Am Wochenende habe ich Massilia (Alain Epron, Quined Games 2014) gespielt. In dem Spiel kann man sich "Strafmarker" (in diesem Falle: schwarze Holzscheibchen) nehmen, um Würfelergebnisse zu verändern, aber am Spielende gibt's mehr oder weniger viele Minuspunkt, wenn man Strafmarker genommen hat. Ähnliche Mechanismen sind mir jetzt schon ein paar Mal begegnet. Die konkrete Umsetzung ist dabei aber immer völlig unterschiedlich. Unter "Strafmarker-Konzept" verstehe ich dabei nicht, dass man irgendwelche Aktion mit einer festen Anzahl von Siegpunkten bezahlt. Sondern dass irgendetwas variable Kosten hat, die erst später, in der Regel am Spielende, feststehen. Als Zeichen dafür muss man sich dann irgendwelche "Strafmarker" nehmen. Was kennt ihr an solchen Konzepten? Ich kenne:
Massilia:
Mechanismus: Die Anzahl der Strafmarker im Vorrat ist begrenzt auf 10 mal X bei X=Spielanzahl. Es gibt 3 Minuspunkte am Ende für je 2 Marker, aber, und das ist wichtig hier: gedeckelt auf -15 Punkte für 9 und mehr Marker.
Wie funktioniert's? -- Die Deckelung setzt unterhalb der Gleichverteilung ein, d.h. wenn man davon ausgeht, dass Strafmarkernehmen eine lohnenswerte Aktion ist, dann ist es Unsinn, den Mitspielern mehr als ihren "gerechten" Anteil von je 10 Markern zu lassen. Vielmehr gibt es einen Run auf die Marker im ersten Drittel des Spiels. Bei Massilia kann man auch wunderbar den Gegenspielern schaden, erst recht, wenn man Würfelergebnisse mit Strafmarkern modifizieren kann. In der Folge davon besteht das Spiel aus 1/3 wildem, destruktivem Gehacke und danach 2/3 relativ normales Euro-Spiel hinterher. Und das alles nur, weil trotz sonst unveränderter Regeln irgendwann die begrenzten Marker aufgebraucht sind. Irgendwie völlig verrückt und ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.
Lords of Waterdeep, Scoundrels of Skullport Erweiterung, Skullport Modul:
Mechanismus: Auf einem separaten Spielbrett liegen Strafmarker gruppiert bei -1, -2, -3, usw. bis -9. Bei bestimmten besonders starken Aktionen muss man sich Strafmarker nehmen, und zwar von unten weg. Die höchste angebrochene Gruppe bestimmt am Ende, wieviele Minuspunkte jeder einzelne Strafmarker für alle Spieler zählt; sind alle genommen, dann -10.
Wie funktioniert's? -- Die Strafpunkte werden zunehmend schädlicher, was dann auch interessante Interaktion ermöglicht: wenn ein Spieler viele Marker angesammelt hat, lohnt es sich für Mitspieler, die Strafmarker zu verteuern, weil es dem Strafmarker-Sammler besonders schadet. Funktioniert sehr gut, weil Kosten und Nutzen automatisch irgendwo ein Gleichgewicht finden. Sonderaktionen zum Strafmarker zurücklegen oder aus-dem-Spiel-nehmen (macht hier einen Unterschied, weil's die Minuspunkt-Kosten nicht wieder senkt!) runden alles sehr schön ab. In meinen Augen die bisher beste Umsetzung des Konzeptes "Strafmarker".
Madeira:
Mechanismus: Nochmal etwas komplett anders: anstatt die Kosten pro Strafmarker billiger oder teurer zu machen, geht's hier nur um die relative Anzahl bzw. Reihenfolge der Spieler untereinander. Wer am meisten Strafmarker (hier: Piratencounter) hat, erhält -16 Punkte, dann -8, -4 und -2 für den mit den wenigsten Strafmarkern (bei weniger als vier Spielern fallen die hinteren Stufen weg). Ausnahme: wer 0 Strafmarker hat, erhält auch 0 Minuspunkte.
Wie funktioniert's -- Es funktioniert, aber nicht reibungslos. Der tiebreaker Spielerreihenfolge wirkt arg willkürlich, insbesondere wenn es um -8 oder -16 Punkte geht, was bei Madeira eine Menge Holz ist. Außerdem skaliert es nicht ganz so toll auf kleinere Spieleranzahl, insbesondere bei wenig Piraten. Bei zwei Spielern mit 0 und 0 Piraten gibt es 0+0 Minuspunkte. Soweit gut. Hat einer der beiden aber einen einzigen Piraten, ist's gleich 0 und 16 Minuspunkte, d.h. vorentscheidend. Haben beide 1 Piraten, ist's 16+8 oder 8+16, je nach Spielerreihenfolge. Das empfinde ich als unbefriedigend, so dass bei uns per Hausregel die Ausnahmeregel "wer 0 Strafmarker hat, erhält auch 0 Minuspunkte" bei der 16:8:4:2 Minuspunktverteilung zu "Minuspunkte sind auf 4x Piraten begrenzt" erweitert wird. (Es enthält den 0->0 Fall, aber bei 1 Piraten ist die mögliche Strafe z.B. auf 4 Minuspunkte gedeckelt.)
Was kennt ihr so an Umsetzungen des Konzeptes "Strafmarker" und wie funktioniert's aus eurer Sicht?