Vielleicht kommt das, weil ich schon ZU viele verschiedene Spiele gespielt habe und daher - ähnlich wie ein Drummer, der nicht mehr einfach so Musik hören kann, sondern immer auf den Beat achten - immer schon Aspekte eines Spiels beim Spielen innerlich bewerte und abschätze:
Mir sind gestern beim Spielen von Wundersame Kreaturen zwei Dinge aufgefallen, die mich kolossal nerven - oder ich bräuchte den passenden Brettspielautor, der mir erklärt, WARUM er sich für diese Variante entschieden hat und nicht für etwas anderes. Ich beobachte beide Dinge eher bei nicht-Expertenspielen und beide haben für mich was mit Gerechtigkeit zu tun:
1) Wettrennen mit Vorsprung
In Spielen gibt es immer wieder Achievements, die man bekommen kann, wenn man gezielt drauf hinspielt und/oder schneller ist. Auch in diesem Spiel: Hast Du 14 Karten ausgespielt, gibts 15 Punkte. Ein Startspieler hat hier eindeutige Vorteile: Eigentich bekommt er beim Wettrennen um das Achievement ja schon mal 5m Vorsprung, denn selbst wenn jemand anders das Achievement vor ihm schafft, dann deswegen, OBWOHL er nicht Startspieler war. Gibt es mehrere verschiedene Sorten von Achievements (habe 10 Vögel, habe 10 Affen), dann ist das schon wieder gerechter, denn wenn Spieler 1 auf Vögel spielt, kann Spieler 2 auf Affen gehen (wenngleich Spieler 1 immer noch den Vorteil hat, sich das auszusuchen). Gerade aber Spieler 4 hat da schon einen deutlichen Nachteil (bei wundersame Kreaturen schon deshalb, weil die besten Worker Placement spots weg sind und man nur 2 statt 3 Ressourcen bekommt). Allgemeine Achievements, die aber eh jeder im Spiel irgendwann erreichen wird (habe x karten) sind da deutlich problematischer.
2) Spielende
Es gibt viele Möglichkeiten, wie das Spiel endet: sofort / Runde zuende Spielen / Runde +1 zuende spielen / Alle sind noch einmal dran / alle anderen sind noch einmal dran
Und in der Gruppe gibt es für mich einige persönliche Favoriten, aber zumindest eine Wahl, die ich absolut nicht nachvollziehen kann: "Alle anderen Spieler sind noch einmal dran". Insbesondere bei einem Spiel, wo das Spielende nicht dadurch ausgelöst wird, dass jemand eine bestimmte Punkteschwelle überschreitet, sondern einfach nur irgendeine Kondition erfüllt (Stein ist alle, letzte Trophäe genommen), ist es doch seltsam, allen ANDEREN Spielern (die potentiell deutlich mehr Punkte haben) noch eine weitere Möglichkeit zu geben, Punkte zu machen. Insbesondere, wenn NICHT der Startspieler beendet, ist es doch absurd, weil er dann einmal mehr dran war als derjenige, der beendet hat. Und das bei einem Spiel, wo man pro Spielzug ne bestimmte Menge an Punkten macht. Wenn man sich mal vorstellt, dass dieser Extra-Spielzug nicht am Ende des Spiels passiert, sondern zu Beginn des Spiels: da würde doch die Ungerechtigkeit deutlich mehr auffallen?
In beiden Instanzen versuche ich immer, den Benefit of a doubt gelten zu lassen und denke mir, dass die Autoren das sicherlich sehr intensiv überlegt haben, warum sie das so machen - ich verstehe halt nicht, warum sie sich so entschieden haben, wo es doch so einfach wäre, die Probleme bei beiden Varianten zu fixen:
Bei 1) nimmt man einfach keine Achievements, die einfach zu erfüllen sind ODER sagt: "WENN jemand eins erfüllt, haben alle anderen bis zum Ende der Runde auch die Möglichkeit das noch für dieselben Punkte zu erfüllen". Und bei 2: Runde zuende Spielen - oder wenn es einem wichtig ist, dass man nicht den Frustmoment von "ach männo ich wollte doch noch..." hat: Runde zuende und dann noch eine.
Für mich bleibt am Ende nur festzustellen, dass beide Aspekte für mich ein Zeichen von schlechtem Spieldesign sind. Und, dass ich solche Spiele nicht mehr einfach so genießen kann. Ich spreche hier zwar über Wundersame Wesen, aber das steht ja nur exemplarisch für viele Spiele, die so ähnlich funktionieren.