Es gibt Spiele, die elektrisieren mich einfach. Meist sind dies Videospiele, gelegentlich aber auch Brettspieltitel.
Diese Spiele lassen mich nicht los und ziehen mich magisch an den Controller oder Spieltisch.
Kingdom Legacy ist so ein Spiel. Da ich bislang wenig hier lesen konnte, eröffne ich hiermit feierlich meinen ersten Thread.
Dabei hatte ich das Spiel gar nicht auf dem Schirm, zumal ich eher selten Brettspiele solo Spiele (KL ist ein reines Solo-Vergnügen). Vor zwei Wochen hatte ich mich noch mit einem Freund unterhalten und er meinte, einige Verlage leben im Kern von einem einzigen Titel, so wie bspw. Fryxgames von Terraforming Mars.
Kingdom Legacy hat das Potential, dies zu ändern.
Ich hatte mein Spiel gestern in der Post (durch chronisches Ausverkauftsein in Bulgarien bestellt) und konnte es kaum aus der Hand legen. Montags ist eigentlich mein NHL-Abend, wo ich die Spiele vom Vortag, dank eines Festplattenreceivers, ohne Werbung geniesse. Gestern wurde der Fernsehabend zu einem Hörspielvergnügen.
Für rund 15€ bekommt man eine kleine Schachtel, die an einen Magic-Starter erinnert. Darin befinden sich 140 Spielkarten, zwei Bögen mit Aufklebern, eine kleine Anleitung und ein Registrierungscode.
Die meisten der 140 Karten sind beidseitig bedruckt, sehr viele sogar nochmals in der Mitte geteilt, so daß man sie in vier Stadien im Spiel haben kann. Im Anhang seht ihr die Vorder- und Rückseite von Karten 03 und die Rückseite von Karte 08. Da man die ersten 10 Karten bereits von Anfang an kennt, verrate ich an dieser Stelle nix.
Diese 10 Karten dürfen von beiden Seiten betrachtet werden (das gilt auch für alle weiteren Karten, die ins Spiel kommen) und werden am Anfang jeder Rund mit der Vorderseite nach oben gemischt. Dabei ist die Ausrichtung der Karten entscheidend, denn nur die richtig herum lesbare Seite wird genutzt. Die Karten kommen in der Regel so ins Spiel, dass die Seriennummer der Karte lesbar ist. In einem Zug spielt man die obersten Karten des offen Stapels in die Tischmitte. Dann hat man verschiedene Möglichkeiten. Man kann bspw. zwei weitere Karten in die Spielmitte spielen, wobei die oberste Karte des Kartenstapels bereits sichtbar ist. Das gibt einem möglicherweise mehr Rohstoffe, verkürzt aber auch die aktuelle Spielrunde. Dieses "Nachziehen" kann beliebig oft wiederholt werden. Man kann Karten auf den Ablagestapel werfen, um die oben links befindlichen Rohstoffe zu generieren. Die sind virtuell vorhanden und müssen im aktuellen Zug verbraucht werden. Man verbraucht sie, um Karteneffekte zu nutzen, oder Karten aufzuwerten. Hätte ich bspw. zwei Gold im Pool, konnte ich Wild Grass in Plains umwandeln. Die Karte wird dann gedreht auf den Ablagestapel gelegt. Plains kann mit drei Gold in Farmlands umgewandelt werden (dazu wird die Karte umgedreht). Der letzte Schritt wären die Food Barns. Die bringen am Ende in Form von einem Siegel drei Siegpunkte und haben zukünftig auch eine Sonderfunktion - sie bleiben im Spiel. Wichtig, wann immer eine Karten umgewandelt wird und dabei ein Pfeil sichtbar ist, wird der Spielzug beendet. Alle noch in der Tischmitte verbleibenden Karten müssen auf den Ablagestapel geworfen werde. Ausnahme: Karten wie die Food Barns bleiben solange im Spiel, bis ich ihre Rohstoffe nutze.
Dann gibt es Karten wie Sacred Well. Entweder behalte ich sie, um ihre Rohstoffe zu nutzen und am Spielende zwei Siegpunkte zu erhalten, oder ich zerstöre die Karten und darf mir dafür einen Shrine (Karte 82 oder 83) aus dem Stapel heraussuchen und auf meinen Ablagestapel packen. Das ist einer der Knackpunkte im Spiel, denn ich darf mir die Karten vor der Entscheidung nicht ansehen, weiß also nicht, was ich tatsächlich erhalte.
Kann ich am Anfang eines Zuges keine Karten mehr spielen, weil mein Nachziehstapel leer ist, endet die Runde. Dann werden mögliche "am Ende der Runde" Effekte ausgelöst. Für die Folgerunde ziehe ich die nächsten zwei Karten aus der Verpackung, um sie meinem Ablagestapel hinzu zu fügen. Im Laufe des Spiel wird mein deck also größer. Wie in anderen Legacy-Spielen auch, können aber auch neue Regeln auftauchen.
Den ganzen Vorgang wiederhole ich, bis schließlich Karte 70 meinem Deck hinzugefügt wurde. Meinen finalen Siegpunkte kann ich mit Hilfe des Codes auf der extra für das Spiel angelegten Website registrieren, wo ich meine Punkte mit denen andere Spieler vergleichen kann.
Im Kern bietet Kingdom Legacy nichts Neues. Wir bekommen Deckbau, Ressourcen-Management, Multicard Use, gepaart mit Legacy-Elementen. Der Reiz liegt in der Simplizität und Eleganz des Systems. Immer wieder muss man schwierige Entscheidungen treffen, die letztlich dazu führen, dass kein entstandenes Königreich wie das andere ist. In einer einzigen Partie wird man nie alle Karten zu Gesicht bekommen und man fragt sich ständig, habe ich die richtige Wahl getroffen. Ich selber habe derzeit ca. 3/4 des Spiels hinter mich gebracht und werde im Anschluß an diesen Bericht, mein Spiel zu Ende bringen. Am Ende werde ich zwischen 4-6 Stunden benötigt haben, was ich Angesichts des Preises fair finde. Da man allerdings den Legacy-Aspekt leicht umgehen kann (dazu unten mehr), halte ich das Preis/Leistungsverhältnis für absolut großartig. In der Box befinden sich drei kleine Erweiterungen, zwei extra Tüten für jeweils 9 € erweitern das Spiel mit neuen Karten. Um eine Kampagne bis zum wirklichen Ende zu führen, soll man bis zu 10 Erweiterungen addieren können, für Dezember sind weitere Erweiterungen geplant. Auch sind weiter Grundspiele geplant (wie bspw. Ägypten).
Natürlich gibt es auch ein paar Wermutstropfen. Fryxgames verwendet für KL AI-Artwork, dass mag nicht jeder. Die Regel ist ok, ich allerdings musste ein paar Fragen bei BGG und auf der Kingdom Legacy Seite klären (dort gibt es ein Verzeichnis aller Karten). Ich empfand einige Icons als nicht besonders intuitiv. Auch bin ich kein Freund des Spielezerstörens. Ich verstehe, warum Fryxgames aus ökonomischer für jedes Königreich eine neue Grundbox verkaufen möchte, empfinde das aber nicht als zeitgemäss. Tatsächlich gibt es auch einen praktischen Grund Sleeves zu verwenden. Spiele ich ohne Sleeves, dürfen mir die Karten beim Mischen nicht aus der Hand fallen, darf ich nichts durcheinander bringen, ohne die Partie zu sabotieren. Den Streß möchte ich mir gar nicht machen.
Ich persönlich habe noch einen großen Vorrat von Blackfires Double Matte Sleeves. Wenn ich eine Karte aufwerte, ziehe ich sie kurz aus der Hülle und drehe sie so, dass die aktuelle Seite nach oben zeigt. Da die diese Hüllen eine weniger transparente Rückseite haben, kann ich mich also auch bei Vorder- und Rückseite nicht vertun. Trotzdem kann ich die Rückseite inspizieren, um mir Gedanken über den weiteren Spielverlauf zu machen. Auf BGG hat jemand die Sticker als pdf. Download hoch geladen, die schneide ich einfach aus und werfe sie bei Bedarf in die Sleeves. Ich werde mir aber Klebeblätter für meine Drucker besorgen, um die Sticker zukünftig auf den Sleeves zu platzieren.
Ich habe es Eingangs schon erwähnt, KL hat mich gepackt, wie schon lange kein Titel mehr und das obwohl ich bei Brettspielen kein begeisterter Solospieler bin. KL ist schnell ausgepackt und blitzschnell wieder eingepackt. Ich kann eine einzelne Spielrunde spielen, oder wie gestern mehrere Stunden fast süchtig davor hocken.
Auf jeden Fall freue ich mich auf mehr!