. Obwohl nur ein Tutorial hat man gleich gemerkt, dass der Mechanic in erster Linie ein Support-Charakter ist. In späteren Missionen kann ich mir gut vorstellen, dass es da an Durchschlagskraft auf kurzer Distanz mangeln könnte. Also für die nächste Mission den Veteranen mit seinem Hund gewählt, das ist quasi 1,5 händig solo. Ich dachte das würde ja gut passen... aber er floppte auch. Die Solo Regeln besagen nämlich, dass Long Range Damage wie Mid Range Damage zu behandeln ist. Schadenspunke werden halbiert und aufgerundet. Jetzt hat sein M1 Garand (Long Range) aber 5 Schaden aus denen Midrange 3 Schaden werden. Absoluter BS da sein Hund schon Midrange 3 Schaden macht (und mit einem Zusatzgegenstand sogar keinen Schaden durch seinen Angriff bekommt). Da das M1 zusätzlich Munition kostet und 2 Plätze im Inventar verbraucht (weil es ja auch eigentlich sehr stark ist) besteht also absolut kein Grund es auszurüsten. Denn da sich Hund und Herrchen immer zusammen bewegen, kann der Hund auch keine Gegner weglocken, die der Veteran dann mit dem M1 aus der Ferne erlegt. Des Weiteren sollen die Karten aus dem Scavenge Deck nicht zum Handlimit von 10 dazu gerechnet werden und das Inventar soll von 4 auf 6 Plätze erhöht werden. Fühlt sich alles an wie im Nachgang nachjustiert (wobei ich die beiden letztgenannten Änderungen gar nicht umgesetzt habe, war auch in der ersten und zweiten Mission nicht nötig).
- Das weitaus größere Ärgernis sind aber die Regel-Ungenauigkeiten bzw. Fehler. Besonders deshalb weil es die 2nd Edition ist... die eigentlich die dritte Chance war alles gerade zu ziehen. Denn nach der ersten Edition kam ja noch die Legendary Edition und danach erst die zweite Edition. Beispiele:
- In der ersten Mission muss der Wissenschaftler gerettet werden, die ensprechende Karte soll man aus dem Scavenge Deck aussortieren. Diese Karte gibt es aber nicht.
- Manche Karten aus dem Scavenge Deck haben keine einheitliche farbliche Zuordnung.
- Bewegung von Veteran und Hund sind nicht eindeutig geklärt.
- Scavenge-Aktion wurde von unbegrenzt auf 1x pro Runde pro Teil reduziert. Ob jetzt die "Free Scavange"-Aktion die eine Locations beim Umdrehen haben dazu zählt oder nicht ist nicht erklärt.
- Formulierungen nicht konsistent/eindeutig (Bei manchen Gegnern steht das Keyword "Attack" dabei bei anderen nicht obwohl alle immer Angreifen oder was passiert wenn man ein Test für das Betreten einer Location nicht schafft und "zurück" muss, wird dann der Gegner auf dem eigenen Feld auf das man zuvor geschlichen ist aktiviert?)
- Einige Locations von Gothic Horrors 2e und Wasted Wilds haben das "Shelter"-Symbol. Die gleichen Locations des Base Games haben sie nicht. Ärgerlich, da das Spiel sich damit brüstet, alles miteinander kombinieren zu können.
- Die Missionen bauen aufeinander auf, ggf. steht im Mission Log welche Locations ausgetauscht werden. Will man jetzt aber nicht alles von vorne spielen sondern sucht sich einfach ein Szenario aus, muss man erst in der Missionen davor lesen, welche Teile zum Grundaufbau gehören und welche dann bis zur aktuellen Mission ausgetauscht werden müssen.
- Kombinieren wäre dann auch der nächste Punkt. Ich habe keinen Ahnung wie man, außer Gegner/Helden, da irgendwas modular gestalten soll. Es bleibt quasi bei einer Mini-Kampagne bei der man die Gegner austauscht... ob das jetzt immer so gut funktioniert sei mal dahingestellt. Ich hätte mir da eher etwas mehr Modularität gewünscht. Denn gerade die interessanten Tag/Nacht Effekte, das Clock Board und Exposure Cards von Gothic Horrors lassen sich nicht so einfach in das Basegame übertragen (allein schon wegen der fehlenden Shelter-Symbole der Location Karten). Explizit beschrieben ist es, soweit ich gesehen habe, auch nirgends.
- Das töten von Gegnern belohnt nicht. Kein Loot, keine Punkte, kein Bonus, nichts. Der Gegner ist dann nur nicht mehr da und richtet keinen Schaden mehr an. Dazu sind Kämpfe generell unspektakulär. Eine Waffe macht X Schaden, gib Y Aktionspunkte aus um Y * X Schaden zu generieren. Das muss jetzt natürlich nicht schlecht sein, es ist auch sicher kein Weltuntergang. Beim Zuschauen hätte ich auch nicht gedacht, dass es mich stören könnte, aber ein bisschen Belohnung, ein bisschen mehr Kampfmechanik hätten mir dann doch besser gefallen. Aber das soll auch der kleinste meiner Kritikpunkte sein. Weiß man vorher, muss man wollen.
Was ist jetzt gut am Spiel? Vieles! Da spielt man einen astreinen B-Movie. Das Artwork sieht toll aus, Qualität der Karten und Minis ist gut, das Gefühl wirklich eine Landschaft zu erkunden während man von Zombies/Aliens/Cthulhu/Robotern/Dinosauriern gejagt wird (auch in Kombination) ist super spaßig. In einer Minute ist noch alles heile Welt, in der nächsten Zombies überall! Den Schwierigkeitsgrad kann ich schlecht einschätzen, mit dem Vet bin ich in Mission 2 auf 7 HP runter, war aber auch nicht sonderlich vorsichtig und habe rein nach Bauchgefühl gespielt. Da die Lage der Locations zufällig ist (der Aufbau ist nur eine Empfehlung, man kann die Teile, natürlich verdeckt, legen wie man lustig ist) und das Spawnen der Gegner per Zufall bestimmt wird, kann ein und die selbe Mission natürlich völligunterschiedlich ablaufen. Das muss man mögen; ich kann mir gut vorstellen, dass es dahingehend auch mal richtig schnell richtig schlecht laufen kann und man kaum Land sieht wenn man ein paar ungünstige Würfe hatte. Entgegen meiner Natur des Nicht-Hausregelns denke ich aber man kann hier und da sicher noch ein paar Hebel ansetzen die das ganze Spielerlebnis ein wenig mehr dem eigenen Geschmack nahe bringen. Selbst das gestalten von eigenen Missionen und Kampagnen sollte absolut kein Problem darstellen. Wie gesagt, hier hätte ich mir mehr Anhaltspunkte gewünscht was wie kombinierbar ist und zumindest eine genaue Auflistung der Locations damit man sie mischen und wieder auseinandersortieren kann... so funktionieren Erweiterungen ja in der Regel, sie sollen das Spiel erweitern. Zwar ist Gothic Horrors eine Standalone Erweiterung, sieht aber stellenweise dann doch recht entkoppelt vom Grundspiel aus.
Positiv angemerkt sei hier noch Aufbau und Spielzeit. Wenn man erstmal weiß was auf den Tisch muss und die Locations noch sortiert sind, geht der Aufbau sehr schnell. Das Auslegen der Locations ist weniger fummelig als erwartet, das (ab 2nd Edition) universelle scavenge deck braucht auch nicht mehr vor jeder Runde neu zusammengestellt werden. Insgesamt kommen so fünf Decks auf den Tisch, die einzeln kurz durchgemischt werden. Token Tray raus, Figur aufgestellt, fertig. Mission 1 und 2 waren zusammen in nicht einmal 90 Minuten gespielt, trotz Unterbrechungen für Regelkunde.
Lange Rede gar kein Sinn, finde ich es jetzt gut? Ja, nein, vielleicht. Möglicherweise ist es ein wenig die Ernüchterung, da ich mehr erwartet hatte aber vom Hocker hat es mich nicht gehauen. Aber das Thema stimmt, eine Horde Dinos mit dem Mörser wegballern ist halt trashig-lustig. Sich an Zombies vorbeischleichen nur damit auf dem gleichen Feld nochmal welche spawnen hat was von Slapstickkomödie. Ich denke wenn man über die Ungereimtheiten der ersten Spiele hinweg ist und selbst nochmal hier und da ein paar Regler nachstellt könnte das Ganze nochmal an Fahrt gewinnen. Da vermute ich auch mal, dass der Spaß mit einem oder zwei Mitspielern, allein der Absurditäten halber, größer sein wird. Abschreiben will es es aber auf keinen Fall, die Auster muss geknackt werden... und manchmal steckt vielleicht doch eine Perle drin.