Prototypen bei Spieleverlagen

  • Jetzt nachdem sich auch ein paar Verlage registriert haben würde mich ja mal interessieren, wie viele Prototypen so im Durchschnitt pro Jahr mit dem Wunsch um Veröffentlichung eingereicht werden. Ist die Tendenz in den letzten Jahren eher rückläufig, oder werden es von Jahr zu Jahr mehr Protos?


    Werden die Prototypen eigentlich immer besser, die eingereicht werden und wie innovativ sind sie denn? Läßt sich schon ein Trend für das Jahr 2008 ableiten - ich denke doch, daß heute die Prototypen für die Spiele eingereicht werden, die dann nach redaktioneller Bearbeitung im Jahr 2008 veröffentlicht werden - oder?

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • ... will sich keiner äußern? Handelt es sich hierbei um geheime oder zumindest sensible Informationen? Schade - ich dachte meine Neugierde würde befriedigt werden! :undecided:

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  • Ich grabe heute mal ganz tief und mache MrDirtymouth damit Konkurrenz. Aber hier ist das Thema, der Zeitpunkt seiner Eröffnung und das Verschwinden in den ewigen Forengründen tatsächlich mit einem anderen kulturellen Phänomen vergleichbar. In der aktuellen Staffel von Stranger Things erfährt der Song „Running up that Hill“ von Kate Bush aus den 80er-Jahren eine unerwartet erfolgreiche Renaissance. Und schafft es 37 Jahre nach Erstveröffentlichung u. a. an die Spitze der britischen Charts (als zweite Single von ihr überhaupt). Das freut mich ganz besonders, da ich quasi mit ihrer Musik aufgewachsen bin (mein Vater war und ist ebenfalls ein großer Fan von ihr).


    Mittlerweile haben sich hier ja noch viel mehr Verlage registriert und sind aktiv. Darum möchte ich die Frage von Sankt Peter hiermit erneuern. Und um eine Frage ergänzen, die ich auch an die Autor*innen im Forum richte: Wie lange hat es bei euch gedauert, bis aus einem Prototyp ein bei einem Verlag veröffentlichtes Spiel geworden ist?

  • Ich arbeite zwar bei keinem Verlag mehr, aber das ist völlig unterschiedlich. Bei Ravensburger werden es ein paar hundert sein, bei kleineren Verlagen entsprechend weniger. Zudem besuchen die Redakteure bestimmte Treffs um potenzielle Spiele zu sichten.


    Ob sich die Qualität der eingereichten Spiele verbessert hat, kann ich aktuell nicht beurteilen, aber ich vermute, dass dies nur bedingt der Fall ist. Soll heißen, dass die, die interessante und moderne Spiele einsenden, vermutlich einen inzwischen höheren Standard haben, aber bei dem Teil, die etwas einreichen, weil es "in der Familie total super ankommt", wird sich vermutlich nicht viel geändert haben.


    Auch bei der Erfolgsgeschichte ist es komplett unterschiedlich, da es an vielen Faktoren liegt. Kann dein Spiel etwas? Welche Zielgruppe hat es? Welchem Verlag hast du es gezeigt? Hat der Verlag noch freie Slots für ein weiteres Spiel (das können Jahre sein)? usw. usf..


    Für PeterRustemeyer würde ich sagen, ging es relativ zügig, aber auch bei ihm waren es ein paar Jahre(?), bis es geklappt hat. Ich würde im Schnitt von 1-2 Jahren ausgehen, sofern der Prototyp schon weit fortgeschritten eingereicht wurde. Das Ganze muss ja noch komplett bearbeitet werden (welches Material wird benötigt, wo lasse ich wann produzieren und natürlich die Grafik / Illustrationen).


    Der gute Thygra kann da sicherlich Bücher drüber schreiben. :)

    Einmal editiert, zuletzt von H8Man ()

  • Bei Ravensburger werden es ein paar hundert sein, bei kleineren Verlagen entsprechend weniger.

    Das dürfte eher pro Quartal gelten. ;)

    Aktuelle Zahlen habe ich nicht, aber Ravensburger hatte früher vierstellige Zahlen pro Jahr und hat deshalb inzwischen eine Agentur-Schranke vorgeschaltet.

    Von Amigo glaube ich mal Zahlen irgendwo zwischen 400 und 600 pro Jahr gelesen zu haben.

    Alleine bei den Pegasus Designer Days im März wurden ca. 260-280 Spiele vorgestellt.

    Das nur mal als ein paar Anhaltspunkte.

  • Für PeterRustemeyer würde ich sagen, ging es relativ zügig, aber auch bei ihm waren es ein paar Jahre(?), bis es geklappt hat. Ich würde im Schnitt von 1-2 Jahren ausgehen, sofern der Prototyp schon weit fortgeschritten eingereicht wurde. Das Ganze muss ja noch komplett bearbeitet werden (welches Material wird benötigt, wo lasse ich wann produzieren und natürlich die Grafik / Illustrationen).

    Herbst 2018 Vorvertrag (zur exklusiven Bearbeitung), Mitte 2019 Vertrag (da war klar, das wird was), ab Frühling 2020 eigentlich nur noch Grafiken und Gedöns, Oktober 2020 Release. Also ziemlich genau 2 Jahre.


    Aber die hatten auch Lust drauf und haben von Anfang an (und durchgehend) redaktionell dran rumgepopelt.


    Oft liegen Prototypen erstmal ein paar Jahre ungespielt im Regal herum. Da stapelt sich in den Redaktionen teilweise Material für Jahrzehnte.

    (es macht als Autor durchaus Sinn, immer wieder mal nachzuhaken, wie es denn gerade steht, und im Zweifelsfall den Prototyp zurückzufordern)


    Es kann auch gut passieren, dass das Spiel zwischendurch pausieren muss, weil irgendwas nicht passt (dann darf der Autor wieder popeln). Oder dass es trotz Vertrag doch noch komplett abgeblasen wird.

  • Oft liegen Prototypen erstmal ein paar Jahre ungespielt im Regal herum.

    Das ist IMHO deutlich übertrieben. Es kommt zwar durchaus vor, dass Spiele auch mal ein Jahr oder länger im Regel liegen. Aber "oft" erweckt hier einen falschen Eindruck, ich würde es eher mit "ab und zu" beschreiben.

  • Oft liegen Prototypen erstmal ein paar Jahre ungespielt im Regal herum.

    Das ist IMHO deutlich übertrieben. Es kommt zwar durchaus vor, dass Spiele auch mal ein Jahr oder länger im Regel liegen. Aber "oft" erweckt hier einen falschen Eindruck, ich würde es eher mit "ab und zu" beschreiben.

    Diese Aussage von Thygra kann ich bestätigen.

    Ralph Querfurth
    KOSMOS Verlag

  • Oft liegen Prototypen erstmal ein paar Jahre ungespielt im Regal herum.

    Weil Ralph Querfurth - KOSMOS darauf geantwortet hat … ist mir die Entstehungsgeschichte des sogenannten Gebrauchsspiels Just 4 Fun von Jürgen P.K. Grunau wieder eingefallen. Vor vielen Jahren hatte er den Kolleg*innen beim Stammtisch erzählt, dass er dieses Spiel über zehn Jahre unangetastet bei sich (nicht in der Redaktion!) im Regal liegen hatte, bis es schließlich doch noch einen Verlag gefunden hat. Und diese Geschichte hat 2010 auch in die Wanderausstellung „Wie entsteht ein Spiel?“ Einzug gehalten:

    Zitat von Jürgen P.K. Grunau zur Entstehung von Just 4 Fun

    Anfang der 90er Jahre hatte ich mir das Ziel gesetzt das Spielprinzip der schönen Zweipersonenspiele „Gobang“ und „4 Gewinnt“ dahingehend zu entwickeln, dass das Prinzip mehrere Felder nebeneinander besitzen zu müssen, um zu gewinnen, auch für mehr als 2 Spieler funktionieren sollte und das ein Glücksfaktor ins Spiel Einzug halten sollte. Das Ergebnis bekam von mir den Titel „Mach 4“ und fiel bei allen Verlagen durch, da zur damaligen Zeit abstrakte Spiele vom Marketing mit Skepsis betrachtet wurden. Das Spiel landete in meinem Prototypenlager aus dem ich es 2005 wieder hervorholte und der „Spielbox“ anbot, die es als „Spiel im Heft“ (2/2005) veröffentlichte. Diesen Spielplan habe ich mir rahmen lassen und bei den Göttinger Spieleautorentagen auf meinem Tisch ausgelegt.


    Hier fiel es Fritz Gruber vom Kosmos Verlag ins Auge. Ein schnelles Testspiel und für ihn war klar, das ist was für uns. Er konnte weitere Entscheidungsträger im Verlag überzeugen, und das Spiel erschien 2006 unter dem Namen „Just 4 Fun“. (…)

    Wenn sich jetzt jemand fragt, woher ich das Zitat habe: Ich war damals für die Spiele-Autoren-Zunft im Ausstellungsteam und hab die Roll-Ups layoutet.

  • Ob sich die Qualität der eingereichten Spiele verbessert hat, kann ich aktuell nicht beurteilen, aber ich vermute, dass dies nur bedingt der Fall ist. Soll heißen, dass die, die interessante und moderne Spiele einsenden, vermutlich einen inzwischen höheren Standard haben, aber bei dem Teil, die etwas einreichen, weil es "in der Familie total super ankommt", wird sich vermutlich nicht viel geändert haben.

    die Qualität der Grafiken der Protoytpen hat sich um Welten verbessert. Die modernen Hilfsmittel sorgen dafür, dass die Prototypen teilweise wie fertigt designte Spiele aussehen. Die Qualität der Spiele an sich kann dann leider nicht unbedingt mithalten.


    Früher waren im Prototypenregal auch (teilweise) Protos die lange (>12 Monate) "abgehangen" waren

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • Ich kann nur aus dem Bereich Kinderspiele berichten und da habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht.


    Bisher längste Dauer bis zu einer Zusage.
    Der Verlag erhielt den Prototypen auf dem Spieleautor*innen-Treffen in Göttingen 2019, die Zusage erfolgte 34 Monate später.


    Bisher kürzeste Dauer bis zu einer Zusage.
    Der Verlag erhielt den Prototypen auf dem Spieleautor*innen-Treffen in Göttingen 2022, die Zusage erfolgte 1 Tag später.


    Längste Dauer ohne Zu- oder Absage.
    Der Verlag erhielt den Prototypen auf der Nürnberger Spielwarenmesse 2020 und ist wohl weiterhin daran interessiert. Es kommen zumindest immer wieder Rückmeldungen von dem Redakteur, so dass ich davon ausgehe, dass der Prototyp nicht einfach im Regal verstaubt.

    Ich möchte eigentlich immer lieber gestern als morgen eine Rückmeldung von einem Verlag erhalten. Manche Dinge dauern allerdings eine gewisse Zeit und inzwischen bin ich da recht entspannt was die Dauer angeht.

    Autor von: Deep Dive (Logis), Quaki (Beleduc), Papaya Boats (Piatnik)

  • Längste Zeit bis zur Absage: > 2 Jahre ;)


    Wohl weil sie durch Corona nicht genug Leute bekamen, um in voller Spielerzahl zu testen. Dafür gab es aber 2 Seiten Brief als Antwort, bei dem man merkte, dass sie sich wirklich damit beschäftigt hatten. Fand ich sehr nett!