19. - 25.11.2012

  • Fremde Federn zu dritt:


    Kann ein Spiel, welches sich bewusst nahezu ausschließlich der Mechanismen anderer Spiele bedient überhaupt Spaß machen?


    Hier mal ein kurzer Einblick aus unserer Spielrunde:


    Neben den Siegpunkten, welche durch das Setzen der eigenen Wahlhelfer auf dem Spielplan erwirtschaftet werden können, besteht die einzige alternative Siegpunktquelle aus den entsprechenden Karten, welche natürlich zunächst einmal gekauft werden müssen.
    Das Problem dabei: Die Siegpunktkarten sind teuer, man braucht also erst mal das passende Geld auf der Hand. Darüber hinaus sind diese Karten auch noch relativ selten. Nicht zu unterschätzen ist folglich der Startspielervorteil – denn wer zuerst Spielt, kauf zuerst :) Nur wie wird man Startspieler? Durch das gezielte Blockieren eigener, hochwertiger Karten. Ein kleiner Teufelskreis.


    Natürlich lässt sich das Deck durch den gezielten Abwurf schwacher Karten entsprechend eindampfen, womit sich die Wahrscheinlichkeit wirklich wichtige Karten nachzuziehen drastisch erhöht. Einen großen Teil des Spiels verbringt man in der Folge damit, sein Deck entsprechend zu optimieren. Bis es aber soweit ist, macht einem das Nachziehglück mitunter gerne mal einen Strich durch die Rechnung und man versucht aus der aktuellen Kartenhand noch das jeweilige Optimum rauszuholen.


    In unserer Partie hat einer meiner Mitspieler grundsätzlich immer im passenden Moment seine hochwertigeren Geldkarten parat gehabt um einen Großteil der Siegpunktkarten abzustauben. Ich selbst konnte bis zum Schluss zwar über meine Unmengen an Wahlhelfern durch die über das Spielfeld eingesackten Punkte recht gut dagegen halten. Aber in der letzten Spielrunde konnten wir den Overkill durch eine verdoppelte 10 Punkte- und einer verdoppelten 6 Punktekarte nicht mehr abwenden. Endstand: 126 zu 106 zu 105 Punkte.


    Um meine eingangs gestellte Frage nochmal aufzugreifen:


    Kann ein Spiel, welches sich bewusst nahezu ausschließlich der Mechanismen anderer Spiele bedient überhaupt Spaß machen?


    Ja kann es und tut es auch. Neben den Stärken der „geliehenen“ Mechanismen erbt der neue Friese jedoch leider auch die Schwächen der Ursprungsspiele und baut diese durch die Kombination der Spielelemente und die (gerade durch das Kartenziehen) nicht unbeachtlichen Glücksmomente noch aus. Fremde Federn bedient sich zwar der Mechanismen einiger Topspiele, wird dadurch aber selbst nicht automatisch ebenfalls zu einem Ausnahmespiel, da waren wir uns alle 3 einig ( sofern wir das nach einer einzigen Partie beurteilen können). Dennoch fühlte ich mich über die ganze Spielzeit hinweg durchaus gut unterhalten und bin auch einer weiteren Spielrunde absolut nicht abgeneigt, für meine eigene Sammlung kaufen werde ich das Spiel hingegen (Stand heute) nicht.

  • In hoch-entspannter Solo-Runde am Sonntagabend:


    Robinson Crusoe (dt.) : Lasst mich Euch meine Geschichte erzählen, bevor mich diese Schneewolken die letzten Lebenskräfte kosten. Inzwischen ist es Herbst und das Wetter ist zusehenst schlechter geworden. Dabei sah im Sommer, als ich auf dieser einsamen Insel strandete, noch alles ganz gut aus. Ein Eingeborener, den ich Freitag nannte, war zusammen mit seinem Hund an meiner Seite. Einsam war es also doch nicht wirklich.


    Armer Freitag, wo ich mich gerade an ihn erinnerte. Er war mir eine tolle Hilfe dabei, die Insel zu erkunden. Aber ich hätte ihn nicht alleine losschicken sollen und ich hätte auch nicht seine ersten Verletzungen so egoistisch ignorieren sollen. Was musste auch dieser Baum in uner Camp fallen und mich ebenso verletzen. So habe ich die Spezialsupper meiner Oma selbst ausgelöftet und fühlte mich wieder stärker. Als Koch kann man eben sowas. Für Freitag blieb da leider nichts mehr übrig.


    Als ich Freitag dann wieder losschickte von unserem Camp aus, wusste ich noch nicht, dass ich ihn das letzte Mal sehen würde. Er kam nicht wieder. Die Abenteuer waren wohl zu viel für sein schwaches Herz. So war ich dann alleine mit seinem Hund und die Zeiten wurden härter. Hatte ich doch unterschätzt, was für eine Hilfe mir Freitag war.


    Dann fing der Regen an, erst kalter Regen, dann nochmals Regen und später kam die Winterdepression. Alles nicht sehr schön. Dabei wollte ich doch vor dem Winter so einen riesigen Holzstapel aufgeschichtet und entzündet haben. Ganz schöne Arbeit, so alleine ohne Freitag. Sein Hund war mir da nicht wirklich eine Hilfe, weil zur Jagd mitnehmen, dafür fehlten mir die Waffen und für die Waffen fehlte mir die Zeit.


    Hoffnung keimte dann ein wenig auf, als ich ein Ballon am Himmel entdeckte. Aber nicht lange. Der Ballon stürzte ab und das war nicht gut für meine Moral. Auf der Suche nach den Überresten fand ich aber wenigstens noch das Amulett mit dem Portrait einer hübschen Dame. Das munterte mich auf, aber über diese Suche hatte ich ganz vergessen, meinen Unterschlupf zu bauen. Wäre Freitag doch da, der hätte mir helfen können. Blöder, toter Freitag!


    Von dem Tiger, den ich auf meinen Erkundungen rund ums Camp entdeckt und vor dem ich mich feige versteckt habe und von der anschliessenden Nacht draussen in der Wildnis, da will ich erst gar nicht anfangen. Später hatte ich mich auch noch mal verirrt, das war dann die zweite bitterkalte Nacht fernab meines Camps. Da war meine Gesundheit schon angeschlagen. Als dann der Herbst mit seinem Wetter kam, musste ich schliesslich einsehen, dass meine letzten Stunden geschlagen haben. Es war der achte Monat auf dieser verdammten Insel, der Holzstapel war gerade mal zur Hälfte fertig und Feuer konnte ich endlich auch machen. Aber als dann die Raubtiere mir alle Nahrung weggefressen hatten, da war klar, dies sind meine letzten Zeilen.


    Soweit die Geschichte, die das kooperative Brettspiel Robinson Crusoe von Portal Publishing erzählt. Und das macht es wirklich gut. Hat man erstmal alle Regeldetails verstanden, spielt es sich vom Ablauf extrem eingängig und flüssig, so dass sich die Story voll entfalten kann. Die wird durch diverse Karten erzählt, durch Ereignisse, die anschliessende neue Aufgaben stellen und Vorteile bringen, aber eben auch Nachteile, wenn man die zu lange ignoriert. Zudem kann man beim Bauen oder Umsetzen von Erfindungen, Einsammeln von Nahrung und Holz oder auch beim Erforschen der Insel allerlei erleben, was thematisch zu den einzelnen Aktionen passt und oft auch darauf aufbauende Aktionen in der Zukunft auslösen können. Das erzeugt Atmosphäre.


    Vom spielerischen Ansatz hat man pro Mitspieler zwei Aktionssteine, die man auf Aktionsfelder verteilt. Freitag und sein Hund helfen dabei, sind aber eingeschränkter als Mitspieler. Dafür skaliert das Spiel gut, wie viele Ressourcen man für den Bau der Erfindungen braucht. Zufall gibt es auch, aber den kann man gut kalkulieren und selbst entscheiden, wie viel Wagnis man eingehen will. Der Technologie-Baum mit seinen festen Grund-Erfindungen und zufällig gewählten weiteren Erfindungen, erzeugt Abwechslung und stellt zugleich Herausforderungen, weil man am liebsten alle Vorteile davon nutzen will.


    Da dutzende Sachen zeitgleich und sofort erledigt werden wollen, muss man Prioritäten setzen und das fällt nicht ganz einfach. Weil nebenbei soll man noch überleben und das Spielziel des Szenarios soll bei all der Story-Elementen auch nicht aus den Augen verloren werden. Das passiert aber viel zu leicht, da so viel nebenbei noch passiert und zur Atmosphäre beiträgt. So ist das Wetter anfangs (im Szenario 1) kaum der Rede wert, wird aber schnell zum grössten Feind, wenn man nicht zeitig Unterschlupf baut oder findet und sein Dach ausreichend gegen Regen und Schnee abgesichert hat.


    Das Spiel will allerdings erlebt werden. Das könnte der Knackpunkt sein. Zwar macht es das Spiel einem einfach, sich in die Story hineinsaugen zu lassen, weil eben alles thematisch passt und begründet ist und auf seine Art auch realistisch scheint. Aber wer die ganzen Story-Texte ignoriert und die reinen Mechaniken sieht, die es zu optimieren gilt, nimmt sich viel vom eigentlichen Spiel. Zu viel?


    Zum Glück gibt es massig viele Karten, wovon nur ein kleiner Bruchteil pro Partie ins Spiel kommen und durch die sechs verschiedenen Szenarien bleibt zusätzlich die Langzeitmotivation erhalten. Immer wiederkehrende Texte wird man in einer Partie sowieso nicht erleben (HdR Abenteuerspiel von Kosmos fand ich da grausam langweilig im Gegensatz mit seinen Textwiederholungen) und die erzählerische Vielfalt von Robinson Crusoe macht es besonders und hebt es von anderen kooperativen Spielen ab.


    Ein paar Worte zur Produktqualität: Fernab des durchwachsenen Regelheftes, das teilweise arg umständlich erklärt, manche Details weglässt und kaum geeignet ist, um beim Nachschlagen was wiederzufinden und ein paar krumme Formulierungen auf wenigen der sehr vielen Karten, ist das Spiel ausreichend gut produziert. Zwar wäre es besser, wenn man einige Counter eben nicht per Skalpell hätte nachbearbeiten müssen, weil überstehende Papierfetzen daran hingen. Ebenso wäre eine Kurzübersicht direkt von den Autoren toll gewesen. So muss BGG aus Fanhand da nachhelfen und das sogar wirklich gut. Aber das Spiel an sich und das Spielgefühl während einer Partie stimmt mich da ungewohnt milde.


    Bis zu einer eventuell verbesserten deutschen- oder englischen Ausgabe irgendwann ab März 2013 wollte ich da nicht warten und hoffe auf viele spannende Partien bis dahin. Die rund 38 Euro haben sich mehr als gelohnt. Für mich neben Terra Mystica, Polis und Spellbound ein weiteres Highlight von Essen 2012. Wer ebenfalls jetzt die Abenteuer von Robinson Crusoe erleben will, kann bedenkenlos bei der deutschen Portal Publishing Version zugreifen. Dann allerdings die Walkthrough-Videos auf BGG anschauen, in der FAQ blättern und die Ablaufhilfe auf BGG herunterladen, um die krumme deutsche Anleitung vergessen zu machen. Einmal verstanden, braucht man die Anleitung eh nicht mehr und dann bleibt ein faszinierenden Spiel übrig.


    Cu / Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Meine Frau und ich haben diese und letzte Woche unzählige Partien Agricola - Die Bauern und das liebe Vieh gespielt,
    allerdings nur noch mit der neuen Erweiterung Mehr Ställe für das liebe Vieh. Während das 2er Spiel uns schon gut gefallen hat
    als Abwechslung zum großen Agricola, wurde es dann recht schnell langweilig, weil die Abwechslung einfach nicht gegeben war.
    Die kleine neue Erweiterung wertet das Spiel aber richtig auf. 5 Ställe und 5 Hoferweiterungen und dazu 8 Sondergebäude (die 4 aus dem Grundspiel
    und 4 zufällig aus der Erweiterung), erlauben doch einiges mehr an Variabilität, so dass es momentan wieder hoch im Kurs steht.


    Am Wochenende zum kleinen Spieleabend haben wir zu viert unsere erste Partie Steam erlebt, Ruhrgebietsseite und Grundregeln.
    Schon seit knapp einem Jahr schlummerte das Spiel im Schrank vor sich hin, nun war es soweit. :D
    Die angegebenen 90min konnten wir nicht einhalten, es wurden eher 150. Aber für die erste Partie nicht überraschend. Gefallen hat
    das Spiel durchweg allen, auch den weiblichen Teilnehmerinnen, und eine Folgepartie wird nun sicher nicht allzu lange auf sich warten lassen.
    Nach einigem Lesen hier im Forum denke ich, dass auch Steam und nicht AoS die richtige Wahl für die Spielegruppe war...

  • Zitat

    Original von Marcel P.


    Am Wochenende zum kleinen Spieleabend haben wir zu viert unsere erste Partie Steam erlebt, Ruhrgebietsseite und Grundregeln.
    Schon seit knapp einem Jahr schlummerte das Spiel im Schrank vor sich hin, nun war es soweit. :D
    Die angegebenen 90min konnten wir nicht einhalten, es wurden eher 150. Aber für die erste Partie nicht überraschend. Gefallen hat
    das Spiel durchweg allen, auch den weiblichen Teilnehmerinnen, und eine Folgepartie wird nun sicher nicht allzu lange auf sich warten lassen.
    Nach einigem Lesen hier im Forum denke ich, dass auch Steam und nicht AoS die richtige Wahl für die Spielegruppe war...



    Steam ist eines meiner meistgespielten Spiele, auch wenn es immer wieder als die Softie-Version von AoS bezeichnet wird. Wer gerne konstruktiv spielt, in diesem Fall also Schienenstrecken bauen und Waren transportieren möchte, ist mit Steam auf jeden Fall sehr gut bedient. Man kann zwar durchaus auch dem Mitspieler die Suppe versalzen, aber man spielt nicht permanent gegen das Spiel und auch auf die bei AoS wichtigen Auktionen kann ich eher verzichten.


    Ich wünsche dir also weiterhin viel Spaß mit Steam und empfehle dir das Spiel auch für 2 Personen. Print'n Play Karten gibt es auf BGG genug, die Downtime ist minimal und so ein "Duell" macht einfach Spaß.

  • Gestern zu zweit:


    - Der Hobbit:
    Zweimal haben wir es versucht! Im ersten Spiel haben wir durch den Orkstein verloren. In der zweiten Partie hat Bilbo den Ring gefunden und haben es auch noch geschafft, jeder einen von seinen Zwergen in das Ziel zu bringen. Nettes Spiel, was auf der Stuttgarter Spielemesse häufig gespielt wurde.
    - Gingkopolis:
    Unsere erste Partie zu zweit! hat sich dann auch etwas in die Länge gezogen. Aber wenn man mal kapiert hat wie der Hase läuft, dann flutscht es schon besser. Das Spiel ist interessant und hat noch Luft nach oben. Eine zweite Partie wird demnächst folgen.


    - Moeraki-Kemu:
    Ein super Spiel für zwei Personen. Nicht nur die Optik weiß zu überzeugen. Wird gerade bei uns rauf und runter gespielt. Den Kauf bereue ich auf keinen Fall. Auch wenn es nicht ganz so günstig wahr! :)

  • ravn: besser hätte man das Spiel eigentlich nicht vorstellen bzw. erklären können. Wir hatten es bisher nur zu zweit gespielt, hier ohne Hund. Da kommt natürlich noch das Gefühl gemeinsamen Freuds und Leids dazu, echt klasse. Was ich mir evtl. vorstellen könnte, ist, dass es allein schwieriger sein könnte, da der Hund den zweiten vollständigen Charakter eigentlich nicht ersetzen kann. Andererseits braucht man zu zweit ja auch doppelt Nahrung, Holz, die Moral der Gruppe sinkt schneller.... Skaliert vielleicht doch ganz gut, das Spiel.