Entscheidungen in Spielen treffen - auf welcher Grundlage?

  • Das erinnert mich an meine Erfahrungen bei der regionalen Brettspielmeisterschaft...oh mein Gott war das unentspannt...1x und nie wieder, dabei haben wir sogar recht gut abgeschnitten.

    Das dachte ich mir auch, als meine Freunde zur Deutschen Brettspielmeisterschaft gefahren sind (mal ganz abgesehen von der schrecklichen Spieleauswahl)

    Mit fremden Menschen Spiele spielen, nur um zu gewinnen bzw möglichst viele Punkte zu machen. Urgh. Gar nicht meins.

  • Beispiel 1: Risiko

    Das Beispiel wähle ich, weil ich damit aufgewachsen bin... Nehmen wir an, Spieler 1 gewinnt bald, weil er Asien hält und Nordamerika. Spielerin 2 greift aber dennoch mich an, obwohl ich nur Teile von Afrika und Australien halte. Das ist vermutlich eine schlecht Entscheidung, weil damit Spieler 1 noch viel wahrscheinlicher gewinnt - aber sie macht es dennoch, entweder, weil sie ein Ziel hat, Australien zu besetzen oder weil sie keinen Beef mit Spieler 1 will (z.B. weil es der Partner ist oder sie Angst hat, zurück angegriffen zu werden oder beides). Wie kann ICH sinnvolle Entscheidungen treffen, wenn andere am Tisch doch offensichtlich unkalkulierbare schlechte Entscheidungen treffen? Ich kann ja in diesem Spiel nicht davon ausgehen, dass alle Spieler mich in jedem Zug mit allem angreifen, was sie haben...

    Du siehst das falsch.

    Das Spiel heißt nicht umsonst Risiko. Sie geht mit ihrem Move das Risiko ein, dass Spieler 1 gewinnt, hält sich aber mit der Option einen eigenen Vorteil zu verschaffen, die Siegchancen aufrecht, die sie ein eigener Angriff vielleicht endgültig kosten würde. Es gibt ja immer noch die Möglichkeit, dass jemand anders den Sieg von Spieler 1 verhindert.

    Alternativ hat sie vielleicht auch einfach keine Lust mehr und will verhindern, dass Spieler 1 nicht endlich gewinnt.


    Wie Du dich verhälst? So rational, wie es für deine eigene Risiko-Abwägung sinnig ist - und akzeptieren, dass du vielleicht nicht gewinnen wirst. Oder halt Diskussionen anzetteln.

  • Ich nehme mal die Option mit dem Partner raus, weil das natürlich absoluter Käse ist.


    Ansonsten sehe ich das anders d82 :)


    Meiner Einschätzung nach geht es wie in dem Beispiel meist komplett nach hinten los und man sorgt nur dafür, dass Spieler 1 gewinnt. Das ist das typische Dilemma, wenn die Zweite ihre Gründe findet, auf den Schlechteren einzuprügeln um sich irgendwelche Chancen zu wahren. Besser wäre es sich mit anderen zu verbünden, damit der führende Spieler einbricht. Jede Runde die sie wartet, weil sie denkt, es gäbe später eine bessere Chance, führt oft dazu, dass der Führende, der ja nicht umsonst führt, sich weiter exponentiell verbessert. Gerade bei Risiko ist das mit den Armeen die man erhält ja durchaus der Fall. Gleichzeitig mildert sie durch den Angriff auf Brettspiel Dude die Schlagkraft von ihm, den du anführst, um den Führenden auszubremsen. Da mindert sie ihre Chancen auf einen weiteren schlagkräftigen Gegner für den Führenden.


    Ausnahme, sie erhält einen merklichen Vorteil gegenüber der Ist-Situation, wenn sie den Schlechtestes angreift und zeitgleich baut der Führende seine Position nicht wesentlich stärker aus. Es ist weiter zu beachten, wie weit Platz 1 und 2 auseinanderliegen.


    In Area-Control spielen ist es meist aber eben wirklich keine gute Idee eine Person die in Führung liegt (das kann auch versteckt sein, durch eine Spielsituation, nicht nur durch Punkte) in Ruhe zu lassen. In Erstpartien kann das durchaus passieren und bei solchen Spielen muss man sich eingrooven und pauschal ist das schwierig zu beantworten. Ich tendiere aber bei der beschriebenen Spielsituation zur Einschätzung von Brettspiel Dude und irrationalem Spiel.

  • Brettspiel Dude Zum Thema „sinnvolle Entscheidungen, wenn ich entscheidende Variablen nicht kenne“ habe ich eine für mich neue, tolle Erfahrung gemacht, die ich gerne beisteuern möchte: Schach zu viert – mit Vorsagen.


    Die Vorgeschichte: Der Freund meiner Tochter studiert u. a. Mathematik auf Lehramt und ist leidenschaftlicher Schachspieler (im Verein), spielt aber auch gerne mal so vergleichsweise chaotisches Zeug mit uns wie The Mind. Meine Frau hatte bis vor Kurzem noch nie Schach gespielt und von ihm vorab einen Schach-Chrashkurs bekommen; meine Tochter hatte bisher nicht viel mehr Erfahrung als ein paar Kennenlern-Partien im Kindesalter gegen mich und später dann gegen ihn. Ich selbst habe früher vor allem im Freundeskreis gerne Blitzschach gespielt, mag das Ikonische daran und die Eleganz der Regeln (sic!), bin aber ansonsten eher ein (unter-)durchschnittlicher Gelegenheitsschachspieler. Ich treffe eben auch lieber intuitiv Entscheidungen und wenn das offensichtlich nicht geht, weil „das Spiel“ (Platzhalter für höchst komplex verzahntes Optimierspiel) das nicht verzeiht, verfalle ich leicht in Denkstarre und mache dann gerne mal kapitale Leichtsinnsfehler. Zu Weihnachten hatte er uns ein (ihm von Schach-Profis bekanntes) Experiment vorgeschlagen: meine Frau spielt gegen meine Tochter Schach und „wir“ dürfen ihnen nur vorsagen, mit welcher Figur sie ziehen sollen. Was sie daraus machen, ist komplett ihnen überlassen; man darf z. B. nur „Springer“ sagen, aber nicht welcher der beiden gemeint ist; ob mit dem nächsten Zug angegriffen oder doch lieber verteidigt werden soll; also keinerlei weitere Infos. Wenn man denkt, das ist doch offensichtlich, das macht sie bestimmt nicht … aaargh!


    Was soll ich sagen, es war ein grandios unterhaltsames und haarstäubend spannendes Spiel. Denn es braucht niemand denken, dass nicht alle die Absicht hatten, zu gewinnen. Hatten wir. Alle.*


    * Wer gewonnen hat, wird an dieser Stelle nicht verraten.**

    ** Ich war's nicht. Leider! ;)

  • Naja, sowohl die Option Partner als auch "keine Lust mehr" sind gerade bei Risiko durchaus Faktoren, die in Entscheidungen eine Rolle spielen. Sagt mir zumindest meine Spielerfahrung innerhalb verschiedenster Konstellationen in Freundeskreises über zwei Jahrzehnte hinweg. ;)

    Aber davon ab: Ja, beides ist Käse ... kommt dennoch leider vor. Ich hab deshalb sogar noch ein abgebrochenes Risk Evolution hier rumliegen, weil eine Person immer in Australien anfing, sofern es ging, nie gewonnen hat, sich immer auf halbgare Nichtangriffspakte mit ihrem Partner eingelassen hat und am Ende keine Lust mehr hatte, weil sie ja nie gewonnen hat - er hingegen zu oft.

    Daher sind gerade bei "massentauglichen" Spielen wie Risiken eben die persönlichen unlogischen Faktoren einfach nicht ausklammerbar.

    Grundsätzlich bin ich in deiner Betrachtung bei dir, würde gerade aber Risiko - je nach Spielart - mit dem extremen Momentum von richtigen Karten/Würfeln da eben ein Stück weit ausklammern.

    Für eine Person kann es bspw., wie du ja sagst, möglicherweise einen merklichen Vorteil bedeuten, eben einen schwächeren Anzugreifen.

    a) Mögliche Vernichtung des Schwächeren und Gewinn dessen Karten
    b) Simpler Gewinn einer Länderkarte, um (gerade zum Spielende hin) möglicherweise exponentiell bereits stark angestiegenen Nachschub zu generieren.
    c) Schlicht Vermeidung des eigenen Vernichtet-Werdens, eben um, wie gesagt, sich die Option des Sieges zu erhalten.

    Das ist ja eben die Crux am Dilemma. Ab einem gewissen Punkt im Spiel kann man auch nur "ums Überleben" spielen und ein Angriff auf den führenden kann je nach Konstellation auch einfach eine Einladung für den führenden zur "Vernichtung" darstellen. Oder für jemanden anders.

    Rein auf den Aspekt "Sieg von Spieler 1 verhindern" mag das Beispiel irrational sein. Aber das ist ja nicht die einzige Mechanik oder Sichtweise, wenn man sich fürs Team opfert und dadurch halt einem anderen Spieler den Sieg ermöglicht. ;)

  • Das erinnert mich an meine Erfahrungen bei der regionalen Brettspielmeisterschaft...oh mein Gott war das unentspannt...1x und nie wieder, dabei haben wir sogar recht gut abgeschnitten.

    Das dachte ich mir auch, als meine Freunde zur Deutschen Brettspielmeisterschaft gefahren sind (mal ganz abgesehen von der schrecklichen Spieleauswahl)

    Mit fremden Menschen Spiele spielen, nur um zu gewinnen bzw möglichst viele Punkte zu machen. Urgh. Gar nicht meins.

    Zwar offtopic, aber ein wenig Ehrenrettung der DMMiB... ich hab da früher viele Jahre mitgemacht und fand es meist sehr schön. Eine Partie mit Leuten spielen, die das jeweilige Spiel nicht nur kennen, sondern auch meist einigermaßen gut bis meisterhaft beherrschen, hat viele spannende Spielstunden gebracht, die ich so in meinen Gelegenheitsrunden nicht gehabt hätte. Und darüber hinaus waren das nette Begegnungen unter Spielern eben. Ja, die paar "Unentspannten" gab es auch gelegentlich, längst nicht immer. Und das waren oft nicht die, die am meisten dafür trainiert hatten. Ich hatte aber nie den Eindruck, dass diese Spezies dort dominiert, aber da mag das Empfinden subjektiv sein. Dass da stets von allen "auf Sieg" gespielt wurde, setze ich auch sonst voraus, sich darum messen ist doch Teil des Vergnügens, egal wie es dann ausgeht.

    Am Ende hab ich es von der Spieleauswahl abhhängig gemacht und dann war es - ein zwei Mal ausgesetzt - auch nicht leicht, wieder ein Viererteam um sich zu scharen bzw. in eines aufgenommen zu werden. So gesehen ist eher der Modus als solcher ein wenig abschreckend, zumindest für mich. Auf Einladung würde ich - interessante Spiele vorausgesetzt und jenseits der alles erschwerenden Corona-Lage - auch heute noch nicht nein sagen. Vorab jedes Spiel zigmal trainieren ist mein Ding aber nicht, da müssen ggf. ein zwei Probeläufe genügen, damit man auf jeden Fall mindestens regelfest ist.

  • In der Diskussion um "auf Sieg spielen" fehlt mir bisher ein wenig der Aspekt, dass dies nicht unbedingt bedeuten muss, gegen den aktuell (vermeintlich) Führenden zu spielen. Denn wenn absehbar ist, dass jemand auf den Sieg keine Chance mehr hat, halte ich es für durchaus legitim, dann auf Platz zu spielen, also zum Beispiel den zweiten Platz zu verteidigen. (Gerade auch im Zusammenhang mit der Brettspielmeisterschaft ist dies ja nicht unwichtig, weil IIRC für alle 4 Plätze entsprechende Punkte vergeben werden.)

  • Gehören gerade bei Risiko das fröhliche Chaos und selbstmörderische Schwachsinns-Entscheidungen nicht irgendwie zum Spiel?


    Auch haben wir manchmal den Effekt, das bei einem weit führenden Spieler die schwächeren sich gegenseitig raushauen um sagen zu können "ich bin wenigstens nicht Letzter geworden" - kann also eine durchaus rationale Entscheidung sein ;)


    Insgesamt besteht Risiko bei uns zu einem großen Teil aus Paktieren und Sprüche klopfen. Meine Entscheidungen treffe ich in einer Mischung aus

    "strategischen Leitplanken", Taktik ("oha - ich kann eintauschen, die zwei Spieler vor mir haben sich gerade gegenseitig dezimiert und jetzt ist Südamerika leer") und "Psychologie": Spieler X geht mir für den Rest des Spiels auf den Zeiger wenn ich ihn jetzt in Land A angreife, greife ich ihn in Land B an wird er das nicht tun, weil wir da keinen Pakt haben.


    Meistens ist es mir dabei relativ egal ob mich jemand in der letzten Runde gelinkt hat und ich versuche das rational auf die eigenen Siegchancen fokussiert zu sehen.

    Aber Risiko ohne irrationale Entscheidungen? Ohne den Rachefeldzug, ohne den sinnlosen Kampf bis zur letzten Armee um das Land zu erobern und in der nächsten Runde direkt wieder zu rauszufliegen? Kann ich mir -zumindest in "unserer" Runde (eine dreistellige Zahl Partien, insbesondere in der Teenager-Zeit)- nicht vorstellen! :)



    Bei #PaxPamir bin da bei #Nico:

    Große strategische Pläne sind in Spielen wie Pax schwierig, wegen der Interaktion, aber auch dem rotierenden Kartenmarkt. Man weiß ja gar nicht, wann was kommt und ob man das überhaupt kriegt.

    In solchen Spielen heißt es dann also: flexibel spielen, kürzer denken. Also entweder 'was ist jetzt gerade das Beste?' oder 'wie stelle ich mich am besten auf, egal was passiert?'


    Um also auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:

    Ich muss also irgendwie irgendwelche Annahmen treffen. Das geht umso besser, je besser man die anderen Spieler*innen kennt - aber stellt euch vor, ihr geht auf ein Pax Pamir-Turnier und kennt da einfach keinen. Welche Entscheidungen trefft ihr und warum sind die besser als die anderen Entscheidungen?

    Bei Pax Pamir versuche ich, unter Berücksichtigung meiner persönlichen "strategischen Leitplanken" für mich aus der konkreten Situation das Beste rauszuholen und mich dann in die Situation reinzudenken "Was würde ich tun, wenn ich nach mir dran wäre?" Dem "Nach-mir-ich" versuche ich keine allzu großen Scheunentore aufzumachen oder sogar die Suppe zu versalzen.


    Ob diese Art der Entscheidungsfindung besser als andere ist? Kann ich noch nicht sagen dazu reicht meine Zahl an gespielten Pax Pamir-Partien noch nicht aus ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Haddock ()

  • Bei Pax Pamir versuche ich, unter Berücksichtigung meiner persönlichen "strategischen Leitplanken" für mich aus der konkreten Situation das Beste rauszuholen und mich dann in die Situation reinzudenken "Was würde ich tun, wenn ich nach mir dran wäre?" Dem "Nach-mir-ich" versuche ich keine allzu großen Scheunentore aufzumachen oder sogar die Suppe zu versalzen.

    Das ist exakt der Punkt. Bei Pax Pamir hat man den meisten Einfluss auf die nachfolgende Person. Diesen muss man nutzen, denn wenn man sich auf andere Mitspielenden konzentriert, ohne dass es einen starken persönlichen Vorteil gibt, wird man eben den Nachfolgenden stark machen.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Altbekanntes Beispiel Puerto Rico: Wenn meine Mitspieler direkt an meiner Zug-Entscheidung teilhaben wie eben in Puerto Rico, dann kann der beste Zug stets der sein, dass meine Mitspieler möglichst wenig davon haben. Ich schaue also nicht mehr, was mir persönlich am meisten nützt und nehme dann ggf hin, dass einige Mitspieler auch ihren Vorteil dabei haben. Stattdessen schaue ich, dass möglichst niemand einen Vorteil durch meine Zugentscheidung bekommt und wähle dann zwischen den verbliebenden Alternativen aus, was mir davon am meisten nützt.


    Also erst Vorteile für andere verhindern und dann schauen, was für mich selbst sinnvoll ist.


    Ist nach meiner Erfahrung wesentlich erfolgreicher als den Fokus aufs eigene Spiel zu haben, führt in dieser destruktiven Denke allerdings in meiner Wahrnehmung zu einem negativen Spielgefühl. Ich verhindere mehr, als dass ich mache. Eben weil der Mit-Nutzen von Mitspieler-Aktionen in einer 3er / 4er oder 5er-Runde einen grösseren Anteil als meine eigene Aktion hat. Mit der Denke entscheide ich mich zwar für eine potentiell erfolgreiche Spielweise, die einen am Ende auf die vorderen Plätze spühlt, aber der Preis dafür ist ein schlechtes Spielgefühl, das rein auf Verhinderung setzt. Wer in solchen Runden mit Fokus auf sich selbst spielt, ist schlicht der "Trottel", der dauernd Vorlagen gibt.


    Früher hat mir Puerto Rico wesentlich besser gefallen. Auch so ein Opfer der Spiele-Turniere, in denen ein Spiel komplett auseinander genommen wurde, um Lücken im Spielsystem zu finden, die man ausnutzen kann, um bessere Entscheidungen zu treffen. Deshalb sind Turnier-Spiele danach meist verbrannt. Oder spielt heute jemand noch "Race to the New Found Land"?

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Deshalb sind Turnier-Spiele danach meist verbrannt. Oder spielt heute jemand noch "Race to the New Found Land"?

    Du meinst für die Mitspieler des Turniers verbrannt oder allgemein?

    Ich denke das hängt von der Qualität vom Spiel ab. Race to the New Found Land würde wohl sowieso nicht mehr gespielt werden.
    Für eine Partie Puerto Rico wäre ich trotzdem immer zu haben obwohl ich da schon im 3stelligen Bereich bin.

    Ich persönlich wäre für ein Turnier immer zu haben aber nur für ein Spiel/Spiele die mir selbst sehr gut gefallen. Es würde mir nicht im Traum einfallen ein Spiel öfter zu spielen/trainieren das mir nicht gefällt nur um bei einem Turnier teilnehmen zu können.

    2 Mal editiert, zuletzt von s3chaos ()

  • Danke noch mehr für die vielen Ideen und die großartige Schachgeschichte Gead :D


    Mir ist noch was eingefallen:

    Hab mal irgendwann vor ein paar Jahren was zum Thema Entscheidungsfindung auf WDR5 (Textradio) gehört, nämlich, dass man sich nicht fragen sollte "Was sollte ich tun?" sondern "Was würde ich einem Freund raten, der exakt dieses Problem hat?"


    Einer Entscheidungsfindung steht man sich meist selbst im Wege.


    Ansonsten hab ich heute "Schnelles Denken, Langsames Denken" gekauft und bin gespannt!


    Und auf die nächste Runde Pax Pamir hätte ich schon wieder Lust, weil ich das Gefühl habe, dass seit gestern auch ein paar Regeln durchgesackt sind.

  • Ansonsten hab ich heute "Schnelles Denken, Langsames Denken" gekauft und bin gespannt!

    Danke für diesen Thread und die anregende Diskussion. Ich hatte meinem Mann davon erzählt, der mir gleich den Kahneman aus dem Regal zog und auch den Titel von Michael Lewis: Aus der Welt.

    Da mir nicht nach Nobelpreisträger auf 600 Seiten war, habe ich zum Lewis gegriffen. Sehr unterhaltsam geschrieben und interessant für alle, die sich auch für Auswahlkriterien bei amerikanischen Sportlern / Talenten interessieren.

    Auf Daniel Kahneman und Amos Tversky nimmt der Autor auch Bezug.

    Die ersten 50 von 350 Seiten habe ich bereits verschlungen 😊…

  • gab62 Keine Angst vorm Nobelpreisträger! Das Buch ist leicht verständlich und man kann wunderbar mit sich selbst experimentieren. Ich habe es als Hörbuch gehört und wurde wunderbar unterhalten. Wirklich fantastisch!

  • Interessante Diskussion.


    Was die Risiko-Situation angeht, so scheint das Spiel für die kritisierte Spielerin sowieso fast gelaufen zu sein. In einer katastrophalen Lage gibt es halt einfach keine guten Züge. Vielleicht sieht sie noch eine winzige Chance, wenn sie Australien befreit und danach viel Glück hat. Vielleicht will sie ihren Platz sichern, vielleicht möchte sie einen anderen Spieler zwingen, den Führenden anzugreifen, vielleicht möchte sie sich selbst nicht zwingen lassen, ... . Möglicherweise sind ihre Chancen zu gewinnen so oder so mikroskopisch klein, ein Angriff auf den Führenden würde nur die Chancen zwischen Brettspiel Dude und dem Führenden verschieben.

    Fabian Zimmermann - Autor von Tiefe Taschen / GoodCritters

  • Wem Kahneman zu theoretisch ist (obwohl gar nicht schlimm) dem seien auch die Bücher von Richard Thaler geraten, der auf Kahneman und Tversky die Verhaltensökonomik aufgebaut hat. Ganz besonder das Buch "Misbehaving", welches im Prinzip die Geschichte von ihm und der VÖ beschreibt und dabei sehr leicht, lustig und anregend ist. Da geht es materialbedingt auch sehr viel um Spiele :):)


    Falls ich jemandem nicht geantwortet habe, entschuldigt bitte. Die Diskussion ging mir viel zu schnell und um zuviele Themen, und heute war da nicht die Zeit dafür.

  • Deshalb sind Turnier-Spiele danach meist verbrannt. Oder spielt heute jemand noch "Race to the New Found Land"?

    Du meinst für die Mitspieler des Turniers verbrannt oder allgemein?

    Für die Mitspieler des Turniers, weil die sich nach dem Turnier an diesen Spielen sattgespielt haben. Sowie für Spielrunden der Mitspieler des Turniers, die nicht am Training beteiligt waren, weil das Spiel nicht mehr aufm Tisch kommt bzw. abgelehnt wird, auch weil der Erfahrungsunterschied zwischen Turnierspieler und andere Spieler zu extrem ist, dass es weder dem einen noch dem anderen Spass macht.


    So schon mehrfach in den Jahren erlebt, wo diverse Mitspieler an solchen Turnieren teilgenommen haben. Ich persönlich mag die teils angestrengte Atmosphäre eines Turniers eh nicht und nach meinem 3. Platz im 1. Ratinger Siedler Städte und Ritter Turnier 2008 habe ich meine kurze und ansonsten recht mässige Turnierkarriere schnell beendet.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Siegstrategie wäre zu hoch gegriffen, aber dominante Spielweisen, die Partien auf Schlüsselmomente reduziert haben, durch und mit denen man seine Siegchancen erheblich steigern konnte. Zusätzlich zu einer Liste von Do und Donts, die man selbst eben erst nach xx Partien durch Spielerfahrung herausfindet.


    Kurz gesagt: Kaputt analysiert und dadurch entzaubert.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Kurz gesagt: Kaputt analysiert und dadurch entzaubert.

    Es gibt ja zum Glück auch Spiele, die auf jedem Level der Spielkunst einen neuen Zauber entfachen.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • Nix gegen Race to the New Found Land oder Helios, aber herausragend gute Spiele waren das beides nicht. Auch ohne Brettspiel-Meisterschaft wären diese beiden Spiele heute vergessen. (Wobei das für mich beides Spiele waren mit einigen wirklich guten Ideen drin, aus denen man mehr hätte rausholen können.)

  • Meine These beruhend auf meinen Wahrnehmungen und Erfahrungen, die sicher nicht allgemeingültig sind:


    So eine Brettspiel-Meisterschaft im eigenen Umfeld kann wie eine Art Beschleuniger wirken, um schneller auszubrennen und langweilig zu werden.


    Für mich besteht ein Teil der Faszination von neuen Brettspielen darin, die Möglichkeiten dieses Spiels auszutesten und innerhalb der gegebenen Möglichkeiten zu agieren - konfrontativ, kompetetitv oder kooperativ. Also Entscheidungen zu treffen und zu schauen, wie die sich auswirken und wiederum weitere Entscheidungen beeinflussen. Das möchte ich gerne selbst erleben, weshalb ich auch keine Strategie-Guides lese. Ich möchte nichts nachspielen, nur um des Erfolg willens, sondern eben meine eigenen Entscheidungen treffen, auch wenn die nicht optimal sind.


    Das gezielte Training für ein Brettspiel-Turnier ist hingegen darauf ausgelegt, gemeinsam die Entscheidungs-Wege zu finden, die erfolgreicher als andere sind. Der eigentliche Spielspass ist viel mehr darauf konzentriert, besser zu sein als die Mitspieler. Wie man das erreicht, ob angelesen oder antrainiert oder durch endlose Wiederholungen herausgefiltert, ist dabei nebensächlich. Und genau deshalb mag ich keine Turniere. Die Vorbereitung darauf nur, wenn ich ein Sparingspartner bin, der seine eigenen Entscheidungen treffen darf. Trotzdem bekommt man mit, was erfahrenere Mitspieler so machen und kürzt seine Eigenerfahrung damit ab. Die Lebenszeit eines Spiels, die aus der Neugier des Neuen geboren ist, ist damit für mich verkürzt. Und irgendwann ist es ausgebrannt, wenn es keine neuen Herausforderungen auf einer Wissenden-Ebene bieten kann.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Meine These beruhend auf meinen Wahrnehmungen und Erfahrungen, die sicher nicht allgemeingültig sind:

    Ich hätte das sogar für allgemeingültig gehalten, es fehlt nur die andere Hälfte


    Wenn du dich massiv mit einer beliebigen Tätigkeit auseinandersetzt, bist du danach entweder damit fertig oder du hebst diese Tätigkeit auf eine neue Ebene (und findest damit vielleicht gar eine Form der Erfüllung).

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Ich hab ne furchtbare Partie Siderische Konfluenz hinter mir, weil niemand mit mir tauschte, weil alle immer befürchteten, ich würde aus dem Tausch viel mehr Vorteile ziehen als sie selbst - und haben dann lieber unter sich getauscht. Keine Ahnung, was mir diese Reputation eingebracht hat, aber dann ergeben solche Spiele eben auch keinen Sinn mehr.

    Wow, heftiges Extrembeispiel, an dem deine Mitspieler am Spiel vorbei spielen. Denn Siderische Konfluenz basiert ja gerade auf fairem Tausch, bei dem man aber die Konsequenzen für den Mitspieler kaum abschätzen kann. Deswegen gilt: einfach immer das best mögliche für sich selbst rausholen, für sich selbst optimieren und hoffen, dass man das besser macht als die anderen. Es braucht enorm viel Spielerfahrung um abschätzen zu können, was XY dem Gegner jetzt nutzt.

    Genau das passiert mir immer bei #NewAngeles. Weil ich das Spiel erkläre, gehen die Mitspieler davon aus, dass ich es am besten kenne und sind mir gegenüber immer übertrieben misstrauisch…