Der Fachbesucher- und Pressetag der SPIEL 2014 präsentierte sich für mich dieses Jahr erneut durchwachsen. Von anderen Messen kenne ich es, dass an diesen Tagen schon alles perfekt ist. Die SPIEL ist da allerdings anders: Etliche Stände waren am Nachmittag noch mitten in der finalen Aufbauphase, während andere Stände noch gänzlich verwaist waren. Somit ist die Möglichkeit, sich vor Ort erste Neuheiten vorstellen oder sogar anspielen zu können, eher begrenzt gegeben. Die SPIEL geht eben doch erst so richtig mit dem ersten Besuchertag los. Viel mehr als einen allerersten Eindruck von der Messe zu bekommen und schon mal ein paar Vorbestellungen einzusammeln und ganz wenige Spiele wirklich spielen zu können, das solltet Ihr von diesem Fachbesucher-Pressetag nicht erwarten. Ihr habt also nicht wirklich was verpasst und würde ich nicht in 30 Minuten Entfernung zur SPIEL wohnen, würde ich mir den Mittwoch auch gänzlich schenken. Stattdessen einige alte und neuere Bekannte und Freunde getroffen, die ich sonst eher selten sehe - auch dafür kann die SPIEL gut sein. Um 15h am spielbox-Stand war bis auf FBI ansonsten keiner von Euch - schade eigentlich.
Auffällig ist mit Blick in Halle 3, dass die Messe geschrumpft scheint. Kosmos, Asmodee & Co nehmen dermassen viel Raum ein, weitaus mehr als letztes Jahr, dass dahinter wenig Platz für die diversen Kleinverlage bleibt. Dafür gibt es ja jetzt die erweiterte Galerie mit Halle 4. Allerdings bin ich mal gespannt, ob und wer den Weg dorthin finden wird, denn hinter der Galerie hätte ich nicht wirklich eine weitere Messehalle erwartet. Auch am Messemittwoch zeigte sich schon, wie leer es dort war im Vergleich. Wer also ein wenig entspannen will, sollte mal die Halle 4 aufsuchen.
redacted, Ludi Creations : Nur erklären lassen vom Standpersonal in Unterstützung des Autors. Der Kampf der Spione, ohne dass man anfangs weiss, wer zu welchem Team gehört und wer gegen einem spielt, verspricht ein interessantes Spiel. Allerdings sind die einzelnen Spielelemente eher gewöhnlich und klangen deshalb wenig spektakulär. Karten geheim ziehen lassen, Kartenstapel durchsuchen und Duelle nach Schnick-Schnack-Schnuck-Prinzip machen für sich alleine noch kein gutes Spiel. Erst im Zusammenspiel und in der nötigen Spielrunde, die diese Atmosphäre des Bluff- wie Table-Talks aufgreifen kann, könnte daraus was wirklich spannendes und atmosphärisches werden. Werde mein Kickstarter-Exemplar am Freitagabend abholen, denn das läuft nicht weg und Samstag/Sonntag bleibt Zeit für hoffentlich nicht nötige Reklamationen.
Progress, NSKN Legendary Games : Habe ich mir nur grob erklären lassen. Wer sich wundert, dass das Spiel auch solo spielbar ist, wird nicht mehr überrascht sein, dass dem Spiel jegliche direkte Mitspieler-Interaktion fehlt. In diesem Civi-Spiel hangeln wir uns anhand eines Technologie-Baumes entlang und jeder erfindet für sich seine Fortschritte, die dann diverse Verbesserungen bieten und teils Vorbedingungen für noch bessere Fortschritte sind. Einen Spielplan gibt es nicht, stattdessen zieht man Fortschrittskarten von gemeinsamen Kartenstapeln und Fortschritte der Mitspieler kann man auch nicht nutzen noch diese angreifen. Wer also ein pazifistisches Civi-Spiel sucht, könnte hier richtig liegen. Eine Erstpartie muss mir allerdings noch zeigen, ob diese Interaktions-Armut nicht doch eher eine Schwäche des Spiels statt dessen Stärke ist.
Talo, Drei Hasen in der Abendsonne : Angespielt und erklären lassen. Eigentlich ein Kinderspiel, um den Zahlenraum von 1 bis 10 zu erlernen, taugt meiner Meinung nach dieses Bauspiel auch für Erwachsene. Dabei sind die Regeln erfrischend gradlienig. Würfeln und Würfelwert auf maximal zwei Bausteine aufteilen, die in unterschiedlich langen Formen vorhanden sind von 1 bis 10. Diese dann anbauen und mit seiner eigenen Spielfigur so weit wie möglich oder erwünscht nach oben klettern. Interessant und neu ist, dass man auch Brücken bauen kann. Hat mir wirklich gut gefallen und hätte ich schon drei vergleichbare Bauspiele dieser Art, ich würde direkt zugreifen für 35 Euro.
Phil Eklund war mit seinen Greenland leider noch nicht vor Ort. Die limitierten Editionen von Mythotopia und Onward to Venus werden erst morgen früh erwartet, bisher waren nur - und das auch verspätet - die Normalversionen geliefert. Diverse Händler haben wieder etliche Schnäppchen, wie ein The Cave für 9 Euro. Dagegen scheinen einigen Neuheiten wie Black Fleet mit 44 Euro teuer. Ist die immer geringere Halbwertzeit der Neuheiten schuld, dass die gefühlt überteuer am Markt platziert werden, weil ein Grossteil davon schon ein Jahr später verramscht werden muss, um Platz zu schaffen?
Bin gespannt, was die kommenden vier Tage so bieten können. Selten habe ich eine Neuheiten-Liste wie dieses Jahr gesehen, bei der ich kaum scheinbar gute und nicht guten Spielen vorab aussortieren konnte. Anspielen und sich begeistern lassen, das ist deshalb meine 2014er-Devise. Als allerersten Trend meine ich die Sack-Spiele ausgemacht zu haben, wo man gemeinsam oder einzelnd für sich was im Stoffsäckchen sammelt, um dann das Glück entscheiden zu lassen, was und wann man diese wiedersieht. Ach ja, Zivilisationsspiele in diversen Ausprägungen sind genauso häufig vertreten wie letztes Jahr die Stadtbau-Spiele.
Cu / Ralf
PS: Splotter hat noch vier "The Great Zimbabwe" gefunden. Wer also eines haben will, sollte morgen früh schnell sein. Ansonsten hatten die massig Roads & Boats dabei ...