"Wo bekomme ich wie viel für mein Geld?" scheint bei manchem wichtiger zu sein als "Wie spielt sich das Spiel?". Das ist eine Entwicklung, die ich aktiv wahrnehme, aber nur schwer nachvollziehen kann. Diese beiden Ansichten treffen im "Wie viel Spielspaß steckt in Spiel X pro €?" zusammen. Prinzipiell ist es definitiv legtitim diese Rechnung aufzustellen und sich gegen ein Spiel zu entscheiden, da es preislich für die gebotene Spielzeit oder Mechanik zu wenig bietet. Dies ist auch nichts, was ich hier jemandem Vorhalten möchte, denn diese Überlegung ist rational.
"Wo bekomme ich wie viel für mein Geld?" setzt Spiele mit einer Ware gleich, die eine Preisangabe pro 100 Gramm Packungsinhalt zu entsprechen scheint. Auf dieser Grundlage werden Spiele verglichen und daraus können dann vermeintlich Schlüsse gezogen werden. Genau dies ist der Punkt, an dem ich aber aussteige. "Warum soll ich Spiel X kaufen, wenn ich bei Y für 10€ mehr 30 Miniaturen extra erhalte über die Stretchgoals?" geht für mich am oft proklamierten Kulturgut Spiel vorbei.
Ja, es mag sein oder ist so, dass manche Publisher mit tollen und oder massig Miniaturen locken. Große Auflagen drücken den Preis und machen das Gesamtpaket zu einem "lukrativen" Angebot. Spielerisch gewinnt es im Gegensatz zu einem Spiel eines kleineren Verlags mit viel Entwicklungsaufwand und weniger Material dadurch nicht automatisch hinzu. Trotzdem gilt es sich zu rechtfertigen, wieso man meint, dass der Preis von 80€ für ein Food Chain Magnate seine Richtigkeit hat und im Vergleich zu einem "Mythic Battles: Ragnarök"-Pledge nicht maßlos überzogen ist.
So schön überproduzierte Spiele für einen vermeintlich kleinen Preis sind, so sehr verzerren sie auch die Erwartungshaltung, die manch einer an Spiele stellt. Ich für meinen Teil kann sagen, dass mich Massen an Miniaturen und Plastik eher abschrecken. Natürlich gibt es die andere Fraktion, die diese Flut an Plastik begrüßt, sich mit dem Pinsel daran austobt und dadurch eine toll anzusehendes, plastisches Spiel erhält. Das ist auch nicht der Punkt, dass ich für weniger Plastik oder ähnliches plädiere (auch wenn ich das insgeheim begrüßen würde - in und außerhalb der Spielschachtel), sondern viel mehr, dass es kleine Entwickler oder Verlage umso schwieriger haben durch diese an das Preisschild gebundene Erwartungshaltung. 60 ist das neue 40, aber dann auch bitte in der großen Box und mit mehr als nur ein paar Karten. Dass Spiele in kleinen Auflagen teuerer zu produzieren sind, auch eine eventuell lange Entwicklungsdauer an einem Spiel entlohnt werden will, dass übersieht manch einer zu Gunsten großen Kickstarter-Kampagnen gerne.
Spiele, die bei mir landen, haben mich auf die ein oder andere Weise angesprochen. Das Material war da noch nie wirklich der ausschlaggebende Punkt...ok, bei Junk Art oder Flick'em Up sollte es die Holzversion sein. Am Ende geht es mir darum, dass ich mit den Spielen Spaß habe. Ob ich nun einen oder 20 Euro für eine Spielstunde zahle, das ist mir dabei einigermaßen gleichgültig, solange ich das Spielkonzept interessant finde.
Mehr ist nicht immer besser. Mehr kann Druck aufbauen, beispielsweise die Kampagne bei Gloomhaven durchzuspielen. Mehr kann auch verwässern, indem es gleiche Mechaniken stetig uninspiriert recycelt, nur um auf der Schachtel mit 14 statt fünf Szenarien werben zu können. Spiele sollen auch weiterhin erschwinglich bleiben, aber ich finde, man sollte Spiele nicht auf Grundlage des physischen Gegenwerts vergleichen. Wäre das der Ansatz, auf den wir uns hinentwickeln, dann enden wir in einer von wenigen Publishern dominierten Spielelandschaft, die den kleinen und innovativen Köpfen das Wasser durch ein vermeintlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis abgegraben hat.