Spannungsbögen bei Spielen

  • In seinem Review/Persönlichen Ersten Eindruck zu Burgen von Burgund stellt Alex am Ende die Frage in den Raum:



    Ich finde diese Überlegung recht interessant - so interessant, dass man sie eigentlich mal unabhängig von Burgen von Burgund in den Raum stellen sollte, finde ich.


    Ich selbst habe auch schon Spiele ohne "gefühlten Spannungsbogen" wieder veräussert - zum Beispiel Habemus Papam. Eigentlich ist es unfair zu sagen, das Spiel habe keinen Spannungbogen: Es ist nur so, dass man von Anfang bis Ende dasselbe tut - Karten aufdecken, Bieten, Gewinn nehmen. Allerdings ist diese Auswahl Anfangs noch eher willkürlich, später weiß man schon, welche Karten wichtig sind, und welche nicht. Am Ende entscheidet dann doch, welche der letzten Karten einem selbst (oder einem anderen Spieler) noch viele Punkte bescheren - und welche nicht. Ein Spannungsbogen und ein sich veränderndes Spielgefühl sind also schon da.
    Ich denke, das viele Spiele nach diesem Prinzip funktionieren: Der Rundenablauf bleibt zwar weitestgehend gleich, aber durch das, was man in den Runden zuvor erreicht hat, und worauf man hinspielt, gibt es einen Spannungsbogen. Ich wüßte nicht, bei welchen Spielen ich da anfangen und wieder aufhören sollte - Siedler von Catan, Carcassonne, Trajan, Hansa Teutonica, Macao, usw...
    Der Spannungsbogen kommt somit von den Spielern: Oft entscheidet ein Spieler, dass es nun Zeit wird, das Spiel zu beenden (so es denn eine vom Spieler beeinflussbare Möglichkeit gibt, das Spiel früher oder später zu beenden). Bei einem festen Ende beginnt ab einem bestimmten Moment der Wettlauf auf die Siegpunkte - weg vom Aufbau, hin zum Umsetzen in Siegpunkte.


    Dann gibt es andere Spiele, die (versuchen) diesen Spannungbogen mit unterschiedlichen Gegebenheiten zu erzeugen. Also einer klaren Veränderung im Spiel - zum Beispiel bei Im Wandel der Zeiten oder Twilight Struggle unterschiedlichen Karten-Decks, die dann auch ganz andere Möglichkeiten schaffen - und mitunter auch stärker sind. Oder aber bei dem neuen Singapore, wo die Gebäde, die ins Spiel kommen, auch unterschiedlich stark sind. Bei Fnkenschlag, durch die Sortierung der Kraftwerke nach Nummern (und Effektivität damit) usw.
    Ich denke, das gelingt den meisten Spielen sehr gut - extrem gut zum Beispiel No Retreat, da sich dort mit fortlaufendem Spiel auch die Bedingungen und Möglichkeiten im Spiel ändern (vor Allem für die russische Seite).
    Bei diesen Spielen würde ich sagen, dass das Spiel aktiv den Spannungsbogen führt - oder zu führen versucht.


    Und wahrscheinlich gibt es unzählige Mischformen, die einen Spannungsbogen mehr oder weniger erzeugen... und mehr vom Spiel gesteuert - und weniger von Spiel gesteuert.


    Wie seht Ihr das?

  • Danke Tom, für die Aufwertung meiner Textpassage.


    Ich will noch einige Wörter dazu verlieren:


    Bei vielen Spielen, die ich in letzter Zeit spielte fehlte mir einfach der erste und der dritte Akt.


    Klar:


    Zitat

    Erster Akt:
    Regel lesen, Spiel erklären und Aufbau


    zweiter Akt:
    Das gesamte Spiel


    dritter Akt:
    Schlusswertung


    gilt dabei nicht. :peace:


    Dominion z.B. hat immerhin einen dritten Akt: Dieser fängt meistens mit dem Kauf der ersten Provinz an. Die Spieler müssen von Karten, die höhere Kaufkraft haben oder in irgendeiner Form das deck effektiver machen, Abstand nehmen und stattdessen das Gegenteil machen und deren Deck ineffektiver machen indem Sie auf Siegpunkte lenken.


    Allein das hat für mich schon einen deutlich höheren Spannungsbogen als in meinem BuBu Spiel, auch wenn Dominion noch weniger Thema hat.


    Für mich ist Thematik und Spannungsbogen separat zu betrachten. Auch abstrakte Spiele wie Schach und Go haben ein Early-, Mid- und Lategame, welche jeweils die von mir beschriebenen Akte gut erfüllen. Also auch wenn ich beides an BuBu kritisiert habe (kein Thema UND kein Bogen) gibt es keine zwingende Verbindung dieser Eigenschaften.


    Ich finde es auch überhaupt nicht wild wenn ein Spiel seichtes Thema hat. Es packt mich dann meist nicht so. Aber ich kann ein Spiel dennoch mögen! Der Spannungsbogen ist für mich wirklich der ausschlaggebende Punkt.

  • Hallo!


    Als Drehbuchautor (und - noch unveröffentlichter - Spieleautor) ist diese Frage für mich schon immer die Zentrale. Weil ein Spiel nur dann Spaß macht, wenn die Spieler "engaged" sind, also hineingezogen werden in eine Spannung. Fünf kurze Anmerkungen:


    1. Paradebeispiel ist für mich Schach, bei dem ja eben explizit von Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel gesprochen wird. Und auch sonst denke ich, dass 2-Personen-Spiele es "leichter" haben, die Spannung eben eines Duells aufzubauen. Bei einem (herkömmlichen Mustern folgenden) Film gibt es ja auch einen Protagonisten und einen Antagonisten. Ensemblefilme haben es spannungsbogenmäßig schwerer, beziehungsweise handeln dann auch von mehreren Strängen / Geschichten / also parallelen Spielen.


    2. Ich glaube nur, dass man das nicht mit "Aktionsabwechslung" verwechseln sollte. Nicht, WAS du tust, ist entscheidend für den Spannungsbogen (= mehr "Action" im Film), sondern, dass dein Tun immer entscheidender wird. Bei Schach zieht jeder Spieler bei jedem Zug eine Figur (und schlägt ggf. eine des Gegners). Na, toll! Immer dasselbe!!!! ;)


    3. Ein wirklich gutes Spiel lässt die drei Akte, bzw. den Spannungsbogen insgesamt, organisch aus dem Anfang heraus entstehen und eben NICHT, indem es drei verschiedene Decks benötigt. Ich empfinde das als künstlich. Ein guter Film entwickelt seine Handlung auch komplett aus den Prämissen des 1. Aktes. Großartige Zufälle und zusätzliche Hauptpersonen tauchen danach nicht mehr auf. Was m.E. erklärt, warum in so vielen Spielen "gebaut" wird, seien es Eisenbahnnetzwerke, Gebäude, Türme, Landschaften oder Städte. Die Leere wächst immer mehr zu, und nach anfänglichen "anything goes" wird es am Ende oft richtig eng nach dem Motto "was geht noch?" Es braucht keine zusätzlichen Regeln und keine künstliche "Taktung".


    4. Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich so viele Spiele einen Spannungsbogen vermissen lassen. Oft bauen eben die Spieler intuitiv einen solchen auf. Jeder weiß schließlich, an welchem Punkt sich das Spiel gerade befindet. Daher die oft gehörte kritik, wenn ein Spiel "zu plötzlich" aufhört oder "zu kurz" ist - da stimmt das gefühl nicht mit der Realität überein.


    5. Ich vermute, dass bei Spielen, die tatsächlich sehr repetitiv sind und einen ausgeprägten Spannungsbogen vermissen lassen, die Autoren / Redakteure zwar einen funktionierenden Grundmechanismus gefunden haben, aber eben nicht einen Ablauf, der eine sich entwickelnde Spielhandlung unterstützt. Interessant wäre mal eine Untersuchung verschiedener Aspekte / Werkzeuge / Methoden, wie Spiele es schaffen, einen solchen Bogen aus einem Grundmechanismus heraus entstehen zu lassen.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Hi,


    Also die analogie zu Theaterstücken ist ziemlich haarsträubend. Spiele sind weder Filme, noch Theatstücke. Und haben damit auch so ziemlich nichts gemein.


    Der "3te Akt" von Dominion ist übrigens total Sinnlos und nimmt zudem 90% des ganzen Spiels ein. Das ist ja das was ich schon immer sage. Man baut mit 2, max, 3 Zugen sen deck und lässt es dann durchrasseln. d.h. letztendlich sitzt man 90% nur da und wartet Uf das Endergebnis, ohne darauf noch Einfluss zu haben.
    Wenn Dominion jetzt DESWEGEN so gut ist, dann scheint es zwei völlig untschiedliche Auffassungen von "Spiel" zu geben.


    Was ist denn eigentlich jetzt konkret der vielgescholtene "Spannungsbogen" ?
    Also für mich ist das der Einfluss den meine Entscheidungen auf das Spiel und vorallem mein Abschneiden im Spiel haben. Wenn man das quantifiziert und über die Spieldauer auf einem Diagramm darstellt, dann wird sich vermutlich bei vielen Spielen eine Kurve bilden. Das ist nach meinem verständnis ein Spannungsbogen.


    Atti

  • Bezüglich Spannungsbogen wäre es vielleicht auch sinnvoll, dass sich innerhalb einer Spielepartie das Spiel an sich ändert, also nicht nur neue Kartendecks hinzukommen, sondern sich wirklich die Mechanismen weiterentwickeln und ergänzt werden. Meines Wissens nach gibt es so etwas bisher nicht. Das widerspricht zwar Duchamp, aber wäre doch mal ein spannender Ansatz das Thema Spiel weiterzuentwickeln.


    Mit den Spielen von Stefan Feld habe ich persönlich immer das Problem, dass sie einen 100% ausgereiften Mechanismus haben aber irgendwie keine "Seele" und damit immer staubtrocken wirken. Folge: eine handvoll Partien und das wars.


    Einen schönen Spannungsbogen (der aber von den Mitspielern lebt) hat Battlestar Galactica. Vielleicht liegt es daran, dass es die Brettspielumsetzung einer Serie ist und somit eine Art Drehbuch zugrunde liegt?

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Hiho,


    Dazu müsste man jetzt erstmal wissen das ihr so unter "Spannnungsbogen" versteht.
    Wenn ich das Beispiel "Dominion" hier lese, dann komme ich zu dem Schluss: Hier wird aneinander vorbei geredet! :)


    Atti

  • Zitat

    Einen schönen Spannungsbogen (der aber von den Mitspielern lebt) hat Battlestar Galactica. Vielleicht liegt es daran, dass es die Brettspielumsetzung einer Serie ist und somit eine Art Drehbuch zugrunde liegt?


    Das kommt ganz auf die Mitspieler an. Ich habe es schon gespielt, wo die 4 (von 5) Leuten assistieren werden: Das Spiel ist so Trocken wie die Wüste Gobi und genauso langweilig. Dem zufolge wohl dann auch 0 Spannungsbogen, weil 0 Spannung.


    Atti

  • Zitat

    Original von Attila
    Dazu müsste man jetzt erstmal wissen das ihr so unter "Spannnungsbogen" versteht.


    Für mich:


    Eine Erlebnisqualität, die nicht vorhersehbar und nicht geradlinig ist, daher ein "Bogen", besser noch "Kurve". Ein Auf und Ab der Anspannung beim Spielen. Dazu gehört eine "Exposition" (also die erste Orientierung und das Schaffen von Grundlagen für den weiteren Verlauf), ein großer Mittelteil, in dem vornehmlich Konflikte ausgetragen werden (z.B. ein größerer Schlagabtausch im Schach) und eine Endphase, bei der ich "ernte", was ich an Planung und Aufbau vorher "gesät" habe. Im Idealfall steht der Sieger erst ganz zum Schluss fest, ohne dass alles an einem einzigen Würfelwurf hängt - sondern eben an dem, was und wie die Spieler gespielt haben.


    Ich finde die parallele Betrachtung von derartigen Abläufen überhaupt nicht an den Haaren herbeigezogen. Die Spannungskurve ist archetypisch und entspringt unserem Sinn für "Sinn". Unser Leben folgt dieser Kurve ebenso wie geradezu alle Geschichten, Märchen, Theaterstücke, Filme, als "gelungen" geltende Sportereignisse, etc. pp.


    Anzumerken wäre noch, dass gerade "kurze" Formen wie Kurzgeschichten, Einakter, Kurzfilme oder eben auch "Filler"-Spiele oft eher geradlinig oder "offener" gebaut sind, also weniger "Aufs und Abs" haben (können).

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Hiho,


    Also ich weiss nicht was für die anderen ein Spannungsbogen ist, aber für mich ist das folgendes:


    Wenn man den Einfluss den die Spielzüge auf den Spielausgang haben quantifiziert und in einem Diagramm über die Spieldauer aufzeichnet, wird man bei jedem Spiel eine Kurve bekommen. Das ist der "Spannungsbogen".
    Das mit Theater oder Film zu vergleich ist totaler Unsinn. Man hat im Film und im Theater kein Einfluss auf den Ausgang von diesen. (jetzt kommt bestimmt jemand der in einem Theaterstück war, wo die Zuschauer Voten konnten wie es enden soll)


    In einem Spiel hat man dieses Einfluss, und ich behaupte jetzt mal das es quasi der Kern eines jedes Spieles ist.


    Der Einfluss, ist mathematisch sicherlich erfassbar. Allerdings ist es für eine persönliche Beurteilung ja eher wichtig wie man selber seinen Einfluss auf das Spielgeschehen einschätzt. So kann es natürlich sei, das der eine es anders Einschätzt als der andere.
    Letztendlich ist also der Spannungsbogen von dem man i.d.R. spricht eine höchst individuelle Sache. Er ist sicherlich vom Spiel an sich abhängig, aber noch viel mehr von dem Spielverlauf und den Mitspielern. Selbst wenn man es mathematisch Quantifiziert und somit Fehleinschätzungen der Spieler eliminiert (und somit imo die grösste Fehlerquelle).


    Zur Fehlerquelle: Nehmen wir mal Dominon. Ist einfach, kennen viele. Meine erste Einschätzung war: Boah, super. Ständig viele Möglichkeiten und bis zum Ende nimmt man Einfluss auf das Spiel und dessen Ausgang. Nach ein paar Partien, gab es dann eine ziemlich ernüchternde Einschätzung: Man nimmt 2 bis. max. 4 Runden Einfluss auf das Spiel und dessen Ausgang. Alle wichtigen Entscheidungen fallen in den ersten 4 Runden. Danach kann man nicht mehr von Entscheidungen reden, da sie einem einfachen Muster folgen - die "Entscheidung" die man hat, ist ziemlich offensichtlich und kann von einem "wenn-dann"-Computer erledigt werden, der nur ein Programmschritt kann. Ähnlich gelagert ist übrigens The City - hier fallen in den ersten drei Runden alle Entscheidungen - der Rest ist ähnlich mechanisch.
    Jetzt gibt es Leute die empfinden Dominion bis zum Schluss "spannend" (d.h. für mich sie haben gefühlten Einfluss auf das Spiel und dessen Ausgang). Die grösste Spannung empfinde ich, wenn ich die Kartenauslage sehe. Sobald ich meinen ersten Zug gemacht habe (der den grössten Einfluss auf das Spiel hat, also die grösste Spannung hat), sinkt die Spannung bis spätestens nach dem 4ten Zug auf 0. Dominion soll nicht Thema sein, denn ich möchte damit nur verdeutlichen wie unterschiedlich die Einschätzungen sein können und wie sie sich auch ändern können.



    Atti

  • Neben dem Spielverlauf der Spannung erzeugen kann sind es ja auch einzelne Mechanismen die Spannung erzeugen.


    Bei so Klassikern wie Risiko oder Monopoly ist es das schlichte Würfeln was immer wieder wärend des spielen selbstl eine große Spannung erzeugen kann. Die Richige Straße bekommen, an der Schlossalle vorbei ziehen, oder eine wichtige Schlacht erringen, mit nur 5 Einheiten eine Armee von 10 Einheiten besiegen müssen. Das ist gerade bei Leute die Würfel nicht vertreufeln und diese Leute gibt es. Vor allem Kinder denken wirklich noch sie könnten die Würfeln noch beeinflussen und spielen deshalb ganz anders. Sie leben mit den Würfeln.


    Etwas anderes ist es zum Bsp. bei Lancaster. Ich finde es ein total blöden Mechanismu das man seine Steine wieder zurück bekommt. Das gibt mir das Gefühl das meine Entscheidungen nicht respektiert wird und ich immer wieder alles neu überlegen muss. Mich nervt das. Andere finde es total klasse weil sie permanent unter Spannung stehen in der Hoffnung das ihr Stein nicht vertrieben wird.


    Bei mir sind es eher die Spiele von M. Wallace. Diese lösen bei mir auch immer genau dieses Gefühl (Unter Dauerdruck zu stehen) aus. Gerade bei Automobile finde ich es klasse das ich in jeder Runde vor der großen Frage stehe wie viel Autos produziere ich. Man muss da ein Risko eingehen das man abschätzen kann aber eben nicht ganz und das löst Spannung aus.
    Der Spielverlauf tut dann sein weiteres. Denn mit jeder Runde wird das abschätzen schwirige, bzw. in anbetracht der Tatsache das ich eine Chance auf einen Sieg hätte auch, auch relevanter.

  • Zitat


    Eine Erlebnisqualität,


    Was immer nun eine "Erlebnisqualität" ist. Das ist für mich jetzt "ja, find ich gut" oder "och, no das fand ich jetzt nicht so gut".
    Das ist natürlich ausschliesslich individueller Natur und da muss man nicht weiter drüber Diskutieren. Das ist reiner Geschmack und darüber kann man bekanntlich nicht Streiten. (bzw. man kann es, aber es führt zu nichts, weil es zu nichts führen kann)


    Atti

  • Zitat

    Die grösste Spannung empfinde ich, wenn ich die Kartenauslage sehe. Sobald ich meinen ersten Zug gemacht habe (der den grössten Einfluss auf das Spiel hat, also die grösste Spannung hat), sinkt die Spannung bis spätestens nach dem 4ten Zug auf 0. Dominion soll nicht Thema sein, denn ich möchte damit nur verdeutlichen wie unterschiedlich die Einschätzungen sein können und wie sie sich auch ändern können.


    Ja für die ist Spannung die Entscheidung etwas selbst entscheiden zu können und dann zu schauen ob es das richtige war.
    Für viele ist es auch Spannend 5 Karten nachzuziehen und zu hoffen das entlich 8 Geld gezogen wird. Du siehst das nüchtern da es Glück ist und du es sowie so nicht beeinflussen kannst. Und viele haben auch nicht nur die ersten 3 Runden eine Entscheidungsmöglichkeit denn sie haben keine Strateige geschweigeden ein Strategieprogramm welche sie danach abspulen könnten.



    Ich sag mal so Spannung wird dadürch erzeugt das "Entscheidungen" oder "Mechanismen" eine Bedeutung haben. Je Bedeutsammer desto Spannender wird es empfunden.
    Warum würfeln Leute um Geld und finden das auch noch spannend? Weil etwas auf dem Spiel steht. Das Würfeln wird auf einmal zu einen nervenaufreibenden Spiel. Würde ich jetzt einfach so mit jemand um die Wette würfeln wäre das total langweilig. Da für mich nichts auf dem Spiel steht.


    Spannung wird auch durch die Personen am Tisch bestimmt. Wenn ich mit Menschen ein Spiel spiele die nicht aufs Gewinnen spielen sind die Spiele meistens langweilig. Erst wenn jeder mit eisernem willen versuchen zu gewinnen wird es extrem spannend. Gerade wenn ich mit meiner Freundin spiele wird mir das immer wieder klar. Eine Niederlage ist hier schmerzlicher als bei ihrend jemand anderen. Denn ihr gehts ums ganz. Etwas das nur ich erfassen kann aber genau das lößt eine rießen Spannung aus.

  • Zitat

    Original von Attila
    Hiho,


    Also ich weiss nicht was für die anderen ein Spannungsbogen ist, aber für mich ist das folgendes:


    Wenn man den Einfluss den die Spielzüge auf den Spielausgang haben quantifiziert und in einem Diagramm über die Spieldauer aufzeichnet, wird man bei jedem Spiel eine Kurve bekommen. Das ist der "Spannungsbogen".
    Das mit Theater oder Film zu vergleich ist totaler Unsinn. Man hat im Film und im Theater kein Einfluss auf den Ausgang von diesen. (jetzt kommt bestimmt jemand der in einem Theaterstück war, wo die Zuschauer Voten konnten wie es enden soll)


    Auch Filme / Geschichten, etc. werden als sehr unterschiedlich empfunden. Des einen Zuschauers Spannungs- oder Erregungskurve ist nicht die des anderen. Ein Film - um mal bei dieser Kunstform zu bleiben -
    bietet lediglich bestimmte Ereignisse an, die das Zuschauerhirn nutzt, ebenso wie ein Spiel. Natürlich gestalten die Spieler das Spiel auch individuell und so noch verantwortlicher für den Bogen. Das ist reizvoller, aber eben auch "aktiver" und damit "anstrengender" - weswegen Spiele, die die größtmögliche "Spannung" bei möglichst vielen Menschen mit möglichst geringer aktiver Anstrengung erreichen, die erfolgreichsten im Sinne der Verkaufszahlen sind ...


    Zitat

    Original von AttilaIn einem Spiel hat man dieses Einfluss, und ich behaupte jetzt mal das es quasi der Kern eines jedes Spieles ist.
    ...
    Jetzt gibt es Leute die empfinden Dominion bis zum Schluss "spannend" (d.h. für mich sie haben gefühlten Einfluss auf das Spiel und dessen Ausgang). Die grösste Spannung empfinde ich, wenn ich die Kartenauslage sehe. Sobald ich meinen ersten Zug gemacht habe (der den grössten Einfluss auf das Spiel hat, also die grösste Spannung hat), sinkt die Spannung bis spätestens nach dem 4ten Zug auf 0. Dominion soll nicht Thema sein, denn ich möchte damit nur verdeutlichen wie unterschiedlich die Einschätzungen sein können und wie sie sich auch ändern können.i


    Ich finde die Einflussnahme einen guten Ansatz - für Vielspieler. Ein Film ist auch dann am spannendsten, wenn er die höchste aktive Hirnbeteiligung bei den Zuschauern verlangt. Das Rätseln um den Mörder zum Beispiel. Beim Film will man immer "voraussehen", was passiert - gute Filme enden daher logisch nachvollziehbar, aber eben doch überraschend.


    Gute Spiele legen m.E. gute Grundlagen, auf denen sich Spannungs- oder Einfluss-Kurven aufbauen lassen. Daher sind wir uns einig - ich habe Dominion ein paar Mal gespielt und es hat mich noch nie überzeugt.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Zitat

    Original von Uzi
    Ich sag mal so Spannung wird dadürch erzeugt das "Entscheidungen" oder "Mechanismen" eine Bedeutung haben. Je Bedeutsammer desto Spannender wird es empfunden.
    Warum würfeln Leute um Geld und finden das auch noch spannend? Weil etwas auf dem Spiel steht. Das Würfeln wird auf einmal zu einen nervenaufreibenden Spiel. Würde ich jetzt einfach so mit jemand um die Wette würfeln wäre das total langweilig. Da für mich nichts auf dem Spiel steht.


    Spannung wird auch durch die Personen am Tisch bestimmt. Wenn ich mit Menschen ein Spiel spiele die nicht aufs Gewinnen spielen sind die Spiele meistens langweilig. Erst wenn jeder mit eisernem willen versuchen zu gewinnen wird es extrem spannend. Gerade wenn ich mit meiner Freundin spiele wird mir das immer wieder klar. Eine Niederlage ist hier schmerzlicher als bei ihrend jemand anderen. Denn ihr gehts ums ganz. Etwas das nur ich erfassen kann aber genau das lößt eine rießen Spannung aus.


    Wieder die Parallele bei allen Geschichten / Filmen, etc.: Die Fallhöhe. Das "Bigger Than Life" im Kino. Wenn für den Protagonisten nix auf dem Spiel steht, frage ich mich, wozu ich den Eintritt bezahlt habe. Das hat nichts mit der Menge an "Action" zu tun. Auch Kammerspiele, Dialogfilme, etc., haben denselben Kern, eine entscheidende Geschichte zu erzählen und nicht irgendeine "Begebenheit".


    Und auch hier wieder: Es gibt Zuschauer, die finden sehr viele Filme öde, weil sie sich mit möglichst niemandem identifizieren wollen. Spaßbremsen. Nörgler. Zyniker. Die finden dann auch viele Filme "langweilig", weil sie sich nicht auf dei Grundverabredung einlassen. Erfolgreiche Filme holen viele Leute gekonnt dort ab, wo sich kaum jemand entziehen kann. Gute Spiele auch.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Hiho,


    Für meinen Teil wird es hier langsam zu abgedreht. Speziell in Bezug auf die Spiele-Film analogie.


    Atti

  • Zitat

    Original von Attila
    Für meinen Teil wird es hier langsam zu abgedreht. Speziell in Bezug auf die Spiele-Film analogie.


    Es geht weniger um diese Analogie, als darum, dass für alles, was für uns "Sinn" ergeben soll, eine gemeinsame, "dramatische" Grundlage existiert. Ganz einfach. Ob Sinfonie, Roman oder Kartenspiel. Und Spiele, die den Spielern möglichst oft und stark ein "Drama" vermitteln, funktionieren offensichtlich besonders gut.


    Was ist daran abgedreht - (außer meinem letzten Film) ?

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Und um noch weitere Parallelen aufzumachen:


    Es gibt natürlich auch verschiedene Zielgruppen / Zielsetzungen. FÜr "uns", die wir auf eine bestimmte Kategorie "Spiel" abfahren, ist eine gehörige Spannung und Involviertheit und Einflussnahme wichtig. Und das empfinden wir als "gut".


    Aber es gibt eben auch "Nebenher-Spiele". So wie es Groschenromane, "Bügelfernsehen" (Vorabens-Soaps) oder Fahrstuhl-Musik gibt. Spiele, bei denen es eher um ein lockeres, geselliges Beieinanderhocken geht, bei dem eben als kleiner Reiz ein paar Würfel geworfen oder Karten ausgespielt werden. "Ent-spannung" ist da eher angesagt. Zerstreuung, Entertainment.


    Für uns eher K.O. - Kriterien. Für andere Kaufargument.


    Und dann gibt es noch die "Actionfilme" unter den Spielen. Dauernder Augenreiz, Chaos, "Fun", permanente Überflutung von total irren Spielreizen. Spannungsbögen kurzfristig. Krach Bumm. King of Tokyo. Sozusagen Ameri-Trash. Aber hirnaktiv involvierend - Fehlanzeige.


    Euro-Games sind dann eher das Europäische Kino ... oh nein, jetzt dreh ich doch noch ab.


    Ach, der Parallelen sind so viele. Spannende Sache.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Für mich ein Paradebeispiel für einen gelungenen Spannungsbogen ist Pantheon.


    Es fängt langsam an, trotzdem muss man sich auf das Timing seiner Mitspieler einpendeln. Es gibt Anfangs wenig Siegpunkte, aber dennoch stellt man erste Weichen für das restliche Spiel. Dann zieht das Tempo an, die Siegpunktgewinne wachsen. Und gerade auf dem Höhepunkt des Tempos und der Siegpunktgewinne ist das Spiel vorbei und vermeidet damit durch ewige Wiederholungen langweilig zu werden. Als Spieler bestimmt man dabei das Tempo selbst. Das Spiel gibt nur den Rahmen vor. Das erzeugt für mich Spannung, der übers ganze Spiel einen Spannungsbogen erzeugt.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Ähnlich wie Attila kann ich mit einem vorhandenen/fehlenden Spannungsbogen im Spiel nicht sehr viel anfangen.


    Die meisten Aktivitäten in meinem Leben dienen dazu, meine Sinne positiv zu reizen und mir so möglichst mein Lebensgefühl zu verbessern.
    Dafür schaue ich Filme an, höre Musik, gehe gut Essen, undsoweiterundsofort ...
    Ob das, was dabei befriedigt wird, jetzt mein Ehrgeiz ist, mein romantisches Gefühl, meine Phantasie, mein historischer Wissensdurst, mein Geselligkeitsbedürfnis, mein ästhetischer Anspruch, Geruch, Geschmack, wasauchimmer, ist dabei erst mal unwichtig.


    Zu diesen Aktivitäten gehört auch das Spielen.
    Das bedeutet: ein Spiel, das keinen meiner Sinne positiv reizen kann, ist für mich ein schlechtes Spiel - auch wenn es eine funktionierende Spielmechanik hat.
    Deshalb mag ich beispielsweise keine rein abstrakten Spiele, keine Quiz-, Party- und ähnliche Spiele, kein Horror, keine hässliche Spielgrafik, undundund ...
    Dagegen mag ich Historische Spiele, Fantasy-Spiele, etc., also alles, was auf meine Seele eine positive Auswirkung hat.
    Ein Spiel muß eine Geschichte erzählen können und meine Phantasie beschäftigen.


    Ich schätze die Anmerkungen von Duchamp und teile sie bezüglich Film und Musik - hier ist der Spannungsbogen Mittel zum Zweck.
    Ähnliches gilt auch für die Kunst, auch bei Bildern und Skulpturen gibt es sowas wie einen Spannungsbogen.
    Aber beim Spiel brauche ich ihn normalerweise nicht - außer er dient zur Funktionsfähigkeit des Spiels.


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

    Einmal editiert, zuletzt von Warbear ()

  • Hiho,


    Lustig. Für mich ist Pantheon ein paradebeispiel für ein "Blenderspiel".
    Das einzig bessere Beispiel was mir gerade einfällt ist Kingdombuilder.


    Beides totlangweilige Spiele für mich, wo die spannenste Frage ist: Wann ist endlich Schluss.


    Offensichtlich ist das ganze eine höchst individuelle Sache, so kann von "Designfehler" bei BvB wohl kaum die Rede sein.
    Jeder hat halt einen anderen Anspruch an Spiele.


    Ein Designfehler ist z.B. die 3-Personen-Version von Schatten über Camelot. Vor der Regeländerung war das schlichtweg sinnlos.
    Oder Ora Et Labora (übrigens ein Staubtrockenes Spiel - hier muss man nicht nach dem Thema fragen. Da ist BvB fast eine Historische Simulation :) ), wo es nicht vorgesehen ist das kein Spieler mehr Kolstergebäude errichten kann. (Was allerdings simpelst gefixed wurde)
    SOWAS sind in meinen Augen Designfehler. Wenn mir ein Spiel nicht gefällt, dann ist das wahrlich kein Designfehler.


    So bleibt die alte Einsicht, das es alles Geschmackssache ist.


    Atti

  • Zitat

    Original von Attila
    So bleibt die alte Einsicht, das es alles Geschmackssache ist.


    Pah, das würde in letzter Konsequenz ja bedeuten, dass ich am Ende wirklich doch jedes Spiel nicht nur spielen, sondern auch die passende Spielrunde dafür finden muss als Grundvoraussetzung, und erst dann für mich ganz alleine entscheiden könnte, ob mir dieses eine Spiel gefällt? Und wer weiss, ob ich das Spiel in anderer Grundstimmung oder mit anderen Mitspielern nicht völlig anders finden werden könnte? Jede neue Spielpartie als Risiko sich zu langweilen, eventuell gar zu ärgern und zu jammern, warum man seine Zeit nicht besser verbringt?


    Dann wären alle Spielebesprechungen und Wochenrückblicke ob hier oder in spielbox-Fachzeitschriften & Co ja völlig ohne Wert - weil nicht übertragbar - und könnten höchstens dazu dienen, um auf die Existenz neuer Spiele aufmerksam zu machen. Das kann aber ebenso eine nach Erscheinungsdatum sortierte A-bis-Z-Liste der Neuheiten.


    Wir schaffen uns als selbsternannte Spiele-Experten gerade selbst ab ... und hätten endlich mal mehr Zeit für diverse Spielrunden, wenn wir erkennen, dass alles theoretische Geschwafel darüber fernab des Spieltisches reiner Selbstzweck und nichts mehr als Zeitverschwendung wäre - eventuell noch gerade eben als netter Zeitvertreib oder seichte Unterhaltung auf Small-Talk-Niveau durchginge?


    Manche Einsichten sind echt blöd! :mmhh:


    Cu / Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • ...und der Rückzug auf ein blosses Geschmacksurteil bzw. die persönliche Meinung ist das Todesurteil jeder Diskussion.


    Wenn jeder nur auf seinem persönlichen Standpunkt beharrt - was soll dann das ganze Getue?


    Hier wundere ich mich dann doch manchmal sehr über die Enstirnigkeit die manche Personen hier an den Tag legen, und wie dann spannende Diskussionen selbstherrlich zerredet werden, nur weil es einem persönlich gerade nicht in den Kram oder Horizont passt. Schade das.



    Und mein Senf zum Thema Spannungsbogen:
    Ja, jedes Spiel hat einen (mal mehr oder weniger präsent). Und ich finde es prima das die Diskussion um dieses Thema entfacht ist. Denn ich werkel nämlich nun auch schon seit nem knappen halben Jahr an meinem ersten Spieleprotoypen herum, und die Spannungskurve ist ein bedeutsamer Punkt um den ich mir regelmässig den Kopf zerbreche. Ja, auch ein Spiel hat eine gewisse Dramaturgie (von einfach, wie z.B. Uno, bis komplex, wie z.B. der Ringkrieg (hier wird ja tatsächlich eine ganze Geschichte erzählt bzw. umgeschrieben), und bei Agricola wird die Spannungskurve z.b. durch die Erntephasen und die ständig wachsenden Aktionsmöglichkeiten erzeugt.). Diese ist vllt. nicht direkt mit der eines Filmes/Theaterstücks zu vergleichen, aber die Grundzüge sind da und ähnlich/übertragbar.

    6 Mal editiert, zuletzt von Elektro ()

  • Zitat

    Original von ravn
    Dann wären alle Spielebesprechungen und Wochenrückblicke ob hier oder in spielbox-Fachzeitschriften & Co ja völlig ohne Wert - weil nicht übertragbar - und könnten höchstens dazu dienen, um auf die Existenz neuer Spiele aufmerksam zu machen. Das kann aber ebenso eine nach Erscheinungsdatum sortierte A-bis-Z-Liste der Neuheiten.


    Ehrlich gesagt interessieren mich an den Beschreibungen und Wochenberichten auch am Meisten Beurteilungen der Mechaniken. Denn kaum eine Rezension deckt sich 100% mit meiner Ansicht zu einem Spiel. Am spannensten finde ich übrigens NEGATIVE Rezensionen, da oftmals genauer auf "schlechte" Eigenschaften eingegangen wird, als auf gute Eigenschaften: Wenn ein Rezensent ein Spiel toll findet, dann beschreibt er oftmals, wie sich das Spiel anfühlt usw. - wenn ein Rezensent ein Spiel schlecht findet, dann nimmt er oft Mechaniken, die ihm nicht gefallen, auseinander - das gibt mir viel mehr Einblick in ein Spiel... und dann bewerte ich für mich selbst, was ich von der Mechanik halte. :)

  • Zitat

    Original von ravn
    Pah, das würde in letzter Konsequenz ja bedeuten, dass ich am Ende wirklich doch jedes Spiel nicht nur spielen, sondern auch die passende Spielrunde dafür finden muss als Grundvoraussetzung, und erst dann für mich ganz alleine entscheiden könnte, ob mir dieses eine Spiel gefällt? Und wer weiss, ob ich das Spiel in anderer Grundstimmung oder mit anderen Mitspielern nicht völlig anders finden werden könnte?


    Auf den Punkt gebracht.
    Genau das ist meine Meinung - schon seit langem.


    Zitat

    Original von ravn
    Jede neue Spielpartie als Risiko sich zu langweilen, eventuell gar zu ärgern und zu jammern, warum man seine Zeit nicht besser verbringt?


    Im Prinzip ja - aber dieses Risiko kann man stark reduzieren, indem man seine Spielpartner sorgfältig aussucht.


    Zitat

    Original von ravn
    Dann wären alle Spielebesprechungen und Wochenrückblicke ob hier oder in spielbox-Fachzeitschriften & Co ja völlig ohne Wert - weil nicht übertragbar - und könnten höchstens dazu dienen, um auf die Existenz neuer Spiele aufmerksam zu machen. Das kann aber ebenso eine nach Erscheinungsdatum sortierte A-bis-Z-Liste der Neuheiten.


    Auch das ist weitgehend meine Meinung.
    Allerdings profitiere ich natürlich von der Meining derjenigen, von deren Spielgeschmack ich weiß, daß er sich mit meinem deckt.


    Zitat

    Original von ravn
    Wir schaffen uns als selbsternannte Spiele-Experten gerade selbst ab ... und hätten endlich mal mehr Zeit für diverse Spielrunden, wenn wir erkennen, dass alles theoretische Geschwafel darüber fernab des Spieltisches reiner Selbstzweck und nichts mehr als Zeitverschwendung wäre - eventuell noch gerade eben als netter Zeitvertreib oder seichte Unterhaltung auf Small-Talk-Niveau durchginge?


    Das sehe ich allerdings nicht so.


    Zitat

    Original von ravn
    Manche Einsichten sind echt blöd! :mmhh:


    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der ganze Beitrag vielleicht doch voll ironisch gemeint war - trotzdem muß ich sagen, daß ich selten ein Posting gelesen habe, das meine Meinung derart gut getroffen hat.
    Daher drücke ich hier erstmals den Danke-Button. 8-)
    .


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Zitat

    Original von Warbear


    Auf den Punkt gebracht.
    Genau das ist meine Meinung - schon seit langem.
    .


    Ist auch nicht sehr verwunderlich. Es gibt ja auch richtig gute Musik die ist in gewissen Situationen einfach fehl am Platz.


    Zitat

    Original von Warbear
    Allerdings profitiere ich natürlich von der Meining derjenigen, von deren Spielgeschmack ich weiß, daß er sich mit meinem deckt.
    .


    Gut begründete Meinungen bringen mir eigentlich immer etwas, auch wenn der Geschmack sich nicht deckt. Shön ist es, wenn man den Spielegeschmack des Schreibers kennt.


    Zitat

    Original von ravn
    Wir schaffen uns als selbsternannte Spiele-Experten gerade selbst ab ... und hätten endlich mal mehr Zeit für diverse Spielrunden, wenn wir erkennen, dass alles theoretische Geschwafel darüber fernab des Spieltisches reiner Selbstzweck und nichts mehr als Zeitverschwendung wäre - eventuell noch gerade eben als netter Zeitvertreib oder seichte Unterhaltung auf Small-Talk-Niveau durchginge?
    .


    Bei so manchem Thread hier sehe ich das auch so *)


    Grundsätzlich habe ich aber in diesem Forum schon viele Anregungen mitgenommen. Man bekommt mit, was andere spielen und warum sie es spielen, kann so manche Regelauslegung überprüfen und bekommt meist gute Tipps, wennn man auf der Suche nach etwas ist, das Google auch nicht kennt.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

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    and young enough not to choose it

  • Hi,


    Naja, ich kann mich mit dem reinen Geschmacksurteil auch nicht anfreunden, aber wie schon geschrieben: Über Geschmack kann man nicht streiten. Bzw. man kann es sicher, aber habe ich jetzt gerade keine Lust zu.


    Aber solange mit wagen begriffen um sich geworfen wird, sehe ich da keine Grundlage für eine ernsthafte Diskussion mehr.


    Ich habe schon immer gesagt: (Fast) jedes Spiel macht in der richtigen Runde auch Laune. Das heisst nicht, das die Spiele alle so doll sind, sondern das der Schwerpunkt beim Spielen halt (für mich) auf den Spielern liegt und nicht auf dem Spiel.
    Wenn es aber keine Kriterien gibt die ich mehr oder weniger objektiv erfassen kann, an denen ich die Güte eines Spieles festmachen kann, sondern nur Wischiwaschi Kriterien, wie den "Spannungsbogen" (wo keiner weiss was das ist, und jeder etwas anderes drunter versteht), dann ist es letztendlich Geschmack um den hier Diskutiert wird. Ich finde Artischocken zum kotzen. Salami schmeckt doch viel besser... ja ne, iss klar.


    Betrachte ich aber Spiele, mal unabhängig von den Leuten mit den ich spiele, dann habe ich für mich aber durchaus Kriterien die über "ja, finde ich gut" oder "tolle Dramaturgie" hinausgehen. Ein extremer Unterschied zwischen Film/Theater und Spiel ist z.B. das ich im Spiel Einfluss auf den Verlauf und dessen Ausgang nehmen kann, während das andere ein reines berieseln ist. (Jetzt schreien, die Cineasten natürlich das kann man so nicht sagen ...)


    Für mich ist das ein wesentlicher Teil eines Spieles. Ohne das, würde ich ein Spiel nicht mehr als Spiel bezeichnen wollen. Diesen Einfluss kann man imo durchaus quantifizieren (wenn man es wirklich auf die Spitze treiben möchte). Man könnte imo auch Sachen wie z.B. den Widerspielreiz daran fest machen und auch so manche andere dinge, die normal "aus dem Bauch" heraus bewertet werden, oder aufgrund von Schlussfolgerungsketten, bzw. meistens ist es dann wohl ein Mix aus beidem.


    Die Diskussion läuft meiner Ansicht aber in eine andere Richtung, welche wenig mit konkreten Fakten zu tun haben und vor allem höchst individuell sind.


    Atti

  • Zitat

    Original von Attila
    Ich habe schon immer gesagt: (Fast) jedes Spiel macht in der richtigen Runde auch Laune. Das heisst nicht, das die Spiele alle so doll sind, sondern das der Schwerpunkt beim Spielen halt (für mich) auf den Spielern liegt und nicht auf dem Spiel.


    Wenn man ein Spiel spielen will, gibt es aus meiner Sicht erst mal 2 unterschiedliche Herangehensweisen:
    1) Ich habe bestimmte Mitspieler, mit denen ich irgendein beliebiges Spiel spielen will.
    2) Ich möchte ein bestimmtes Spiel spielen und suche dafür passende Mitspieler.
    In beiden Fällen können die Mitspieler alte Bekannte oder auch neue Bekanntschaften sein, und beide Fälle können durchaus in Mischformen auftreten.


    Generell finde ich, daß das Risiko einer "schlechten Partie" in ersten Fall weitaus höher ist als im zweiten Fall.
    Deshalb trifft für mich selbst überwiegend Kategorie 2 zu.
    Eigentlich nur bei Spieletreffen, wo von Haus aus schon jede Menge Mitspieler da sind, kommt auch Kategorie 1 für mich in Betracht.


    .


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Hi,


    So ähnlich geht es mir auch. Allerdings gibt es in Kategorie 1 auch Leute, wo es mir wirklich egal ist welches Spiel wir spielen. Es kommt so oder so ein Gaudi bei raus. Und zwar im positiven Sinne. Entweder weil das Spiel halt wirklich gut ist, wenn nicht dann wissen die Leute schon wie man trotzdem spass damit haben kann! :)


    So z.B. letztens geschehen mit "Junta - Vive Presidente". Boah, was ein murks. Aber Spass, hatÄs trotzdem gemacht. Nochmal spielen: Nicht wenn es nicht unbedingt sein muss.


    Atti

  • Zitat

    Original von Attila
    So ähnlich geht es mir auch. Allerdings gibt es in Kategorie 1 auch Leute, wo es mir wirklich egal ist welches Spiel wir spielen. Es kommt so oder so ein Gaudi bei raus. Und zwar im positiven Sinne. Entweder weil das Spiel halt wirklich gut ist, wenn nicht dann wissen die Leute schon wie man trotzdem spass damit haben kann! :)


    So z.B. letztens geschehen mit "Junta - Vive Presidente". Boah, was ein murks. Aber Spass, hatÄs trotzdem gemacht. Nochmal spielen: Nicht wenn es nicht unbedingt sein muss.


    Absolute Zustimmung (auch wenn ich das Beispielspiel nicht kenne)


    Eigentliches Thema:
    Zum Spannungsbogen gehören für mich beim Spielen ganz verschiedene Elemente die auch aufeinander aufbauen:
    1. Lasse ich mich auf das Spiel ein oder habe ich eigentlich kein großen Bock drauf, spiele es aber mit, weil es halt gerade in der Runde gespielt wird (Partyspiele)?
    Die Spiele machen natürlich schon auch Spaß, aber Spannung ist nicht vorhanden, weil es für mich nicht um den Sieg, sondern um den Spaß geht. Bei Leuten die das Spiel wegen dem Sieg spielen kann auf jeden Fall Spannung aufkommen. (Hier passt übrigens auch die Analogie zum Film. Lasse ich mich drauf an, oder gucke ich ihn einfach nur an)
    2. Steht etwas auf dem Spiel?
    Ohne Gefahr etwas zu verlieren entsteht keine Spannung.
    (auch hier passt die Analogie zum Film. wenn die z.B. Hauptperson nichts zu verlieren hat kommt keine Spannung auf)
    3. Welchen Einfluss haben meine Entscheidungen (Hier passt der Filmvergleich nicht mehr)


    Punkt 1 ist das was Warbear und Attila gesagt haben, mit den richtigen Mitspielern kann ich jedes Spiel spielen.
    Punkt 2 muss vom Spiel kommen und ist in der Regel trivial, denn bei jedem Spiel steht etwas auf dem Spiel ;), kann aber durchaus auch mit Zufallselementen generiert werden (Ereigniskarten oder sowas)
    Punkt 3 liegt am Spiel und an den Mitspielern. Lässt mir das Spiel Entscheidungsfreiraum? Und dann die Fragen: wie entscheide ich mich? Ist die Entscheidung gut oder schlecht für mich? wie entscheiden sich meine Mitspieler? (Bei Würfeln entscheidet halt der Würfel für mich)



    Einleitung - Hauptteil - Schluss wie es zu meiner Schulzeit noch hieß sind trivial und kennt jedes Spiel.
    In jedem Spiel fängt man klein an, baut z.B. sein Deck auf(um bei Dominion zu bleiben), spielt dann mit dem aufgebauten. Irgendwann geht es Richtung Schluss, ein Sieger wird klarer oder wird durch auszählen der Siegpunkte ermittelt.


    Spannung kommt aber erst auf wenn die oben genannten Punkte erfüllt sind, unabhängig von einem sogenannten Spannungsbogen.
    - Eine Gruppe die sich auf das Spiel einlässt.
    - Eine Gefahr etwas zu verlieren
    - die Gefahr die falsche Entscheidung zu treffen


    Negativbeispiel:
    Spiel des Lebens kennt durchaus Einleitung-->Hauptteil-->Schluss (Start --> Leben --> Ruhesitz)
    Dadurch das alles Zufall ist und Punkt 3 somit nicht erfüllt ist kommt aber keinerlei Spannung auf.

  • Zitat

    Original von Attila
    Ich habe schon immer gesagt: (Fast) jedes Spiel macht in der richtigen Runde auch Laune. Das heisst nicht, das die Spiele alle so doll sind, sondern das der Schwerpunkt beim Spielen halt (für mich) auf den Spielern liegt und nicht auf dem Spiel.
    Wenn es aber keine Kriterien gibt die ich mehr oder weniger objektiv erfassen kann, an denen ich die Güte eines Spieles festmachen kann, sondern nur Wischiwaschi Kriterien, wie den "Spannungsbogen" (wo keiner weiss was das ist, und jeder etwas anderes drunter versteht), dann ist es letztendlich Geschmack um den hier Diskutiert wird. Ich finde Artischocken zum kotzen. Salami schmeckt doch viel besser... ja ne, iss klar.


    Betrachte ich aber Spiele, mal unabhängig von den Leuten mit den ich spiele, dann habe ich für mich aber durchaus Kriterien die über "ja, finde ich gut" oder "tolle Dramaturgie" hinausgehen. Ein extremer Unterschied zwischen Film/Theater und Spiel ist z.B. das ich im Spiel Einfluss auf den Verlauf und dessen Ausgang nehmen kann, während das andere ein reines berieseln ist. (Jetzt schreien, die Cineasten natürlich das kann man so nicht sagen ...)


    Für mich ist das ein wesentlicher Teil eines Spieles. Ohne das, würde ich ein Spiel nicht mehr als Spiel bezeichnen wollen. Diesen Einfluss kann man imo durchaus quantifizieren (wenn man es wirklich auf die Spitze treiben möchte). Man könnte imo auch Sachen wie z.B. den Widerspielreiz daran fest machen und auch so manche andere dinge, die normal "aus dem Bauch" heraus bewertet werden, oder aufgrund von Schlussfolgerungsketten, bzw. meistens ist es dann wohl ein Mix aus beidem.


    Lieber Atti,


    damit unterschlägst Du aber in beträchtlichem Maße die schöpferische Leistung eines Spieleautors. Konsequenterweise müsste es sich beim Spieleerfinden nach Deiner Lesart um ein nahezu beliebiges Zusammenwerfen von Mechanismen handeln, ohne in irgendeiner Form darauf zu schauen, wie diese sich zusammenfügen und inwiefern das Resultat ein spannendes, halbwegs gleiche Chancen und Wiederspielreiz bietendes Spielerlebnis ist. Deine Spielekritiken müssten sich dann darauf konzentrieren, dem Leser Anhaltspunkte zu geben, für welche Spielerunden das Spiel geeignet ist. Noten dürftest Du auch keine vergeben. Ich glaube nicht, dass das ernsthaft Deine Meinung ist.


    Der von Dir angesprochene "extreme Unterschied" zwischen Filmen und Spielen, nämlich die Einflussnahme, ist doch ein arg gekünsteltes Argument. Es ist doch absurd zu behaupten, Du seist bei Spielen frei in Deiner Entscheidung. Bei Agricola kannst Du Dir doch nicht in Deiner ersten Aktion des Spiels mal eben 10 Steine nehmen, weil Dir nach Renovieren ist. Im Gegenteil - Deine Entscheidungsfreiheit besteht nur in einem engen, vorgegebenen Regelkorsett, in aller Regel kannst Du nur zwischen einer Handvoll von Optionen entscheiden - und in diesem Regelwerk manifestiert sich die schöpferische Leistung des Autors. Durch die Züge, die er Dir und Deinen Mitspielern ermöglicht, gibt er doch in einem vergleichsweise engen Rahmen vor, wie das Spiel sich nur entwickeln kann. Dabei trifft er realitätsbasierte Annahmen über wahrscheinlich sinnvolle Verhaltensweisen von Spielern (nämlich, dass sie versuchen werden, ihren Erfolg zu maximieren, indem sie auf Sieg spielen). Selbstverständlich bedeutet das, dass er so wie ein Drehbuchautor massiven Einfluss auf den Verlauf des Endproduktes nimmt und wesentliche Entscheidungen darüber trifft, wie eng und spannend und nervenzehrend ein Spiel in einer bestimmten Phase sein kann und soll.


    Ob sich nun (entsprechend dem Film, wo viele Bücher zu dem Thema geschrieben wurden) ein oder mehrere archetypische Spannungsbögen identifizieren lassen, wäre Gegenstand einer größeren Untersuchung, an deren Ende eine quasi wissenschaftliche Definition stehen kann. Ich persönlich finde den grundlegenden Dreisprung aus Strategieaufbau (Spannungselement: Welchen Weg soll ich gehen?), Strategieumsetzung (Spannungselement: Lassen die interagierenden Mitspieler/meine eigenen Entscheidungen/das Glück einen hinreichend schnellen Fortschritt zu?) und Finish mit der Entscheidung, wessen Strategie am besten gepasst hat (Spannungselement: Werde ich mich am Ende durchsetzen?) allerdings relativ offensichtlich in einer Vielzahl von Vielspielerspielen. Im Detail kann man hier sicher noch sehr viel speziellere Teilschritte identifizieren, und sicherlich auch Ausnahmen (Drehbuchautorenregel: an der geeigneten Stelle darf man auch mal gegen Grundregeln verstoßen). Aber die Behauptung, das Konzept des Spannungsbogens in Spielen sei nicht existent oder nicht sinnvoll, ist bei etwas Auseinandersetzung mit der Materie sicher nicht haltbar.

  • Zitat

    Original von LemuelG
    (...) Deine Spielekritiken müssten sich dann darauf konzentrieren, dem Leser Anhaltspunkte zu geben, für welche Spielerunden das Spiel geeignet ist. Noten dürftest Du auch keine vergeben. Ich glaube nicht, dass das ernsthaft Deine Meinung ist.
    (...)


    Ich kann nur für mich sprechen, aber zumindest bei mir ist genau das meine Meinung.
    Jedwede Notenvergabe ist absolut subjektiv, da niemand ein Spiel objektiv bewertet. Das ist schlichtweg unmöglich, eine Bewertung ist auch immer an persönliche Vorlieben und Abneigungen gekoppelt.


    Mich interessieren keine detaillierte Mechanismus-Analysen, mich interessiert einzig und allein, ob mir das Spiel bei meinen gegebenen individuellen Vorlieben und Abneigungen gefallen wird oder nicht. Das kann unabhängig von den verwendeten Mechanismen der Fall sein, oder eben nicht. Um das wirklich beurteilen zu können, ist aber notwendig, dass der Kritiker zu seiner Subjektivität steht - und nicht mit dem Anspruch absoluter Objektivität ein Spiel mit vernichtender Kritik einebnet.


    Auch Spannungskurven sind subjektiv. Eine objektive Diskussion darüber wird und kann es nicht geben. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass selbst die Notwendigkeit ihrer Existenz subjektiv ist.


    Nehmen wir Burgen von Burgund. Persönlich spiele ich es gerne - es ist kurz, es ist simpel, und ich erfreue mich einfach daran, meiner Landschaft beim Wachsen zuzusehen. Ich hatte bislang nicht das Bedürfnis, auf Biegen und Brechen eine Gewinnstrategie auszutüfteln. Ich gewinne gern, und ich werde bestimmt nicht bewusst schlecht spielen. Aber der mit großem Abstand größte Spaßfaktor in diesem Spiel ist nicht, 200+ Siegpunkte zu erreichen, sondern mein individuelles Spielfeld aufzubauen.
    Die Spannungskurve bleibt dabei immer in etwa gleich - denn es gibt immer passende Plättchen, und es stellt sich jede Runde die Frage, welches davon ich nun nehmen möchte. Es ist also eher eine Gerade, womit man quasi von einer Abwesenheit der Spannungskurve reden könnte. Wie ja Gangzda auch bemängelt hat.


    Mir macht das Spiel aber bei meinen gegebenen Vorlieben dennoch Spaß, weshalb ich diesem Spiel eine völlig andere Note als jemand anders geben würde (sofern ich es benoten würde). Wer hat denn jetzt Recht?



    Den Vergleich mit den Filmen finde ich im Übrigen gar nicht so schlecht, da sich hier wie dort eine ähnliche Problematik darstellt.
    In beiden Fällen findet sich eine kleine, selbsternannte "Elite" (Cineasten, Vielspieler), die für sich nahezu absolute Objektivität und Bewertungshoheit in Anspruch nimmt.


    Eine subjektive Beurteilung von Spielen (und Filmen) im Hinblick auf die Zielgruppe fände ich bei weitem realitätsnäher als die Pseudo-Objektivität, die gerne zur Schau gestellt wird.
    Ein Würfelliebhaber wird sicherlich keine Probleme mit dem vielen Würfeln bei Risiko haben, ebensowenig wie ein Actionfetischist sich über zu viel Action und zu wenig Story in einem Film beklagen wird.

    Wenn dir egal ist, wo du bist, kannst du dich auch nicht verlaufen.

  • Hi,


    Also das man völlig frei ist in seiner Einflussnahme habe ich nie behauptet. Das legst du mir in die Tasten. Und das finde ich absurd.


    Dir scheint die Einflussnahme also kein wichtiges Element in einem Spiel zu sein. Das finde ich jetzt extrem erstaunlich, denn macht dieses nicht erst ein Spiel zu einem Spiel? - Ich bin ehrlich gesagt ziemlich verblüfft.


    Ich "Unterschlage" nicht die schöpferische Listig des Autors, ich messe sie lediglich so nüchtern wie es mir möglich ist. Letztendlich spiegelt sich die "Komposition" der Mechanismen direkt in der Einflussnahme ja wieder. Wenn sich dabei rausstellt das es letztendlich sowieso alles völlig wurst ist, was man veranstaltet, dann bringen die tollsten Mechanismen nicht und zumindest mir kann keiner erzählen dass die dann besonders gut zusammen passen.


    Das die Einflussnahme ihm Rahmen der Regeln stattfindet, davon bin ich ausgegangen. Auch das ist für mich ein essentieller Teil eine Spiel und ich habe vorausgesetzt das dieses Verständnis jeder hat. Das muss ich dann wohl nachreichen (und auch darüber bin ich jetzt etwas erstaunt): Ich setzte in der ganzen Diskussion voraus das wir von Spielen reden in denen man ihm Rahmen von vorgegeben Regeln Einfluss nimmt.


    Auch habe ich nirgends behauptet dass das Konzept des Spannungsbogen nicht existent ist oder nicht sinnvoll ist. Wenn du meine Posts nocheinmal lisst, wirst du bemerken das ich gar Hinterfragt habe was sich dahinter nun verbirgt und habe MEIN Verständnis dazu wiedergegeben. Einzig Duchamp hat sich dazu Gedanken gemacht. Leider sind wir da noch nicht den entscheidenden Schritt weiter gekommen, aber immerhin.


    Das ein "Spannungsbogen" beim Spielen existiert steht ausser Frage. Der ist aber in meinen Augen hauptsächlich von der speziellen Spielrunde geprägt. Wenn sich 2 oder mehr Spieler einenen spannenden Fight liefern, ist massgeblich davon beeinflusst wie gross die Differenz der Spielstärken zwischen den Spielern ist und wie gut sie diese an diesem Abend auch umsetzen können. Das dollste Spiel ist langweilig, wenn ein Spieler einfach besser ist. Vielleicht gibt es noch einen spannenden Kampf um den zweiten Platz - aber auch nur dann wenn die Spieler die darum Kämpfen aus irgendeinem Grund in etwa gleich gut sind in dieser Spielrunde. Das hat aber nix mit dem Spiel an sich zu tun. Das was dafür vom Spiel hauptsächlich relevant ist, ist in meinen Augen der Einfluss den die Spieler ihr Ergebnis haben. Das ist natürlich massgeblich davon abhängig welche Mechanismen im Spiel wie verwendet werden.


    Natürlich kann man mit Spannung verfolgen wer die höchste Zahl würfelt. Ich kann es aber auch sein lassen.


    Und somit ist der "Spannungsbogen" ein rein individueller Begriff. Daran kann man also wohl kaum die Güte oder Klasse eines Spieles festmachen, da es ja auch nicht unbedingt wiederholbar ist. Die nächste Partie kann schon total Öde ablaufen. Ist das dann gut oder schlecht?


    Atti

  • Das mit der Einflussnahme legst jetzt Du mir in die Tasten, Atti. Das habe nämlich ich nicht geschrieben.


    Ich glaube, in letzter Instanz liegen wir mit unseren Ansichten gar nicht so weit auseinander, schaffen es nur nicht wirklich hundertprozentig, diese dem anderen verständlich zu machen.


    Alles was ich sage, ist, dass der Autor einen Korridor für den Verlauf des Spannungsbogens vorgibt. In diesem Korridor treffen die Spieler ihre Entscheidungen, wobei zumindest bei Vielspielerspielen der Autor wohl in aller Regel von gleichstarken Gegnern ausgehen wird. Unter dieser Voraussetzung ermöglicht er so eine mehr oder minder hohe Entscheidungsfreiheit der Spieler.


    Ich stimme Dir zu, ein Spiel ohne Einflussnahme (man wird vom Spiel gespielt) hätte keinen Spannungsbogen. Ob das Gegenteil, nämlich ein Spiel, bei dem jede einzelne kleine Entscheidung massive Auswirkungen auf den Spielerfolg hat, demgegenüber über einen guten Spannungsbogen verfügt, würde ich aber nicht als gegeben ansehen. Vermutlich überlagert hier dann eine Analysis-Paralysis-Tendenz (oder zumindest zu lange Überlegungspausen) einen Teil der Spannung. Wie auch Schach würde ich so ein Spiel dauerhaft nur mit Uhr spielen wollen. Ich glaube, der Großteil der (auch richtig guten) Spiele lässt sich irgendwo im Kontinuum zwischen diesen beiden Extremen ansiedeln. Es gibt angenehm viele schwierige Entscheidungen, die grundsätzliche strategische Ausrichtungen vorgeben, und demgegenüber auch leichtere Entscheidungen, die sich aus den schweren Entscheidungen ergeben. Insofern also eine Art Zyklus aus Anspannung und Entspannung im Kleinen, eingebettet in einen übergreifenden Bogen, der die getroffenen Entscheidungen immer endgültiger werden lässt.

  • Eventuell haben manche Spiele ein höheres Potential für einen gelungenen Spannungsbogen als andere. Das könnten dann Spiele sein, die man persönlich als spielenswert empfindet. Ob dieses Potential aber auch ausgeschöpft wird, das hängt stark an der Spielrunde an sich und deren Spielweise ab. Soll heissen, ein Spiel mit einem hohen Spannungsbogen-Potential kann in der unpassenden Spielrunde auch total durchfallen.


    Wenn man also meint, dass Agricola einen gelungenen Spannungsbogen bietet und ein hohes Potential hat, dass sich dieser Spannungsbogen auf in der Spielpartie zeigt, dann aber Mitspieler am Tisch sitzen, die man persönlich unsympathisch findet oder 90% der Gesamtspielzeit durch Dauergrübeln für sich beanspruchen oder einseitige Gefälligkeits-Züge machen, wird der persönlich empfundene Spannungsbogen sich nicht entwickeln können, weil die Begleitumstände den Spannungsbogen zerstören bzw. negativ empfunden überdecken können.


    Somit sind wir wieder an dem Punkt, dass Spiele an sich ein theoretisches Potential an Spielwert und Spannungsbogen durch den Autor erdacht und durch den Verlag umgesetzt haben können, es dann in jeder Partie neu darauf ankommt, ob diese theoretischen Möglichkeiten auch in der Spielpraxis einer Partie sich umsetzen lassen - für die Gruppe und für jeden Einzelnen individuell erlebt.


    Somit hat man zwei Bewertungsebenen. Einmal das theoretische Potential und dann die individuell erlebte Spielpraxis. Auf beiden Ebenen kann man jeweils unterschiedlicher Meinung sein, weil man eine persönliche Gewichtung mitbringt, was einem an einem Spiel gefällt und welche Spielrunden-Umstände positiv oder negativ für einen wirken. Ohne beide Ebenen eines Wertenden zu kennen, ist die Fremd-Wertung über ein Spiel schlicht nicht auf sich selbst übertragbar und damit als Wertung ohne Wert. Die reine Information der Wertung bleibt aber bestehen und was man für sich daraus herauszieht ist ebenso sehr individuell.


    Cu / Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Zitat

    Original von LemuelG
    Das mit der Einflussnahme legst jetzt Du mir in die Tasten, Atti. Das habe nämlich ich nicht geschrieben.
    .


    Findest du? - Ich muss dich dann missverstanden haben:


    Zitat

    Der von Dir angesprochene "extreme Unterschied" zwischen Filmen und Spielen, nämlich die Einflussnahme, ist doch ein arg gekünsteltes Argument. Es ist doch absurd zu behaupten, Du seist bei Spielen frei in Deiner Entscheidung.


    a) habe ich es nicht behauptet und b) bin ich von einem "normalen" Verständnis von einem Spiel ausgegangen. Wenn du etwas anderes sagen wolltest, dann habe ich dich falsch verstanden. Wobei das allerdings dann nicht allzuschwer ist. :)


    Ich denke auch das wir näher zusammen liegen, als es auf den ersten Blick aussieht. :)


    Natürlich gibt der Autor mit den Mechanismen und deren "Komposition" den Spielern die Mittel in die Hand, das sie ein "spannendes" Spiel spielen/erleben können. Aber die Quintessenz aller Spielmechanismen ist es Einfluss auf das Spiel und dessen Ausgang zu nehmen. Also ist es nur logisch anzunehmen, das die Einflussnahme auf das Spielgeschehen ein valides Mittel ist, um das "Spannungsbogenpotential" (um den Begriff mal aufzugreifen - ich find ihn gut und passend) zu bewerten. Die grosse Frage die sich hier natürlich ergibt ist, wie quantifiziert man das?! Ich denke aber das es durchaus möglich ist.


    Achso, ein Nachtrag noch:


    Zitat

    Deine Spielekritiken müssten sich dann darauf konzentrieren, dem Leser Anhaltspunkte zu geben, für welche Spielerunden das Spiel geeignet ist. Noten dürftest Du auch keine vergeben. Ich glaube nicht, dass das ernsthaft Deine Meinung ist.


    Ich stimme dir im ersten Punkt zu. Ja, richtiger weise sollte das Umfeld in dem das Spiel bewertet wird klar sein. Wieso sollte ich keine Noten vergeben dürfen? Kannst du das mal ausführen?


    Atti

  • Zitat

    Original von Dirtbag
    Mir macht das Spiel aber bei meinen gegebenen Vorlieben dennoch Spaß, weshalb ich diesem Spiel eine völlig andere Note als jemand anders geben würde (sofern ich es benoten würde). Wer hat denn jetzt Recht?
    .


    Beide: Du wirst dem Spiel eine gute Note geben und jemand anders eine Schlechte. Wenn beide das noch kurz begründen, dann kann ich für mich etwas damit anfangen.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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  • Das ganze ist insofern nochmal so amüsant, weil das ja eine zeitliche Komponente hat. D.h., sowohl meine eher theoretische Bewertung der Spielmechanik wie auch der erlebte Spielspaß verändern sich ja - deswegen haben es ja auch Klassiker wie TALISMAN oder TITAN heute sehr schwer, dieselbe Begeisterung bei Neuspielern auszulösen, wie eben zu ihrer Zeit.
    Bei "alten" Spielen denkt man einfach angesichts gewisser Mechaniken: "Oh, das würde man heute aber mit Mechanik XXX lösen." Die war damals eben noch unbekannt.


    Mir fallen nur wenige Spiele ein, die ich wie z.B. SvC auch noch nach 15 Jahren noch genau so gerne Spiele.


    Beim Spielspaß ist übrigens aus meiner Sicht (ich habe das hier im Forum schon mehrfach angesprochen, auch in eigenen Threads) die Zahl der Partien ebenfalls maßgebllich. Wie lange "trägt" das Spiel? Sozusagen der Metaspannungsbogen über mehrere Partien.


    Ein LE HAVRE habe ich auch nach etwa 5 Partien immer noch nicht ganz verstanden, ein ECLIPSE schon nach der ersten Partie.

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  • Hiho,


    Das liegt imo aber am Anspruch der sich mit der Zeit verändert. Das Spiel an sich ist ja absolut und es ist ja unverändert (es sei denn man spielt nach neuen Regeln oder so).


    Es gibt halt solche und solche Spiele. A&A ist immer noch so gut wie es vor 22 Jahren war (da hab ich es das erste mal gespielt). Siedler imo ebenso, bzw. ich fand es nie so doll - aber ich finde es jetzt nicht weniger doll oder super.
    Ähnliches gilt eigentlich für alle "alten" Spiele. Dampfross gefällt mir jetzt auch nicht schlechter oder besser oder Die Wahlschlacht (man, das waren noch Zeiten :) ).
    Es ist halt nur so das der Anspruch etwas verschoben hat.


    Es gibt natürlich auch ausnahmen. "Das Spiel des Lebens" aber das Gefällt mir nicht erst seit Heute nicht mehr. Das ist schon seit 15 Jahren so. Ist halt ein "normaler" Prozess. Man spielt ein Spiel und ist total begeistert und nach und nach stellt sich raus, dass das Spiel irgendwie total effe ist. Letzter aktueller Fall: Dominion. War ich total begeistert von und habs gespielt und gespielt ... und nach der ersten Begeisterung guckt man mal tiefer rein und stellt fest: Da iss nix. Ist natürlich im vergleich zu "Das Spiel des Lebens" jetzt echt brutal, aber es ist letztendlich der selbe Prozess (Dominion ist ein weitaus besseres Spiel als DSdL, keine Frage).
    Das sind aber zwei unterschiedliche Sachen. Die "guten alten" Spiele, sind angesichts von neuen, viel eleganteren und besseren Spielen halt relativiert, d.h. der persönliche Bewertungsmaßstab hat sich geändert.


    Atti