Im Thread zur Schmiedekampagne von Beast haben sich Thygra und Ben2 darüber unterhalten, ob Spiele mit randomisiertem Spielaufbau besser seien als jene ohne und ob dadurch eine gewisse Langlebigkeit garantiert bliebe, die vielen bei Spielen mit statischem Aufbau fehle, da diese Spiele dazu neigten, dass die Spielenden sich schnell "satt" daran spielen würden und weiterzögen.
Ok, der Anfangssatz wird wahrscheinlich viele (un-)glücklich machen, die ein neues Thema von mir geöffnet haben und genau so etwas erwartet haben. Ich muss aber sagen, dass ich diese Thematik viel zu interessant fand, als dass ich sie in dem anderen Thread - in welchem sie zudem stark in Richtung off-topic driftete - einfach untergehen lassen möchte. Das sind die beiden Posts, die ich zu diesem Thema und für die Eröffnung einer Diskussion am spannendsten empfand. Eine solche Diskussion wäre in dem Thread selbst unpassend gewesen und hätte auch nur die dortigen Leser/Schreiber erreicht, die aber eigentlich nur etwas zu Beast lesen/schreiben wollen - zumal mich selbst Beast nicht interessiert .
Alles anzeigenZitatIch finde den Satz spannend - gebe dir natürlich vollkommen Recht, habe aber in den letzten Wochen 2 Dinge dazu gelesen, die ich generell für sehr spannend halte.
Es ging um die Frage, warum Spiele mit Input-Varianz (also Randomized Setup) BESSER bewertet werden, als Spiele mit einem fixed Setup. Also die gute Frage zu "Wie hoch ist der Wiederspielreiz". Und hier konnte man feststellen, dass Spiele mit randomized Setup als "wiederspielbarer" und mit immens höherem Wiederspielreiz eingestuft werden als Spiele mit fixem Setup. Dazu gibt es - und das ist die zweite Komponente - den Ansatz, dass ein Spiel mit fixem Setup "gelöst" werden kann. Man also sagt "Das muss man immer so spielen". Nach dieser Logik bräuchte niemand mehr Schach spielen.
Warum ist das aber so? Weil man bei einem randomized Setup eher davon ausgehen kann, dass nicht automatisch der "bessere" Spieler gewinnt. Der mit der höheren Spielerfahrung {gibt natürlich dennoch immense Vorteile}, soll also nicht die besseren Strategien kennen und die Antworten auf diese Strategien. Da sich alle Spieler immer auf die neuen Begebenheiten einstellen müssen, soll hier nivelliert werden.
Jetzt kommt die GANZ spannende Frage. MUSS ein Spiel das leisten? Also ist es unsere Aufgabe als Redakteure, dass Spiele das bieten? Und eben auch: Das Spiele eben keine Strategien haben, die einfacher zu spielen sind und deswegen dominieren?
Die Frage hört sich erstmal absurd an - aber wenn man sagt: Spiele, die das bieten, verkaufen sich deutlich mehr in der Masse, weil sie in den Erstpartien eine bessere Erfahrung liefern (wen interessiert schon, was passiert, wenn man ein Spiel 20 Mal gespielt hat, wenn eh keiner mehr ein Spiel 20 Mal spielt) ist das dann nicht nur sinnvoll und Gewinnmaximierend so zu arbeiten? Sind wir zu "amateurhaft", wenn wir das NICHT machen?
Zitat von Ben2Denn GERADE Expertenspieler spielen ja vielleicht 1x - dann muss es schon komplett zünden. Und wie oft spielt ein Expertenspieler heute ÜBERHAUPT noch ein Spiel 5-10x
Ich halte das für eine typische Unknowns-Blasenbetrachtung. Die meisten Kenner- und Expertenspiele-Spieler, die ich persönlich kenne, spielen Spiele bei Gefallen eher 20-30 Mal als 5-10 Mal. Diese Menschen sind nicht hier bei Unknowns aktiv, sie sind nicht dem "Cult of the New" verfallen und wollen nicht jedes Jahr 100 oder 200 neue Spiele ausprobieren. Sondern die probieren vielleicht 10-30 Spiele im Jahr aus und kaufen sich dann 3-15 davon. (Alle Zahlen gefühlt aus der Luft gegriffen.)
Klar ist die Erstpartie immer eine Hürde. Aber diese Hürde liegt halt bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich hoch. Bei den Menschen, von denen ich gerade spreche, muss die Erstpartie nicht "komplett zünden". Sondern sie muss den Eindruck erwecken, dass es in dem Spiel noch eine Menge zu entdecken gibt. Und das ist bei asymmetrischen Spielen übrigens mit größerer Wahrscheinlichkeit der Fall.
Wenn ich das letzte Zitat aufgreife, dann bin ich jemand, der eigentlich aus dieser Betrachtung herausfällt und zwischen den Stühlen sitzt. Ich besitze keinen PoS, kaufe aufs Jahr verteilt gezielt Spiele und verkaufe diese oder andere aus der Sammlung im Anschluss auch wieder, wenn mir einer der Titel besser/schlechter gefällt und nichts Neues in die Sammlung bringt, sondern nur ein weiterer Titel in Genre X sein würde, dem ich aber andere bereits in der Sammlung befindliche Spiele vorziehen würde.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass es gerade hier im Forum bei all diesen "Ich habe mir gerade noch schnell X gekauft. Bei dem Rabatt konnte ich nicht wiederstehen.", "Y habe ich bei Kickstarter mal mitgenommen." und "Mist, jetzt habt ihr mich wieder. Habe auch den neuen Hypetitel Z gekauft!!!" eher die Ausnahme ist, dass man die Sammlung stark reduziert und nicht noch 15 Kampagnenspiele auf halde liegen hat. Die Beweggründe dafür sind genau die, die im zweiten Zitat angerissen werden: ich lerne gerne neue Spiele kennen, möchte aber die wirklich guten (welche ich gespielt habe und besitze) dann auch wirklich auskosten. In einigen Fällen weiß man am Anfang bereits, dass das Spiel einem nicht liegt, auch wenn man etwas anderes erwartet haben mag, doch im Regelfall passiert mir sowas durch das Informieren vor dem Kauf nur selten und selbst wenn es auftritt, bekommt das Spiel noch zwei oder drei Chancen, da viele Faktoren mit hineinspielen und am Ende in weiteren Runden einen anderen Eindruck hinterlassen können.
Nun ging es natürlich nicht nur um Neukäufe in dem Thread, sondern explizit auch darum, wie sich ein variabler Aufbau auf die Akzeptanz und Wahrnehmung in der Spielerschaft auswirkt. Für mich braucht es nicht zwingend die Varianz. Cooper Island ist vom Aufbau und den Möglichkeiten zum Start immer gleich (zumindest sofern man nicht die Postkarten-Erweiterung nutzt). Bei mir hat sich das Spiel trotzdem nicht abgenutzt und ich würde es auch weitere 20 Mal ohne diese Postkarten spielen, obwohl der Aufbau exakt gleich ist. Die neuen Boote sind nett, bringen eben auch etwas an Varianz ins Spiel, aber mindern nicht den Spielspaß, wenn sie nicht dabei sind. Garantiert sehen andere Spieler:innen dies anders, aber für mich ist das Spiel abwechslungsreich genug, selbst wenn es rein vom Aufbau arm an Varianz ist. Das Spannende am Spiel passiert während des Spiels durch die Aktionen der anderen.
Bei Brass variieren die Waren an den Randfeldern, wodurch ein wenig Umdenken in den Partien nötig wird, auch wenn sich sonst am Spiel mit den Karten nichts verändert. Die ausgeteilten Handkarten selbst sind natürlich andere, wie beispielsweise auch bei Terraforming Mars. Terraforming Mars ist in dieser hinsicht natürlich noch extremer, da der Kartenstapel immens groß ist und man nicht abschätzen kann, ob man noch die passende Brauerei bekommt. Bei Brass kann ich jedoch mitigierend eingreifen, indem ich mir zwei Jokerkarten mittels einer Aktion hole. Theoretisch sind dadurch ähnliche Spielweisen möglich, denn selten sind die Karten so schlecht, dass ich eine Strategie gar nicht verfolgen kann. Die Möglichkeiten sind immer da, es stellt sich nur die Frage wie effizient man etwas spielen kann. Die Varianz von Partie zu Partie ist hier gegeben, jedoch in deutlich geringerem Maß als beispielsweise bei Arche Nova. Dort sind die Spielpläne eventuell anders aufgebaut, die Boni anders verteilt und die Kartenhand, Artenschutzprojekte und Auslage sind in den seltensten Fällen ähnlich wie im Spiel zuvor.
Ich persönlich mag alle drei Varianten. Bei Cooper Island muss ich mich im Spiel auf die anderen einstellen, bei Brass muss ich mir zunächst die lieferbaren Güter anschauen und im Anschluss meinen Plan überlegen. Bei Cloudspire ist der Aufbau der Map immer gleich, die zu erkundenden Landmarks variieren ein wenig, jedoch rührt die Varianz sonst nur von der gegnerischen Fraktion her. In diesem Spiel steckt beispielsweise eine enorme Tiefe, obwohl relativ wenig von Partie zu Partie variiert oder variieren muss. Wasserkraft bringt durch die Verteilung des Wassers und Nationen/Architekten auch ein angenehmes Maß an Abwechslung, ohne dass am grundlegenden Spielaufbau oder -ablauf etwas geändert wird. Bei Arche Nova oder TfM ist der Zufall natürlich viel stärker vertreten, da die Karten zueinander passen können oder auch gar nicht. Mit bescheidener Kartenhand und unglücklicher Auslage von Karten und Artenschutzprojekten wird es für manchen deutlich schwieriger als für andere. In meinen Augen liegt darin dann auch etwas die Herausforderung, besser oder belohnender als einen Sieg in Cooper Island macht es das am Ende für mich nicht (und ja, bei Cooper Island kann ich mit passenden Gebäuden beim Bau auch mehr oder weniger Glück haben). Der Anreiz Spiele mit höherem Zufallsfaktor öfter zu spielen, den sehe ich für mich nicht als ausschlaggebendes Kriterium, auch wenn ein gewisses Maß an Varianz manchem Spiel sicherlich gut steht.
Ein variabler Spielaufbau kann aber auch frustrieren. Werden verdeckte Plättchen gelegt und erhalten die Mitspieler für sie passende Boni, während ich unnützen Kram erhalte, dann nervt ein zufälliger Aufbau eher. Bei Cry Havoc kann ich beispielsweise Glück haben, ein Plättchen mit einem Trog (Gegner) ziehen und damit die Kontrolle über das Gebiet relativ einfach erlangen, während beim Mitspieler eventuell drei Trogs unter dem Plättchen lauern. Ja, dafür ist das Gebiet dann auch mehr wert, wenn ich aber zu Beginn eventuell die wichtige Kontrolle über ein Gebiet nicht erhalte, während jemand anders am Tisch nur einen Trog bekämpfen muss und durch die Erkundung noch zwei Verstärkung in eben jenes Kampfgebiet erhält, dann mindert das eher den Spaß, als dass es motiviert das Beste daraus zu machen.
Die Dosis macht das Gift ist hier gar nicht mal so verkehrt aus meiner (!) Sicht. Ich weiß Varianz in Spielen durchaus zu schätzen, bin aber auch mit "statischem" Aufbau zufrieden, wenn das Spiel selbst sich durch die verwendeten Mechanismen nicht immer gleich anfühlt. Schema F möchte ich nicht immer spielen, auch wenn dies am Ende den Sieg verspricht. Jedoch sollte die Varianz in einem verträglichen Rahmen sein. Zu viele Faktoren führen am Ende eher dazu, dass jemand "BROKEN!!!" schreit, weil beispielsweise der Nachbar bei Scythe die "verbotene" Kombination aus Nation und Produktionsboard erhält, während es bei einem deutlich schlechter passt und man abgehängt wird. Muss ich bekannte Vorgehen aber abändern und ein wenig anpassen, dann kann dies für mich schon der kleine Teil sein, der die Spannung auch nach vielen Partien hochhält.