[Spieljahrgang 2014] Massilia

  • So, dann versuche ich mich auch hier einmal. Gleich vorweg: Es ist keine Rezension, es ist ein Ersteindruck. Wenn der hier nicht hingehört, dann bitte verschieben...


    Gespielt haben wir in einer 4er-Runde "Massilia" von Alain Epron, Quined Games.


    Ich weiß nicht, ob Ihr alle die Geschichte kennt: Massilia ist ja eigentlich kein wirkliches Spiel aus 2014, sondern 2012. Alain Epron ist der Autor von Vanuatu, einem Spiel, das mir sehr gut gefällt. Als ich dann von Massilia hörte, war ich doch sehr enttäuscht, dass ich die Crowdfunding-Aktion auf Ulule knapp verpasst habe. Egal, dann kaufe ich es mir eben später - so dachte ich es mir.


    In der Folge passierte dann aber etwas, das ich so noch nie mitbekommen hatte. Der Autor setzte sich scheinbar mit dem Geld ab. Es wurde nie hergestellt. Da war ich dann doch froh, NICHT rechtzeitig dabei gewesen zu sein. Letztendlich kam das Spiel jetzt zur Messe in Essen für mich doch völlig unerwartet auf den Markt, veröffentlicht von Quined Games - mit der Ankündigung, dass jeder der enttäuschten backer nun doch ein Exemplar kostenlos bekäme. Ende gut, aber sicherlich nicht alles gut. Trotzdem war ich neugierig genug, um das Spiel nach Regellesen zu kaufen...


    Wie ist Massilia (Ablauf)?


    Massilia ist BÖSE!


    Es kommt ganz anders daher. Zwei bis vier Spieler sind Händler im alten Marseille. Was ist zu tun? Gute Geschäfte machen! Man handelt mit insgesamt vier verschiedenen Waren. Beim Verkauf der Waren bekomme ich einerseits Geld, andererseits Ansehenspunkte - die über den Sieg entscheiden. Die Geldpreise variieren jede Runde auf eine vorhersehbare Weise, das kann man gut planen. Jede Ware hat einen Einkaufspreis, den ich im Hafen zahle. Demgegenüber steht ein Verkaufspreis auf dem Markt, der für jede Ware identisch ist. Geld verdiene ich also, wenn ich Waren günstig einkaufe und teurer verkaufen kann. Das ist simpel und nichts Besonderes. Ich verkaufe die Waren an meinen Marktständen, die ich auf dem Marktplatz eröffnen kann. Dafür gibt es insgesamt 12 Plätze. Um diese Marktstände laufen Kunden herum, die jeder Spieler steuern kann. Immer wenn ein Kunde dabei an meinem Marktstand hält, kauft er alle Waren, die seiner Farbe entsprechen. Das steuern der Kunden ist gar nicht so leicht, da jeder Spieler die selben drei Kunden steuern will.
    Neben dem Erlös in Sesterzen bekomme ich beim Verkauf aber auch Ansehenspunkte, also Siegpunkte. Und hier ist ein kleiner interessanter Marktmechanismus integriert. Bei jeder Ware schwanken die Ansehenspunkte zwischen 1 und 3 je Ware. Immer, wenn irgendjemand min. eine Ware einer Sorte kauft, fällt der Ansehenswert um 1 (Damit stattet man umgehend seinen Stände am Markt aus -> Angebot steigt -> Es ist nichts besonderes, diese Ware anbieten zu können -> weniger Ansehenspunkte). Anders herum steigen die Ansehenspunkte um 1, wenn ein Kunde die Warem am Markt kauft. Das ist nett und funktioniert gut, es ergeben sich viele taktische Möglichkeiten.


    Neben den Kunden läuft aber auch ein Konsul um den Marktplatz herum. enn ich den bewege, kann ich (je nach Zielfeld der Bewegung) einen neuen eigenen Stand eröffnen, einen Stand des Gegners schliessen oder ihn zu einer Strafsteuer zwingen - und das tut richtig weh! Geld ist meistens knapp und im schlimmsten Fall muss man sämtliche Waren am Stand wieder abgeben, wenn man die Strafsteuer nicht bezahlen kann. In der Erweiterung kann man auch noch einen Dieb steuern, der beim Gegner Waren klauen kann - auch ganz nett.


    Neben Wareneinkauf und Bewegung (Kunden zum Verkaufen, Konsul zum Ärger machen) kann man noch Siegpunkte kaufen oder durch Opfergaben an die Götter Götterkarten auf die Hand bekommen, die Sondervorteile gewähren.


    Der Grundmechanismus ist Würfelgesteuert. Insgesamt 20 Würfel, jeweils 5 für jede der vier Aktionsmöglichkeiten, werden jede Runde geworfen. Während die Farbe die AKtionsart bestimmt, steht die Augenzahl für die Quantität - die ich immer voll ausschöpfen muss. Eine 6 ist somit nur gut, wenn ich auch genügend Waren kaufen kann oder der Händler weit von meinem Stand weg ist.


    Die Würfel können aber auch modifiziert werden, indem ich Strafscheiben (Minuspunkte am Spielende) nehme. Für jeweils eine Strafscheibe kann ich eine Würfelfarbe ändern, die Augenzahl um 1 ändern oder zwei Würfel einer Farbe addieren - und das beliebig häufig. Somit bin ich flexibler, aber muss immer überlegen, ob es das wert ist.


    Der Spieler, der am günstigsten einkauft und am teuersten verkauft, dem die Götter wohlgesonnen sind und der es am besten versteht, die Kunden an die eigenen Stände zu lenken und gleichzeitig den Wettbewerb beim Konsul anzuschwärzen, gewinnt.


    Noch interessant: Wer zuerst passt (keinen Würfel mehr nehmen will), bekommt für die nächste Runde mehr Einkommen, ist aber dafür LETZTER in der Zugreihenfolge. Wer am längsten Aktionen ausführt, bekommt kein Einkommen, ist dafür aber erster.


    Meine Meinung


    Ich mag direkte Interaktion, aber hier musste ich doch schon manchmal schlucken. Der Konsul kann gnadenlos sein. Ich kaufe Waren im Hafen ein und lege sie auf meine Marktstände. Natürlich lohnt es sich, viele Waren einer Sorte auf einen Schlag zu verkaufen, da die Aktionen begrenzt sind und ein Kunde alle Waren einer Sorte an meinem Stand kauft. Wenn ich also meine Stände vollpacke (max. 6 Waren), kann ich im Idealfall 6 * 3 (Maximalpreis) = 18 Sesterzen und 18 Siegpunkte erhalten. Wenn aber der Konsul an meinen Stand kommt, will er für jede Ware eine Sesterze oder eine Ware haben. Wenn ich also knapp bei Kasse bin, gehe ich sehr hohes Risiko, fast alles zu verlieren. Das ist uns einmal passiert. Mit einer fiesen Aktion kann ich einem Spieler also enorm schaden. Das muss man wissen - und mögen!


    Wir sind eigentlich eine friedliche Runde, gestern war aber mein Onkel (gerne, aber Wenigspieler) dabei. Der hat ziemlich konfrontativ gespielt - und auf einmal gab es ein richtiges Hauen und Stechen. Schaurig, aber auch irgendwie toll! Ich denke nicht, dass die Markthändler im alten Massilia gut befreundet waren... :P


    Um dieses Risiko zu umgehen, muss ich also immer etwas Geld zurück behalten, um notfalls Steuern zahlen zu können. Dann kann ich aber auch nicht groß einkaufen, denn - wie erwähnt - Geld ist eher knapp. Ich habe gewonnen, lebte aber immer in Angst, ob ich schnell ein gutes Geschäft machen kann, bevor ich wieder abgestraft werde. Das kann aber in einer anderen Runde ganz anders ablaufen.


    Jeder kann bis zu sechs Marktstände aufmachen, allerdings gibt es nur 12 Plätze - was drei im Schnitt macht. Wir hatten höchstens zwei. Ein neuer Marktstand kostet 5 Sesterzen. Der Konsul kann einen Stand schliessen lassen, wenn dort keine Waren sind. Somit muss die Eröffnung wohl überlegt und geplant sein!


    Punkte kaufen ist effektiv. Der Preis pro Punkt liegt zwischen 1 und 3 Sesterzen. Da ich weiß, wann die Preise günstig sind, versuche ich, viel Geld zu haben, wenn der Preis niedrig ist. Ich habe es geschafft, andere nicht. Auch hier muss man gut taktieren.



    Zwei Aspekte sehe ich nach dem ersten Spiel kritisch:


    Den Göttern opfern, um Karten zu bekommen, kam bei uns nicht so gut an. Die Vorteile der Karten wirkten zu klein, der Preis zu hoch. Für eine Karte muss ich 1.6 (Je nach Würfelzahl) Waren opfern. Das würde ich in einem späteren Spiel gerne noch einmal beobachten, ob der Eindruck täuscht. Aber bevor der Konsul mir meine Waren wegnimmt, wäre eine Opfergabe sicherlich besser gewesen.


    Bleiben die Strafpunkte für Würfelmodifikationen. Die Idee finde ich sehr gut - kritisch sehe ich (zumindest jetzt) die Deckelung. Der Einsatz erscheint erst einmal sinnvoll, da die Würfel mich doch sehr einschränken. Im Spiel gibt es 10 Strafscheiben je Spieler. Sind diese aufgebraucht, kann keiner mehr eine nehmen und somit auch keine Aktionen durchführen, bei der man eine Scheibe nehmen müsste. Das finde ich ja noch gut. Die Deckelung der Strafscheiben greift aber schon bei 9. Ob ich jetzt 9 oder 15 Scheiben habe, spielt keine Rolle mehr. In jedem Fall gibt es -15 Punkte. Somit konnte ich am Ende, als das maximum erreicht war, bedenkenlos die Würfel kombinieren und gute Aktionen ausführen.


    Zur Einordnung: Ich hatte 62 Punkte als Sieger, musste dann 15 Strafpunkte hinnehmen. Der zweite hatte 40-45 Punkte, deutlich weniger Strafscheiben (7?) und musste 12 Strafpunkte abziehen. Da scheint mir das Verhältnis nicht ganz zu stimmen.



    Insgesamt war ich doch sehr positiv überrascht und werde es gerne noch einmal spielen. Bei Boardgamegeek gehen die Bewertungen von 1 bis 9 - was dafür spricht, dass der Verlauf sehr unterschiedlich sein kann - und nicht jeder mit jedem Verlauf zurecht kommt.

  • Massilia ist mein einziges in Essen gekaufte Spiel, das noch ungespielt im Schrank liegt. (Danach sind aber noch ein paar weitere, bisher allesamt unspielte, Sachen dazu gekommen. Ein 5 Wochen altes Töchterchen kostet alle Freizeit und raubt den Schlaf.) Daher erstmal danke für den Eindruck. Dass das Spiel fies und konfrontativ sein kann (ganz im Gegensatz zum netten Comic-Artwork!), den Eindruck hatte ich nach Regellektüre auch schon. Aber leider halt noch nicht gespielt.


    Ein paar Anmerkungen trotzdem:
    - Alain Epron ist wohl nicht mit dem Geld abgehauen, sondern an privaten und kommerziellen Problemen (Krankheit + Ärger mit dem angedachten Spielproduzenten) gescheitert. An Ende war's dann die französische Version der Privatinsolvenz...
    - Bei den BGG-Bewertungen bitte beachten, dass die von einigen Frust-Bewertungen nach dem Ulule-Finanzierungs-Flop deutlich nach unten gezogen werden.


  • Ein paar Anmerkungen trotzdem:
    - Alain Epron ist wohl nicht mit dem Geld abgehauen, sondern an privaten und kommerziellen Problemen (Krankheit + Ärger mit dem angedachten Spielproduzenten) gescheitert. An Ende war's dann die französische Version der Privatinsolvenz...
    - Bei den BGG-Bewertungen bitte beachten, dass die von einigen Frust-Bewertungen nach dem Ulule-Finanzierungs-Flop deutlich nach unten gezogen werden.


    Das mag sein - aber KEINE Kommunikation mit den Backern ist sicherlich nicht die richtige Lösung. Meines Wissens gab es keine offizielle Kommunikation.

  • Das mag sein - aber KEINE Kommunikation mit den Backern ist sicherlich nicht die richtige Lösung. Meines Wissens gab es keine offizielle Kommunikation.

    Jupp. Das ist so.
    Ich bin zwar nicht durch #Massilia betroffen, wohl aber durch die #Vanuatu Erweiterung... übrigens mein einziges "gescheitertes" Crowdfunding-Projekt bislang... Sonst habe ich immer nur gute Erfahrungen gemacht...

  • Hallo,


    Auch in unserer ersten partie (als vorbereitung auf erklaeren des spiels in Essen 2014) haben die Strafscheiben sich als interesant ergeben. Es gibt ein unterschied zwischen die 2012 regeln und de 2014 regeln. Der Author hat die regel in der zwischenzeit geandert, in der ersten version (2012) bekomt man fuer jede Strafscheibe 2 minus punkte am ende des spiels. Wenn man sich aber im klaren ist das man die Strafscheiben durchaus verwenden sollte, damit man ungefahr gleich viele Strafscheiben hat wie die uebrigen Spieler dan behebt das diesen moeglichen unterschied.


    Gruss,


    Stefan