Sind Spieleautoren nicht eigentlich Künstler?

  • Hi,


    Ähm. Nein.


    Atti


    PS: Ein gewisser künstlerische Aspekt lässt sich nicht abstreiten.

  • Um die folgenden 5 Seiten Diskussion in einem Wort zusammenzufassen: Vielleicht. :)


    Nee, ersthaft: Über die Frage, was der Kunstbegriff heutzutage genau umfasst, sei es im juristischen oder im kunstgeschichtlichen Sinne, bzw. ob Autoren von Brettspielen objektiv als Künstler qualifizieren, darüber könnte man lange wissenschaftliche Abhandlungen schreiben. Irgendwer auf der Welt hat das wahrscheinlich sogar schon getan, das man müsste nur mal recherchieren. Ansonsten an alle nicht anwesenden Studierenden der Kunstgeschichte: Hier wäre ein unverbrauchtes Thema für Eure Masterarbeit.


    Darum ganz anders geantwortet: Mein erster spontaner Gedanke war "nein". Eher Handwerker. Reines Bauchgefühl.


    Falls Spieleautoren doch Künstler sein sollten, dann ist bisher leider keiner darunter, der mich mit seiner Kunst so begeistern konnte, wie es andere Leute mit ihren Büchern oder Bildern schon geschafft haben, nämlich durch das Offenbaren einer Erkenntnis, die den Blickwinkel auf unsere Welt verändert; oder einer universellen Wahrheit. Oder Schönheit... Das wäre ad hoc mein ganz persönlicher Maßstab für Kunst.


    Wie man die Sache betrachtet, hängt aber vielleicht auch damit zusammen, welche Art von Spielen man bevorzugt. Ich muss beispielsweise innerlich immer die Augen verdrehen, wenn ich im Zusammenhang mit Brettspielen höre, dass ein Spiel "wahre Schönheit entfalte", oder ähnliches. Finde ich einfach unpassend. Aber gerade Spieler, die "Genialität" oder "Brillianz" in Mechanismen entdecken können, scheinen da einen ganz anderen Blickwinkel auf Brettspiele zu haben, als einer wie ich, dem die zugrundeliegenden Mechanismen komplett schnuppe sind, solange sie das Thema tragen.

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • Persönlich sehe ich den Spieleautor mit seinem Regelwerk (das Kunstwerk) auch auf der Höhe eines Drehbuchautors und höher angesiedelt - je nach Innovationgrad des Spiels.
    Oder sind die Autoren doch nur Handwerker?


    Ein Künster macht Kunst.
    Kunst ist für mich aber nichts, das nur zu dem Zweck erzeugt wird, daß davon Tausende von Kopien industriell erzeugt werden, um sie gewinnmaximierend zu verkaufen.
    Daher sind Spiel-Autoren für mich keine Künstler, und auch nicht vergleichbar mir Drehbuch-Autoren (die ich übrigens auch nicht als Künstler ansehe).


    Generell finde ich, daß mit dem Begriff "Künstler" viel zu inflationär umgegangen wird.


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Ich darf den Titel Steinbildhauermeister verwenden. In der Ausbildung wurde mir eingebläut, dass ich mich als Handwerker einzuordnen habe. Der Steinbildhauermeister würde die erforderliche Kreativität nicht aufbringen, um sich als Künstler zu bezeichnen.


    Würdet ihr ständig neue "kreativitätsbefreite" Spiele kaufen?
    Mal von den Monopoly-Spieler abgesehen... 8)


    Liebe Grüße
    Nils (sollte mal eine Monopoly-Erweiterung testen, hatte aber kein Basisspiel zur Verfügung - fragt den Nachbarn - der hatte vier Stück) :D

  • Ich sehe Spieleautoren keinesfalls als Künstler.


    Kunst ist für mich:
    - ein Gemälde
    - eine Plastik, Statue o.ä.
    - ein klassisches Musikstück
    - ein Gedicht


    Keine Kunst ist für mich:
    - ein Roman
    - zeitgenössische Musik
    - ein Spiel


    Zum Wesen der Kunst gehört es meiner Ansicht nach, eben nicht jedermanns Liebling zu sein, nichts für den Massenmarkt, was produziert und vervielfältigt wird.

  • Kunst ist für mich aber nichts, das nur zu dem Zweck erzeugt wird, daß davon Tausende von Kopien industriell erzeugt werden, um sie gewinnmaximierend zu verkaufen.


    Ich frage ja auch nicht, ob das Brettspiel im Endergebnis ein Kunstwerk ist. Das würde ich eher den Original-Regelwerk zu ordnen. Welches Du gar nicht in die Hände erhältst. Die DVD ist da auch nicht als das Kunstwerk zu betrachten, sondern doch wohl eher die Filmmache.


    Irgendwie habe ich im Hinterkopf, dass ein Künstler bis zu 200 Kopien erstellen darf und sie alle als das Original bezeichnen kann und verticken darf.


    Liebe Grüße
    Nils


  • Kunst ist für mich:
    - ein Gedicht
    Keine Kunst ist für mich:
    - ein Roman


    Verstehe ich nicht.


    Zum Wesen der Kunst gehört es meiner Ansicht nach, eben nicht jedermanns Liebling zu sein, nichts für den Massenmarkt, was produziert und vervielfältigt wird.


    Du meinst, die in der Vergangenheit selektierten, herauskristallisierten Kunstwerke sind heute zu solchen geworden, weil sie zu seiner Entstehungszeit NICHT bei jedermann Gefallen finden konnte?


    Theater, Schauspielerei sind keine Kunstform?


    Liebe Grüße
    Nils

  • Irgendwie habe ich im Hinterkopf, dass ein Künstler bis zu 200 Kopien erstellen darf und sie alle als das Original bezeichnen kann und verticken darf.


    Wenn das jemand so definiert haben sollte, dann ist das halt so - aber nicht für mich.
    Man darf ja auch eine Suppe als Hühnersuppe bezeichnen, wenn überhaupt kein Hühnerfleisch drin ist - für mich ist's aber keine Hühnersuppe.


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • In der spilbox stelle Sebastian Wenzel im Juni eine ähnliche Frage: "Sind Spiele Kunst?"


    Meine Antwort darauf war (leicht bearbeitet):


    Nein.


    Kann Spiele entwickeln eine künstlerische Ausdrucksform sein?
    Ja, selten.


    Ist Spielen eine Kunstform?
    Nein.


    Sind Spieleautoren Künstler?
    Mitunter.


    Die Frage ist ja letztlich die nach der Tätigkeit, nicht des Produkts. "Sind CDs Kunst?" oder "Ist dieses Buch Kunst?" ergibt ja auch keinen Sinn. Musizieren oder Literatur zu verfassen kann allerdings Kunst sein. Muss es aber nicht. Dennoch ist Musizieren eine künstlerische Ausdrucksform des Menschen, da sie keinem weiteren Zweck dient, als dieselbe zu genießen. Wir reflektieren in einer künstlerischen Tätigkeit unsere Conditio Humana mit Mitteln, die uns Menschen eigen sind. Und
    zwar auf unsere eigene, persönliche Art und Weise.


    Malen, Skulpturen erstellen, "zweckfreie" Bauten bauen, tanzen (performativ - nicht als Gesellschaftstanz ...), Theater spielen/inszenieren, Filme machen, schreiben, sogar sprechen (Die "Kunst der Rede"), all dies kann (u.a.) eben künstlerischer Ausdruck sein - muss aber nicht.


    Spiele zu entwickeln als Tätigkeit ist kreativ und in hohem Maße komplex sowie einer letztlich "zweckfreien" Rezeption dienlich - nämlich dem Spiel. Das Spiel selbst entsteht aber erst mit den Spielern. Spieleautoren liefern nur Blaupausen für das eigentliche, nicht wiederholbare Erlebnis, für das die Spieler selbst verantwortlich sind. Spiele zu entwickeln ist insofern zentral anders als andere kulturelle Schöpfungstätigkeiten.


    Wenn man also die Tätikeit des Spieleentwickelns beschreibt als das hochkompetente Schaffen eines Konzeptes, das nach Realisierung und anschließend durch Interaktion zur geistigen, letztlich aber zweckfreien Beschäftigung dient, und man diese Beschreibung als auch für künstlerische Tätigkeiten umfassend akzeptiert, dann folgt die Gleichung Spieleautor = Künstler, aus der dann Spiele = Kunst folgen könnte.


    Wenn man alle Seitenargumentationen, die sich bei der "Kürzung" ergeben, willentlich außer Acht lässt.


    Ich habe in meinem bisherigen Leben Bilder gemalt, Prosa geschrieben, Filme gemacht, Drehbücher geschrieben, Theater gespielt, an Theatern Regie geführt und Spiele entwickelt. Als Spieleautor drücke ich mich sicher am wenigsten persönlich aus. Ich lasse meine Person einfließen, klar, aber dem Rezipienten geht es nicht um die Auseinandersetzung eines künstlerischen Statements whatsoever. Sondern er will spielen. Selber.


    Dieses Fehlen eines deutlichen persönlichen Ausdrucks des "Autors" ist der Unterschied - der für mich aber unabdingbar zu einer künstlerischen Tätigkeit dazugehört.


    Daher unterm Strich für mich: Nein. Aber Urheber im SInne des Urhebergesetzes. :thumbsup:


    Warbear: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" ist ein Aufsatz von Walter Benjamin aus dem Jahre 1935. Filmen, Theaterstücken, Druckgrafiken oder Romanen den Status als Kunstwerk per se abzusprechen, nur weil sie nicht als "solitär" vorhanden sind, und den Schöpfern den Status als Künstler, finde ich nicht wirklich haltbar.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Ein (vermeintlich anerkannter) Bildhauer arbeitet in Bronze


    Er modelliert die Vorlage in Ton. Die eigentliche kreative Leistung.
    Er macht seine Gussform und erstellt damit das eigentliche Kunstwerk.
    Er hat die Möglichkeit die Gussform zu zerschlagen, um ein Unikat zu erstellen.
    Macht er aber nicht - er gießt zwanzig Stück.


    Welches der zwanzig Stück ist nun das Kunstwerk?
    Welches wäre besser als die anderen 19?


    Liebe Grüße
    Nils

  • Ich glaube, das die Mehrheit mit dem Begriff Kunst/Künstler primär die "alten Meister" ihres jeweiligen Faches meint. Also Maler, Komponisten, Bildhauer, Schriftsteller/Dichter, etc... Also etwas, was in der Vergangenheit erschaffen wurde. Im Altertum galten die, aus heutiger Sicht Künstler, Erschaffer von Fresken, Skulpturen,Gebäuden, Gemälden als normale Handwerker. Zwar auf hohem Niveau, aber eben keine Künstler nach unserer Begriffsdefinition.
    Insofern sehe ich Spieleautoren nicht nicht als Künstler, ebensowenig mag sich mir auch nicht der Begriff des "Lebenskünstlers" als Kunstform erschließen...
    Wenn ich das auf den Bereich unserer geliebten Brett-/Kartenspiele runterbreche, sehe ich, wenn denn überhaupt, eher den Grafiker als Künstler im weiteren Sinne.
    Aber wer weiß, vielleicht sind sie ja in der Zukunft die neuen alten Meister ;)

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Hallo Daniel,


    Als Spieleautor drücke ich mich sicher am wenigsten persönlich aus. Ich lasse meine Person einfließen, klar, aber dem Rezipienten geht es nicht um die Auseinandersetzung eines künstlerischen Statements whatsoever. Sondern er will spielen. Selber.


    Uns Uwe machte auf der Spiel beim Interview mit Sebastian eine bemerkenswerte Aussage.
    Er würde an einem Mechanismus solange feilen, bis er die von ihn gewünschte Reaktion beim SPIELER erreicht.
    (Ich vermute auch mal, dass Uwe die umfassensten Testreihen organisiert.)


    Kann ja sein, dass andere es anders sehen. Aber ich empfinde beim Spielen schon eine Interaktion mit dem Autor - zumindest manchmal ... 8)


    Liebe Grüße
    Nils

  • Ein (vermeintlich anerkannter) Bildhauer arbeitet in Bronze


    Er modelliert die Vorlage in Ton. Die eigentliche kreative Leistung.
    Er macht seine Gussform und erstellt damit das eigentliche Kunstwerk.
    Er hat die Möglichkeit die Gussform zu zerschlagen, um ein Unikat zu erstellen.
    Macht er aber nicht - er gießt zwanzig Stück.


    Welches der zwanzig Stück ist nun das Kunstwerk?


    keins.


    Welches wäre besser als die anderen 19?


    keins.


    Gegenbeispiel:
    Ich leere meinen Müll vor meinem Haus aus auf einen Haufen (es gibt "Künstler", die machen das).
    Ist es ein Kunstwerk, wenn ich das mache?
    Ist es ein Kunstwerk, wenn ein Künstler das macht?
    Wer bestimmt das?


    Für mich ist zumindest moderne Kunst nicht objektiv definierbar, sondern wird subjektiv empfunden.
    Mir ist völlig egal, welcher der meist selbsternannten "Kunst-Kritiker" oder "Kunst-Experten" meint, allgemeingültige Aussagen treffen zu können.
    Ich schließe mich solchen Aussagen an, oder ich lehne sie ab, oder sie sind mir egal - ganz nach meinem subjektiven Empfinden.


    Jetzt darst Du mich gerne als "Kunst-Banausen" ansehen, damit hättest Du wahrscheinlich sogar teilweise recht ... :)


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.


  • Kann ja sein, dass andere es anders sehen. Aber ich empfinde beim Spielen schon eine Interaktion mit dem Autor - zumindest manchmal ... 8)


    Liebe Grüße
    Nils


    Hmmh, wenn Software auf meinem PC abstürzt empfinde ich auch schon mal eine Interaktion mit dem Entwickler ... :D und denke dabei an The Art of Computer Programming.
    In diesem Sinne sind Softwareentwickler dann sicher auch eine Art von Künstler, oder?

  • Fragen wir doch einmal einen spanischen Autor. Vor einigen Jahren war es so, dass spanische Fußballvereine einen Wettbewerbsvorteil dadurch erzielten, dass Spieler in Spanien als Künstler klassifiziert waren und deshalb einen deutlich reduzierten Einkommenssteuersatz zahlen mussten. Somit konnte man beim buhlen um die besten Beine leichter ein paar Scheine oben drauf legen.


    Ich weiß nicht, ob es den Künstlervorteil nicht mehr gibt oder Fußballer jetzt anders eingestuft werden, zumindest ist das jetzt wohl nicht mehr so...


  • Für mich ist zumindest moderne Kunst nicht objektiv definierbar, sondern wird subjektiv empfunden.


    Hm. Also, viele Bilder "alter Meister" entstanden in einer Werkstatt unter der Leitung des "Meisters" und einer Reihe von Gesellen. So gibt es einen Engelskopf von Leonardo da Vinci in einem Gemälde von Vasari. Bei vielen dieser alten Meistergemälde sind nur die Portraitgesichter, Hände und vielleicht ein paar besonders wichtige Details vom Cheffe, der Rest aber nicht. Wer ist jetzt der Künstler?
    Sämtliche Bronzeskulpturen von Rodin sollen dann auch keine Kunst sein?
    Und welche Felsgrottenmadonna von Leonardo da Vinci ist denn nun das Kunstwerk? Die im Louvre oder die in London?


    Du hast deine eigene Definition von Kunst und die ist als solche legitim, da Kunst als Gesamtbegriff viel zu allgemein ist, um im Einzelfall präzise angewendet zu werden. Außerdem ist es völlig irrelevant, ob etwas "Kunst" ist oder nicht. Letztlich entscheidet der Markt, das war vor zweitausend Jahren auch nicht anders. Als es noch gar keine "inviduellen Künstler" gab, sondern eben nur Handwerker. Dass ein Kunstwerk überhaupt etwas mit der Person des Künstlers zu tun haben sollte/könnte, ist eine Entwicklung des 19./20. Jahrhunderts. Der Begriff "Künstler" ist sowieso permanentem Wandel unterworfen, auch das macht die Frage im OP so nebulös.


    Dass ein jedes Kunstwerk ein konkretes Einzelstück sein muss, ist allerdings nur bei dir so. ;)

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Dass ein jedes Kunstwerk ein konkretes Einzelstück sein muss, ist allerdings nur bei dir so.


    Wo habe ich das denn gesagt?


    Meines Wissens habe ich nur das hier gesagt:


    Kunst ist für mich aber nichts, das nur zu dem Zweck erzeugt wird, daß davon Tausende von Kopien industriell erzeugt werden, um sie gewinnmaximierend zu verkaufen.


    ... und das ist doch wohl was völlig anderes, oder nicht?


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Warbear: Ich habe deine Antworten zum Beispiel des Bronze-Bildhauers so interpretiert, da du bereits bei einer einmaligen Gussserie von 20 Stück jedem einzelnen den Status des Kunstwerks aberkennst.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Warbear: Ich habe deine Antworten zum Beispiel des Bronze-Bildhauers so interpretiert, da du bereits bei einer einmaligen Gussserie von 20 Stück jedem einzelnen den Status des Kunstwerks aberkennst.


    Stimmt, da habe ich auch was dazu gesagt.
    Für mich ist es kein Kunstwerk, wenn die Guss-Serie von 20 Stück von vornherein und zur Gewinnerzielung gefertigt wird, selbst wenn diese Serie (vorerst) einmalig ist.


    Zugegebenermaßen gibt's natürlich auch (fließende) Grenzbereiche: Wenn beispielsweise nur eine 3er-Serie gefertigt wird, und wenn die Gussform anschließend zerrstört wird, sieht's sicherlich anders aus.
    Von "Einzelstücken" habe ich aber nie gesprochen.


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Wären Spiele Kunst und somit die Autoren Künstler, so wäre auch das Ergebnis ihrer Schöpfung schützenswert (Urheberrechtsdiskussion)...


    Hatten wir die nicht schon einmal?

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Das ist genau NICHT die Frage. Auch Sachbuchautoren oder Grafiker genießen Urheberrecht - ebenso wie Fotografen, ob "Künstler" oder nicht. Drehbuchautoren übrigens selbstverständlich auch. Selbst, wenn sie für eine Daily Soap schreiben und sich ihr Text von Außenstehenden nicht von denen anderer Autoren derselben Serie unterscheiden lässt.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Dieses Fehlen eines deutlichen persönlichen Ausdrucks des "Autors" ist der Unterschied - der für mich aber unabdingbar zu einer künstlerischen Tätigkeit dazugehört.


    Für mich ist das auch der entscheidende Punkt. Wir Juristen haben da ja auch mit zu kämpfen, wenn es um die Kunstfreiheit geht. Hier haben sich vor allem drei Begriffe herausgebildet, die alle buntgemischt angewendet werden:


    Zitat

    1. Der materielle Kunstbegriff, nach dem das "das Wesentliche der künstlerischen Entscheidung (...) die freie schöpferische Gestaltung" ist, "in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden" (BVerfGE 30, 173, 188).


    2. Der formale Kunstbegriff, nach dem Kunst vorliegt, wenn das Objekt einem bestimmten Werktyp (d.h. Gemälde, Skulptur, Gedicht, Film, Oper) zugeordnet werden kann (BVerfGE 67, 213, 225).


    3. der offene Kunstbegriff, nach dem das "kennzeichnende Merkmal einer künstlerischen Äußerung" darin liegt, "dass es wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehaltes möglich ist, der Darstellung im Wege der fortgesetzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutungen zu entnehmen, so dass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt" (BVerfGE 67, 213, 226).


    Beim formalen Kunstbegriff ("Ein Gedicht ist für mich Kunst." "Ein Gemälde ist Kunst.") geht man soweit, dass er sich immer dann erweitern lässt, wenn einne neue Kunstform anerkannt ist - so z.B. bei Performances oder Installationen etc.


    Juristisch geht man also regelmäßig noch weiter als ein Kunstgeschichtler gehen würde, da es hier weniger auf die Qualität des Werkes ankommt.


    Ein Brettspiel hat aber - wie Duchamp schon bemmerkt hat - regelmäßig keinen Platz, um Empfindungen des Autors auszudrücken; es soll auch nicht nach seiner Aussage gedeutet werden (sondern sein Mechanismus möglichst effektiv genutzt werden); zuletzt sind Brettspiele in der Kunstwelt eben jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine anerkannten Kunstwerke. Aus juristischer Sicht ist also die Frage nach Spielen als Kunst mit "Nein" zu beantworten (in aller Regel jedenfalls, Ausnahmen gibt es sicherlich).


    Die Antwort scheint mir auch richtig zu sein. Ein guter Autor steckt sicherlich viel Arbeit in die Mechanik und legt Augenmerk auf kleine Details. Insgesamt geht es aber vor allem darum, den Mechanismus zu verbessern - mithin also technische Fragen. Ich würde somit also nicht von "Künstlern" sprechen wollen, sondern von "Kreativschaffenden".


    Eine ganz andere Frage ist natürlich die nach einem urheberrechtlichen Schutz der Autoren. Hier bin ich der ganz entschiedenen Meinung, dass ein solcher auch auf das Spiel selbst und nicht nur die Regel und die Grafik fallen muss.Probleme von wegen Überschneidungen - Worker Placement, Deck Building... - kann man hier durch eine entsprechend restriktive Auslegung des Schutzbereichs erreichen. Aber das ist wie gesagt eine andere Frage... :)


    Edit: Da hab ich den letzten Absatz gerade geschrieben und schon wird's in der Zwischenzeit diskutiert :)

  • Ein Brettspiel hat aber - wie Duchamp schon bemmerkt hat - regelmäßig keinen Platz, um Empfindungen des Autors auszudrücken; es soll auch nicht nach seiner Aussage gedeutet werden (sondern sein Mechanismus möglichst effektiv genutzt werden);


    Danke für die sachlichen Auskünfte


    Aber...


    Du gehst davon aus, dass der Autor keine emotionale Reaktionen beim Spieler anstrebt.
    Warum setzt der Autor ihn aber dann Entscheidungsnöten aus? Straft den Spieler für Vorgehensweisen im Spielverlauf?


    Warum wird die emotionale Ebene beim Spielen so sehr ausgeblendet?
    Die doch in der Kunst gerade Ausschlag gebend ist.
    Die bei manchen DIE Motivation ist, sich an den Spieltischrand zu setzen....


    Liebe Grüße
    Nils


  • Du gehst davon aus, dass der Autor keine emotionale Reaktionen beim Spieler anstrebt.


    Das steht nirgends, dass er davon ausgeht. Bestimmte Emotionen sind beim Brettspiel normalerweise aber ausgeklammert, bzw. sehr schwer zu erreichen. Wirkliches Ergriffensein, Trauer, Kloß im Hals, Mitgefühl, Schrecken, aber auch Reflektieren über die Conditio Humana findet ausgesprochen selten statt. Klar, Lachen, gemeinsame Freude bei kooperativen Spielesiegen, etc. finden eher statt.
    Als eine ähnliche Frage mal bei BGG auftauchte, berichtete ein Spieler von einer Partie "Trenchfoot", einer Simulation des Grabenkrieges im 1. Weltkrieg. Jede Einheit ein Soldat, jeder Zug eine Sekunde, jedes Feld ein Yard. Er berichtete davon, wie die Grausamkeit des Krieges bei den Spielern echte Beklemmungen auslöste, als ein Mann nach dem anderen fiel. So etwas ist sehr selten und wird eher ausgeklammert.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • @widow_s_cruse : Ich glaube, da hast du mich falsch verstanden. Ich habe gesagt, mit dem Spiel werden keine Empfindungen des Autors ausgedrückt. Ob beim Spieler emotionale Reaktionen ausgelöst werden, habe ich mit keinem Wort (insbesondere nicht in dem von dir zitierten Abschnitt) gesagt ;)


    Aber wenn du es so ansprichst: Die Emotionen, die in einem durchschnittlichen Spiel erzeugt werden (Anspannung, Freude, Ärger) entstehen nur mittelbar durch den Mechanismus, direkt durch die Aktionen der anderen Spieler. Der Mechanismus muss hier vom Autor bestenfalls so gebastelt werden, dass möglichst viele Gelegenheiten bestehen, diese Emotionen zu erzeugen. Die Entscheidungsnöte, die du ansprichst, und die Bestrafung der Spieler bei Fehlern sind für mich an sich keine Emotionen. Außerdem dienen die wiederum vor allem dem Spiel selbst: Ohne Entscheidungsnöte wäre das Spiel extrem langweilig und nicht gut. Würde der Spieler für Fehler gar nicht bestraft werden, müsste er keine Konsequenzen fürchten und hätte keinen Grund zum Knobeln. Ich würde also behaupten wollen, ein guter Autor zielt darauf ab, das Spiel so zu konstruieren, dass sich möglichst viele Situationen ergeben, in denen der Spieler bestimmte Emotionen erleben kann - Anspannung, weil ein anderer Spieler im den Platz wegschnappen kann, Ärger, weil das eingetreten ist, Freude, weil es am Ende doch zum Sieg gereicht hat z.B.


    Für mich ist das alles eher der Konstruktion eines guten Rätsels gleich (ob das wiederum Kunst ist, muss man dann natürlich auch ansprechen... ;-)). Aber Emotionen des Autor (!) werden in aller Regel nicht durch das Spiel ausgedrückt. Und der bloße Ausdruck von Emotionen ist ja noch lange keine Kunst ("Ich bin traurig."). Da gehört noch viel mehr dazu. Man kann natürlich gerne sagen, dass das Designen von Brettspielen eine Kunst ist. Daraus würde ich aber trotz dieses Wortes nicht auf die Bezeichnung des Autors als Künstler schließen wollen.


    Edit: Ich schreibe einfach zu langsam :)

  • :)


    Das Regelwerk (der Mechanismus) soll die Empfindungen des Autors beim Spielentwickeln beim Spieler NICHT reproduzieren?


    Sicher gelingt es nicht bei jedem. Aber auch nicht jeder muss vor der Mona Lisa stehend vor Ergriffenheit weinen.


    Liebe Grüße
    Nils


  • Verstehe ich nicht.


    Verstehe ich nicht. Wenn musizieren und komponieren Kunst sein kann,
    dann kann es das doch in jedem Bereich der Musik und umgekehrt. Dasselbe
    gilt für Gedicht und Roman.


    Ok, war klar, dass an diesen beiden Stellen nachfragen kommen.
    Die Antwort ist natürlich höchst subjektiv und nicht fundiert belegt:
    Ein Gedicht wurde zu dem Zweck erschaffen, etwas auszudrücken, der Dichter versteht sich selbst als Künstler, der Kunst erschafft. Ein Roman dient meiner Ansicht nach zur Unterhaltung, zum Zeitvertrieb, häufig steckt kein tieferer Sinn da drin. Der Autor mag sich vielleicht auch als Künstler sehen, aber meiner Ansicht nach ist er das eher nicht. Zugegeben, die Grenzen sind fließend. Ich stimme in diesem Sinne Warbear zu:

    Zitat

    Kunst ist für mich aber nichts, das nur zu dem Zweck erzeugt wird, daß davon Tausende von Kopien industriell erzeugt werden, um sie gewinnmaximierend zu verkaufen.


    Bei der Musik sehe ich einen deutlichen Unterschied in der Komposition eines klassischen Musikstücks und eines modernen Popsongs. Letzterer ist einfach eine Ware, keine Kunst.
    Bestimmte Romane und einzelne Popsongs können vielleicht mal zu Kunst werden, aber dies entscheidet die nachfolgende Generation.



    In gewissern Weise sehe ich Kunst als etwas, was sich erst in der Beurteilung durch nachfolgende Generationen herausstellen kann. Kunst sollte etwas seltenes, herausragendes sein. Nicht jedes Gemälde ist automatisch Kunst. Erst wenn es sich in der Bewertung duch die Gesellschaft gegenüber anderen Gemälden als besonders "gut", "wertvoll" etc. durchgesetzt hat, würde ich es als Kunst bezeichnen. Daher sind Massenartikel wie Romane und Popsongs in meinen Augen zunächst einmal keine Kunst. Mit dieser Definition kann vielleicht auch ein Brettspiel irgendwann mal als Kunst betrachtet werden. Dann handelt es sich aber um einzelne Spiele und Autoren, nicht um die Gemeinschaft der Autorenschaft.


    Zitat

    Theater, Schauspielerei sind keine Kunstform?


    Daran dachte ich vorhin erstmal gar nicht. Den Schauspieler würde ich eher als Handwerker einstufen.
    Auf Autoren von Filmen und Theaterstücken trifft am ehesten das bei den Romanen und Musik geschriebene zu: wenn ein Film nach Hundert Jahren immer noch als Meisterwerk seiner Zeit betrachtet wird, dann würde ich ihn wohl Kunst nennen. Aber dazu gehört bestimmt nicht die 50. Comicheldenverfilmung von Marvel.

  • Gehen wir es noch mal anders an.


    Dir wird ein unbekanntes Spiel vorgelegt. Viele schöne Sachen sind in der Schachtel. Dich überkommt die schiere Lust, es auszuprobieren.
    Und dann Du stellst fest, dass eine Anleitung (?vom Autor?) fehlt.
    Das ganze schöne Material in Schachtel wird für Dich wertlos.


    Mit der Anleitung tritt stellvertretender Weise auf ein Mal der Autor durch die Tür in Dein Hinterstübchen, stellt sich an den Tisch und macht Dir begreiflich, was aus dem Material ein Spiel macht. Er inszeniert die Spielstunde für Dich. Lässt Dich an seinen gemachten Empfindungen teilhaben - daran, was für den Autor die persönlichen Spielfreuden in all seinen Fassetten bedeuten.


    Wenn Du nur Holz und bunte Pappdeckel vor Dir liegen siehst, die irgendwie funktionieren - dann ist Dir vielleicht etwas entgangen. ;)


    Liebe Grüße
    Nils

  • Mag sein, dass der eine oder andere Autor eine künstlerische Absicht beim Design verfolgt, nur ist dann eben die Frage, ob die Botschaft beim Empfänger ankommen kann, wenn das Medium nur eingeschränkt dafür geeignet ist, die Botschaft vom Sender zum Empfänger zu transportieren. Mit etwas gutem Willen könnte man vielleicht behaupten, das Mangelgefühl bei Agricola liege in der Absicht Rosenbergs, um dem Spieler den harten Kampf ums Überleben im Mitteleuropa des 17. Jahrhunderts mental nahe zu bringen, oder irgendwas in der Art, aber das wäre für mein Empfinden schon weit hergeholt, und wirklich eindringlich bringt Rosenberg das Gefühl auch nicht rüber. Ich kann mich ebenfalls an die entsprechende Aussage Rosenbergs in einem interview erinnern und fand die damals schon ein bisschen substanzlos.


    Ich möchte allerdings den Vergleich mit der Musik nochmal aufgreifen:

    Spiele zu entwickeln als Tätigkeit ist kreativ und in hohem Maße komplex sowie einer letztlich "zweckfreien" Rezeption dienlich - nämlich dem Spiel. Das Spiel selbst entsteht aber erst mit den Spielern. Spieleautoren liefern nur Blaupausen für das eigentliche, nicht wiederholbare Erlebnis, für das die Spieler selbst verantwortlich sind. Spiele zu entwickeln ist insofern zentral anders als andere kulturelle Schöpfungstätigkeiten.


    Das klingt zunächst mal einleutend, aber bei genauerem Nachdenken sehe ich da Widersprüche: Wenn man das so betrachtet, dann müsste man nämlich folgerichtig argumentieren, dass notierte Musikstücke wie ein Streichquartett (oder von mir aus auch ein Jazzstandard, der den Spielenden nur ein Thema und Akkordabfolgen vorgibt) ebenso nur Blaupausen seien, da die Musik und somit der künstlerische Ausdruck ja erst durch die Musiker entstehen. Dem würde ich übrigens auch zustimmen -- nur käme deswegen jetzt niemand auf die Idee, einem Komponisten abzusprechen, dass er ein Künstler sei.
    Oder aber ein Streichquartett wäre das Äquivalent zu einem vollkommen deterministischen Spiel ohne Entscheidungsfreiheit des Spielers und somit doch direkter Ausdruck des Schöpfers, während der Jazzstandard durch die Freiheiten, die er den Interpreten lässt, eher dem üblichen Brettspiel entspräche und somit folgerichtig kein künstlerisches Werk an sich wäre. Herbie Hancock wäre dann als Komponist kein Künstler und sein "Watermelon Man" kein Kunstwerk, außer er notiert es haargenau mit jeder einzelnen Note, die er selber spielen würde. Oder er spielt es selber, und dann wäre er nur als Musiker ein Künstler, nicht aber als Komponist... Eieiei, kompliziert. :)


    Außerdem bin ich, obwohl ingesamt durchaus überzeugt, mit folgender Aussage nicht ganz d'accord: ;)

    Die Emotionen, die in einem durchschnittlichen Spiel erzeugt werden (Anspannung, Freude, Ärger) entstehen nur mittelbar durch den Mechanismus, direkt durch die Aktionen der anderen Spieler.


    Das wäre der Idealfall eines jeden Spiels mit Metaebene. Mir fallen aber sofort einige Beispiele dafür ein, wie Mechanismen ganz unmittelbar ohne Zutun der Mitspieler emotionale Reaktionen hervorrufen (sprich: der Autor wirkt unmittelbar auf den Spielenden ein): Du hast 15 Karten bei Siedler auf der Hand und würfelst eine 7 --> Frust. Üble Kartenhand mit viel "Pest-oder-Cholera" bei Twilight Struggle --> Beklemmung. Ich würde von daher einem Spieleautoren nicht absprechen, direkt auf den Spielenden in dem Sinne künsterlisch "wirken" zu können, aber insgesamt halte ich, wie gesagt, ein Brettspiel für sehr limitiert, was die Abbildung künstlerischer Absichten betrifft.

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • Bei vielen Kunstwerken braucht es mehrere Künstler. Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann und Schauspieler sind in ihren Künsten jeweils beteiligt, ebenso wie der Komponist und der ausführende Musiker (ob er jetzt darüber improvisiert oder das Stück "nur" interpretiert - auch Karajan war ein Künstler). Das Schöne an der Kunst ist ihre Viefalt. :)

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Ich habe jetzt zum ersten Mal den Originalartikel gelesen und muss sagen, dass die Argumentation doch außerordentlich dünn ist da :)


    Zitat

    Spielen erzeugt Emotionen! Und damit ist es doch Kunst!?!

    Das ist eine ziemlich interessante Kunstdefinition. Wenn ich Menschen beschimpfe erzeugt das auch Emotionen. Ist aber eher selten Kunst. Oder ein Boxkampf oder ein spannendes Tischtennismatch; da kommen doch auch Emotionen hoch. Trotzdem sicherlich keine Kunst. Außerdem ergibt sich diese Definition keinesfalls aus der zitierten online-Definition (unabhängig davon, ob diese nun der Weisheit letzter Schluss ist).


    Zitat

    Denn Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung und Intuition gegründet ist.


    Gut, dann stellen wir gleich mal die Frage, ob demnach nicht auch Chemiker, Ärzte, Juristen, Lehrer oder Psychologen Künstler sind. Würde ja nach dieser Definition passen.


    Zitat

    Vielleicht ist der Rechtsprechung deswegen gar nicht bewusst, wie kulturell wertvoll unsere Gesellschaftsspiele sind oder sein könnten, wenn, ja wenn?

    Der Satz ergibt natürlich zunächst mal - mit Blick auf das "wenn" keinen Sinn. Ignoriert man das Ende, dann zeigt sich mal wieder, dass hier der Unterschied zwischen Kultur, Kunst und Urheberrecht nicht bekannt ist oder schlicht ignoriert wird.


    Zitat

    Na bitte! Der Autor von Spielen entwickelt kein Spiel sondern ein Kunstwerk.

    So geht's auch: Kunst extrem weitläufig definieren, so dass quasi alles darunter fällt und dann - zack - den gewünschten Schluss ziehen.


    Zitat

    Kleiner Nebeneffekt: Die Kunstfreiheit ist geschützt in Art. 5, Absatz 3 des Grundgesetztes.

    Und? Was kann sich der Spieler davon kaufen. Das Beispiel des Art. 5 Abs. 3 GG zeigt doch viel mehr, warum das Erschaffen von Spielen maximal sehr selten Kunst ist. Die Kunstfreiheit ist gerade deswegen im GG, um zu verhindern, dass noch einmal so etwas wie die Ausstellung "Entartete Kunst" entsteht. Der Staat soll nicht lenkend und wertend in die oft provozierende Materie der Kunst eingreifen. Brettspielen fehlt in aller Regel jedweder Kommentar, so dass faktisch schon gar keine Notwendigkeit des Schutzes nach Art. 5 Abs. 3 GG besteht. Unter diesem Aspekt könnte man genauso gut Bäcker als Künstler bezeichnen.


    Zitat

    Und da sind wir wieder bei der vom Reich der Spiele geforderten Popkultur in der Spielezene, zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Spaß und intensiven Erlebnissen.

    Was nur überhaupt nichts mit Kunst zu tun hat. Zur Popkultur kann ohne Probleme auch etwas gehören, was keine Kunst ist. Das sieht man ja schon an bestimmten Produkten, die zur Popkultur gehören, aber Kunst maximal dann sind, wenn Herr Warhol sie verarbeitet hat.


    Zitat

    So einfach ist die Welt.

    Nur wenn man sie sich so einfach machen will. Sonst eher nicht. S.o. :P


    Hach, sowas bringt einfach Spaß. Fühlt sich schon fast an wie Ancient Aliens schauen: "Könnte es sein, das Spiele Kunst sind und wenn ja, warum wird versucht, diese Tatsache zu vertuschen. Vielleicht finden wir ja Beweise in den alten Inka-Ruinen...". SCNR :D

  • "Sind Spieleautoren nicht eigentlich Künstler?"
    (Seltsam formulierte Frage. Was ist denn "nicht eigentlich" ?)
    Aber anders:


    Ein Künstler ist ein Mensch, der Kunst macht.
    Die nächste Frage sollte dann lauten: Ist ein Spiel Kunst?


    Kulturell-historisch gesehen kommt Spiel vor der Kunst. D.h., Kunst entsteht aus Spiel.
    Oder: Ohne Spiel, keine Kunst!
    Kunst ist genealogisch ein Nachfolger von Spiel.
    Demnach gilt auch: Nicht jedes Spiel ist Kunst.


    Gilt dann auch: Nicht jeder Spieleautor ist Künstler?
    Ja - und zwar dann nicht, wenn das geschaffene Werk nicht künstlerisch ist.


    Künstlerisch ist ein Werk (für mich), wenn es genug Schöpfungshöhe zu vergleichbaren Werken erreicht hat.
    Dann sind Spieleautoren durchaus Künstler. Manchmal sind sie auch Genies!


    Juristisch gesehen ist mir das inzwischen egal. Für die Künstlersozialkasse (gewiss ein anderes Thema), in der einige Autoren als "Künstler" versichert sind, sicherlich nicht. Und letztlich für die Verlage, die die KSK dann mitfinanzieren müssen, auch nicht. Ich denke, hier ist einer der tieferen Gründe für die zuletzt aufgekommene seltsame Diskussion zu sehen, den Spielautoren die Urheberschaft für ihre Werke abzuerkennen. Wenn juristisch gesehen Spieleautoren keine Künstler sind, können diese die KSK nicht mehr beanspruchen und die Verlage wären von ihrer Finanzierungspflicht befreit. Ein deutsches Phänomen.


    Noch ein paar Sätze zum Endprodukt Brettspiel oder Kartenspiel.
    Das Endprodukt ist, wenn es geglückt ist, ein Gesamtkunstwerk. Zumeist haben viele daran mitgewirkt.
    Das Design ist dem Spielsystem untergeordnet. Das Design muß funktionell sein, mehr nicht.
    Die eigentliche Kunst am Endprodukt ist und bleibt das Spielsystem. Ein gutes Spiel entfaltet seine volle Wirkung auch mit "schlechtem" Design.

  • ....
    Kulturell-historisch gesehen kommt Spiel vor der Kunst. D.h., Kunst entsteht aus Spiel.
    Oder: Ohne Spiel, keine Kunst!
    Kunst ist genealogisch ein Nachfolger von Spiel.
    Demnach gilt auch: Nicht jedes Spiel ist Kunst.


    Ist das so? Dann müssten unsere in Höhlen lebenden Vorfahren zuerst Spiele entwickelt haben, bevor sie mit der künstlerischen Gestaltung begannen. Da habe ich noch nichts von gehört - finde ich wirklich anthropologisch spannend.


    In Analogie zu "Kunst kommt von Können, nicht von Wollen. Sonst hieß es Wulst." wären vielleicht die Autoren Spünstler/innen anstelle von Künstler/innen.


    Aber wofür ist das wichtig? Für die Künsterlsozialkasse, gelangweilte preußische Juristen, die alles einem Paragraphen zuordnen wollen, oder geringere MwSt???

  • @Sir Pech


    Höhlen und Spiele? Das war in der Tat so. Die "Wandmalereien" dienten u.a. tatsächlich zum üben von Speerwürfen. Das kann man als eine Form von spielen sehen. Zum anderen wurde wohl mit bestimmten Lichteinflüssen (Fackeln) "steinzeitliches" Kino erzeugt.
    (Inwiefern dazu noch steinzeitliche Rauschmittel vonnöten war, ist der Fantasie überlassen. ;) )
    Daher kann ich Moria zwar recht geben, klärt aber noch nicht ausreichend ob Spielautoren Künstler sind. Das sehe ich so wie die Frage, ob das Ei schon ein Hühnchen ist oder nicht? Wenn ja, ab wann?


    Die Fragestellung hat gestern Nachmittag für tolle Gesprächsrunden gesorgt. Ich finde, man kann dies nur subjekt beantworten und zwar wie man auf der einen Seite persönlich und auf der anderen Seite gesellschaftlich kulturell Ästhetik definiert. Sicherlich spielt der Faktor Zeit eine ganz große Rolle. Schöne Beispiele sind Filmkunst, das Comic (Frankreich/Deutschland), Fotografie oder das Kunstverständnis vor der Renaissance im Vergleich zu heute, also ab der Aufklärung, aber auch das Kunstverständis West/Fernost. daher kann es gut sein, dass Miniaturen, meinetwegen von Games Workshop, in 200 Jahren als Kunst angesehen werden.

  • Zitat

    Frank Riemenschneider schreibt in dem eingangs verlinkten Artikel:
    (…) Gesellschaftsspiele und Spieler sind in der Einheit Kunst. Denn Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung und Intuition gegründet ist. Und weiter: Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden Künstler genannt.


    Einverstanden. Und dazu fällt mir als Beispiel spontan „Barbarossa und die Rätselmeister“ ein: ein gemeinsamer Geniestreich von Klaus Teuber und den Spielern des Spiels.


    Die Spieler werden dort nämlich ihrerseits zu Künstlern, deren Kunst darin besteht, einmalige Kunstwerke aus Knete zu erschaffen. Und das Geniale ist für mich daran, wie die Kreation des Spieleautors – seine Spielidee und die Ausgestaltung des Regelwerks – die Spieler zur Entfaltung ihrer Kreativität und Kunstfertigkeit anregt. Dieses Barbarossa lässt „prozesshaft“ (s. Artikel) immer wieder neue Kunstwerke entstehen – und vergehen. Die Knete im Spiel ist zwar ein massenhaft vorproduziertes Produkt, dafür aber eine Matrix, aus der die Spieler Objekte erschaffen, die wiederum subjektiv enträtselt werden und Emotionen auslösen (können). Klaus Teuber ist damit für mich – nicht nur bei diesem Spiel – einer der größten Spieleautorenkünstler (es gibt bestimmt noch andere, Alex Randolph zum Beispiel). Bei anderen Spielen mag er vielleicht eher der Handwerker * sein, als den ich die kreativschaffenden Spieleautoren überwiegend sonst bezeichnen würde. Denn: geniale Einfälle, die zu genialen Spielen, die zu genialen Spielerlebnissen führen, sind sicherlich (oder forenpolitisch korrekter: m. E.) Ausnahmeerscheinungen.


    * Handwerker deshalb, weil im Zusammenhang mit der Entwicklung von Gesellschaftsspielen vom Regelwerk gesprochen wird, und das fertige Spiel mit allen seinen Komponenten ebenso als Werk bezeichnet werden kann. Bei hochwertig hergestellten Spielen kann auch von Kunsthandwerk gesprochen werden, wenn das Spiel durch die Art der Herstellung einen sicht- und fühlbaren Wert bekommt, oder sogar einzigartig ist. Und indem unterschiedliche handwerkliche Arbeiten und künstlerische Fähigkeiten miteinander vereint werden (Stichwort: Manufaktur).

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  • Da neuerdings die KSK (Künstlersozialkasse) der Auffassung ist, für die Arbeit von Spieleautoren Geld kassieren zu dürfen (quasi wie eine Rentenversicherung), sind Spieleautoren zumindest nach dieser Auffassung Künstler. Wobei hier aber das letzte Wort juristisch wohl noch nicht gesprochen ist ...


    Das gilt übrigens auch für Übersetzer: Auch für deren Arbeiten möchte die KSK kassieren. Also sind wohl auch Übersetzer aus deren Sicht Künstler.