Gutenberg (Granna 2021, Huch 2022)

  • Ein Spiel der Herbstneuheiten zog meine Aufmerksamkeit auf sich, und so landete Gutenberg vom polnischen Verlag Granna - Erstlings-Werk zweier mir unbekannter Autoren - in den Vorweihnachtseinkäufen und jetzt auf dem Spieltisch. Da es keinen eigenen Thread zum Spiel gibt, mach ich damit einen auf und versteck das nicht im Wochenbericht.

    Jeder Spieler ist Besitzer einer kleinen Druckwerkstatt in Zeiten des neu aufkommenden Gewerbes und bemüht sich um lukrative Aufträge. Diese kommen in Form zweier Arten Karten daher, die kombiniert werden. Während ein Teil die Pflicht in Form von zwei bis fünf zu druckenden Typen beschreibt (und bei Erledigung Geld einbringt), gibt die andere Karte zwei optionale Teilaufgaben vor, die - wenn mit erledigt - die auch hier so begehrten Siegpunkte mit sich bringen. Während man Typen jederzeit für schnöden Mammon erwerben kann (nur werden sie immer teurer), müssen für die optionalen Dekorationen Tintenvorräte verbraucht oder spezielle Fertigkeiten vorgewiesen werden. Mit zwei Aufträgen, drei Typen und 10 Gulden Grundausstattung gehen wir an den Start.

     

    Eine Beschaffungsrunde für Aufträge, Tinten, Fertigkeiten, Zahnräder (dazu gleich mehr) und kleinen Extras bzw. punkteträchtige Gunst eines Patrons wird von jedem Spieler mit Aktionssteinen hinter einem Sichtschirm geheim und gleichzeitig geplant. Zwar bekommt jeder überall was ab, wenn er sich nur mit wenigstens einem Aktionsstein darum bewirbt, aber mehr Steine bedeutet frühere Auswahl. Bei Gleichstand hat der erste Spieler reihum ab Startspieler den Vorteil - zum recht gefälligen Ausgleich hat reihum jeder Spieler immer einen Aktionsstein mehr zur Planung verfügbar als sein rechter Nachbar.

    Sind wir so nun in Besitz der richtigen Betriebsmittel zur Erfüllung unserer Aufträge gekommen, können wir diese zeitgleich erfüllen und die versprochenen Boni kassieren. Geld wird früh in Typen reinvestiert, später aber auch gerne gebunkert, sind doch auch drei Gulden am Ende einen Siegpunkt wert.

     

    Bis zu drei Zahnräder können wir ineinander verzahnt in unserer kleinen Druckerei montieren. Jedes Rad teilt sich in drei Sektoren, aber nur einer davon ist jeweils aktiv und zu Rundenbeginn wird das erste Rad (und so alle anderen auch) einen Sektor weitergedreht, so dass sich die Möglichkeiten ändern, aber auch ein wenig planen lassen. Einmal pro Runde kann man den aktiven Bonus jeden Zahnrades nutzen. Da winken Tauschmöglichkeiten von Betriebsmitteln oder Extra-SP bei Erledigung von Aufträgen mit gewissen Eigenschaften. Wer hier zur rechten Zeit die Chancen nutzt, kann um den Sieg mitspielen - ohnedem wird es vermutlich nichts damit.

    Nach sechs Spielrunden ist es auch schon vorbei. Nun gibt es noch SP für die oberen Stufen der vier verschiedenen Fertigkeiten, je 8 SP pro unterstützenden Patron und SP für das Restgeld.

     

    Unser Probespiel zu zweit machte durchweg Spaß und endete sehr knapp mit 100:99 SP. Das Thema ist sowohl materiell - mit den hübschen Holztypen und einer gefälligen Grafik - als auch spielmechanisch hinreichend gut abgebildet (Euro-Skeptiker werden wie immer anderer Meinung sein, sollen sie...). Tinten verbrauchen sich und müssen stets abgegeben werden, Typen und Fertigkeiten kann man wiederholt einsetzen und bringen so den gewünschten Engine-Effekt mit, der das Spiel über die Dauer trägt. Die Spannung bleibt dabei konstant durch die Konkurrenz der Spieler erhalten. Klar könnte man mit den ausliegenden Ressourcen wunderbar planen, hätte man stets allein den ersten Zugriff - aber genau das geht eben nicht! Wie ärgerlich, wenn man mit drei oder vier Aktionssteinen mal an einer Stelle was "klar machen" wollte und sich herausstellt, dass das gar nicht nötig war und man nun auf den anderen Baustellen unnötig oft das Nachsehen hat. Gönnen Können war gestern, das ist hier ein ganz schlechter Ratgeber auf dem Weg zum Spielsieg.

    Zwar steht "Expert" auf der Spielschachtel, Gutenberg ist nach meinen Maßstäben aber ein reines Kennerspiel. Es hat schnell erklärte Mechanismen und ist recht eingängig, der Aufforderungscharakter ist dank der Gestaltung hoch. Wer stimmige Kennerspiele wie Flügelschlag oder Viticulture schätzt, sollte sich das Spiel mal anschauen.

    Kleiner Hinweis: zum Spiel gehören sechs kleine Faltschachteln für das Material, die ich in meinem Spiel durch ein praktischeres selbst gebautes Insert ersetzt habe - das ist also nicht Standard in diesem Spiel.

    #Gutenberg

  • Danke für den Bericht. Klingt zwischen den Zeilen wie „Kann man spielen, tut nicht weh. Ist aber auch nicht schlimm, wenn man es verpasst hat.“ Lieg ich da richtig?


    Gruß Dee

  • Kommt auf deutsch bei Huch raus...

    ...wobei das Spielmaterial weitestgehend sprachneutral ist und eine deutsche Regel im Original-Layout bei BGG abgerufen werden kann. Nur die in den Sichtschirm gedruckte Spielhilfe mit Symbolerklärungen hat ein paar Brocken Text - wahlweise in polnisch oder leichtem Schul-Englisch, das ist es dann aber auch. Meine Frau hat die nicht bemängelt / gebraucht, und sie ist immer recht empfindlich, wenn was nur in englisch daherkommt.

    Danke für den Bericht. Klingt zwischen den Zeilen wie „Kann man spielen, tut nicht weh. Ist aber auch nicht schlimm, wenn man es verpasst hat.“ Lieg ich da richtig?

    Bei welchem Spiel - wenn es keine Graupe ist - liegt man damit falsch? ^^ K(aum)ein Spiel ist ein Muss! Ein BGG-Rating von 7.5 passt schon und ich denke, wenn es erst einmal größere Markt-Verfügbarkeit zeigt, wird das Spiel seinen Weg machen.

    Von mir nur soviel: hätte ich es vor Kauf schon spielen können, so wär es nicht von meiner Wunschliste gerutscht. Das ist nicht immer so (z.B. Eine wundervolle Welt - gut dass ich mir das gespart habe, Runaway-Leader-Spiel, das keinen Fehlstart verzeiht / Neueinsteigern keine Chance bietet).

  • Auf der Messe war auch ein Stand, der gleich das gepimpte Spielmaterial dazu anbot. Die Tintenfässchen hätten mich fast dazu gebracht das Spiel zu kaufen :)

    Im Netz bei Etsy zu finden:

    Tintenfalschen

    Tintentröpfchen

    Wenn sich da jetzt die positiven Spielberichte häufen sollten, garantiere ich für nix...

    SABBER 8o Die Fläschchen sehen ja wirklich lecker aus, aber der Preis... Ok, kein 3D-Druck sondern scheinbar wirklich kleine Behälter. Wo gibt's denn so kleine Dinger leer zum Basteln? Andererseits... lass mal eines davon undicht werden, das gibt 'ne Sauerei 8|

  • Hier hatte ich Anfang Dezember bereits kurz von dem Spiel berichtet. Bisher ist keine weitere Partie hinzu gekommen, aber reizvoll finde ich es dennoch. Liegt einfach daran, dass wenn uns der kleine Mann hier im Haus mal was größeres Spielen lässt, zur Zeit immer Arche Nova auf den Tisch kommt. Mir gefällt an dem Spiel der Aktionswahlmechanismus, also das Bieten, am meisten. In meiner Sammlung ist kein Spiel vorhanden, bei dem so etwas gemacht wird. Dazu bietet es genug Komplexität und Abwechslung, gepaart mit einem ungewohntem Thema, damit es in meiner Sammlung bleiben darf. Durch die vielen Aufträge, die sowohl leicht als auch schwer zu erfüllen sind und die Unterstützer gibt es dazu noch genug Varianz, wie man das Spiel angehen möchte. Mir fehlt bspw. noch der Überblick, ob es die eine Sieg-Variante gibt bzw. ob es ziemlich ausgeglichen ist, wie man das Spiel angeht (spezialisieren vs. ich mache alles ein bisschen).

    Optisch ist das Spiel ebenfalls gelungen, wobei hier die Buchstaben aus Holz natürlich das Highlight sind.

  • Ich hatte es vorbestellt und direkt von der Messe mitbringen lassen - wenn ein Spiel schon den eigenen Beruf als Thema hat, war das als Mediengestalter ein muss (wobei meine Ausbildung ja noch als Schriftsetzer begann...). Ich mag das Spiel sehr, die Biet- und die Zahnradmechanik sind wirklich gut gemacht. Das komplett plastikfreie Material finde ich wirklich hervorragend (besonders, dass die Lettern auch wirklich spiegelverkehrt sind, da merkt man, dass sich mit der Materie gut auseinander gesetzt wurde)

    Zu den Tropfen:
    Die Tropfen empfinge ich als wirklich spürbar einziges Manko: sie sind zu klein und gehen quasi im Beutel total unter (ich frage mich ja immer, warum man solche riesigen Beutel beilegen muss, wenn nur die unterste Ecke mit Material gefüllt ist). Als Alternative habe ich folgendes bei Spielmaterial.de gefunden:

    Spielmaterial, Spieleentwicklung, Pöppel, Würfel, Spielsteine | Tropfen, Wasser

    Sind dann knappe 5,- für die um die Tropfen in Holztokens zu tauschen.

  • Das Material ist sonst wirklich toll: Die Holzbuchstben, Zahnräder, Karten in ungewöhnlichem Format, und dann noch die süßen Aufbewahrungsschachteln, und alles ohen Plastik.

    Das verstehe ich nicht, warum man dann die Tintentropfen so winzig fisselig macht, zumal die ja aus dem Beutel gezogen werden, sodass hier die Haptik nochmal extra relevant ist. Die auch noch aus Holz hätte doch drin sein müssen, oder halt zumindest größer wenn aus Pappe.

  • Smuntz

    Hat den Titel des Themas von „Gutenberg (Granna, 2021)“ zu „Gutenberg (Granna 2021, Huch 2022)“ geändert.
  • actaion :


    Die Tintentropfen sind der einzige Kritikpunkt am Material. Wenn es nicht unbedingt eine Tropfenform sein muss, kann man auch wunderbar Quader aus Holz oder Scheiben oder Zylinder nehmen.


    Oder Spiel material.de hilft weiter:


    Spielmaterial, Spieleentwicklung, Pöppel, Würfel, Spielsteine | Tropfen, Wasser

    we are ugly but we have the music

    Einmal editiert, zuletzt von Lighthammel ()

  • Ich habe noch ein zweites Problem. ich bekomme die Karten nicht alle in die Box, die als Kartenaufbewahrungsbox markiert ist, rein. Oder habt ihr mir einen Tipp?

    Sind da nicht zwei Schachteln als Aufbewahrung für Karten markiert? Die Zahnräder kommen bei mir nicht in ene Schachtel. sondern nach Spielende in den Beutel.

    we are ugly but we have the music

  • Sind da nicht zwei Schachteln als Aufbewahrung für Karten markiert? Die Zahnräder kommen bei mir nicht in ene Schachtel. sondern nach Spielende in den Beutel.

    Ok... stellt sich mir eine zweite Frage... Was lief bei mir falsch, dass ich die zweite Schachtel nicht wahrgenommen habe? :D

    Können wir das auf Montag Morgen und den fehlenden Kaffee schieben? ;)


    Ja, die Zahnräder sind extra, die passen eh nicht in die Schachteln rein.