Diese Thematik wurde unter anderem Namen vermutlich schon in vielen Threads diskutiert, aber irgendwie hänge ich noch immer im persönlichen Sommerloch und hatte nach dem Hören der letzten beiden Folgen des Brettspiel-Podcasts, sowie dem Verfolgen des Spieltraum-Rabatt- und des Advents-Threads das innere Bedürfnis, mich über die aktuelle Situation auszulassen.
Im Adventskalender-Thread wurde sich teils darüber beschwert, dass die Angebote nicht billig genug waren (im Vergleich mit Vorjahren oder anderen Aktionen) und dass die Spiele nicht die durchschnittliche Qualität der BGG Top 100 hätten. In diesem Zuge wurde dann auch mal von Ramsch geredet, der an manchen Tagen angeboten wurde. Selbstverständlich ist das so, habe ich mir gedacht, denn gute Spiele haben doch ihren Preis und das auch zu Recht.
Zum Aufhänger des Brettspiel-Podcasts ( Kehron) : Dort gibt es die Kategorie Gekauft-Gebacken-Gespielt, in der über die letzten zwei Wochen der vier Hosts berichtet wird. In der vorletzten Folge wurde über die Adventskalender und Aktionen der Brettspielläden im Zeitraum Dezember gesprochen. Sinngemäß fiel die Aussage, dass sich ab und an die Bestpreisseiten (liebe Grüße an toasted) angeschaut und Spiele mit Bestpreis einfach mal mitgenommen würden, eben weil sie billig sein. Im gleichen Zug wird aber auch gesagt, dass viele der Spiele danach auf dem Pile of Shame liegen. Es ist also ein Kaufen des Angebotes wegen, nicht zwingend aufgrund des persönlichen Interesses am Spiel selbst. Solche Angebote und Käufe werden dann, auch abseits des Podcasts, von vielen abgefeiert.
In der aktuellen Folge wird diese Thematik erneut aufgegriffen. Da geht es um ein Spiel, welches nach Anwenden des Rabatt-Codes und der PayBack-Punkte nur noch einen Bruchteil des eigentlichen Preises kostet. „Kann man mal mitnehmen“. Für mich klingt das nicht so, als würde in solchen Fällen großes Interesse am Spiel selbst bestehen. Auf der anderen Seite wird über ein bei Kickstarter gefördertes Projekt geredet. Kostenpunkt mit Sprachpack: 49€. Diese 49€ sind aber völlig ok, denn „für den Preis ist es mit Sicherheit ein solides Spiel. Selbst wenn du nicht 100% davon überzeugt bist, so viel falsch machen kannst du da auch nicht“. Es ist schließlich ein Kickstarter.
In der heutigen Zeit gehört es für Kickstarter-Kampagnen dazu, möglichst viele Stretch Goals rauszuhauen. Da sind ein paar Minis nicht genug, oftmals muss es noch die zweite oder dritte 40 Stunden Kampagne sein, denn die Backer sind erst dann glücklich, wenn der Paketbote in zwei Jahren beim Ausliefern ins Schwitzen kommt. Dass diese Kampagnen oft nicht die Qualität bieten, die das Grundspiel hat, ist dabei aber zweitrangig, da viele Leute sowieso nur haben wollen und alleine über die erste Kampagne nicht hinauskommen werden. Für mich fühlt es sich oft wie die Hobbit Filme an. Ein Buch, welches in sich eine tolle Geschichte für ein oder maximal zwei Filme geboten hätte, wird auf drei gestreckt, da man so ja mehr bieten kann. Dass die Geschichte dadurch Längen bekommt und an Qualität verliert, ist erstmal egal, denn zunächst zählt das Mehr.
Ich möchte hier klar sagen, dass sich niemand für sein Kaufverhalten zu rechtfertigen hat. Die zwei Momente aus dem Podcast habe ich nur exemplarisch aufgegriffen, da ich beim Hören das Bedürfnis hatte darüber zu schreiben. Insgesamt ist dieses Verhalten überall zu finden. Es gibt kaum einen Tag, in dem ich nicht lese, dass Spiel X mit 20% bei Y rabattiert ist. Dann wird mal in die Runde gefragt was es taugt, nur um es aufgrund der auslaufenden Aktion dann doch mitzunehmen und sich ein Schulterklopfen der anderen abzuholen. Sollte man eine Möglichkeit gefunden haben, noch einen weiteren Gutschein anzuwenden, dann kann man sich schonmal unterstellen, denn der Like-Regen wird garantiert nicht lange auf sich warten lassen.
Oft lese ich, dass Mitglieder über stornierte Bestellungen bei Thalia schimpfen, sich aufregen, weil sie die Rabattaktion verpasst haben oder das Spiel zwei Tage später mit Neukundenbonus über den Viertaccount billiger zu erstehen gewesen wäre, aber all diese Probleme sind doch hausgemacht. Ein mindestens genauso schönes Gefühl für mich ist es, wenn ich mit meinem Kauf einen lokalen Händler unterstütze oder zumindest einen auf Brettspiele spezialisierten und keine der großen Ketten. Es ist schlicht viel entspannter, wenn man sich von all dem Stress befreit, der durch Prozente auf einen aufgebaut wird. Natürlich muss man im Zweifel auch ein paar Euro mehr bezahlen, dafür hat man aber auch nicht den Ärger, wenn wieder etwas nicht, nur schlecht verpackt ankommt oder man die Seite nicht oft genug besucht und dadurch das Zeitfenster des Rabatts verpasst hat.
Es geht mir gar nicht darum, dass ich das Kaufen neuer Spiele als etwas Schlechtes abtuen möchte. Natürlich kaufe auch ich, wenn ich etwas Neues ausprobieren möchte und verkaufe es im Anschluss eventuell wieder. Natürlich habe auch ich lieber eine gut gefüllte Box mit haptisch ansprechenden Komponenten als eine große Box mit vier Kartensets und drei Holzwürfeln, die äußerlich mehr verspricht, aber ich bin auch bereit für diese zum größtenteils leere Box den Preis der vollen oder mehr zu zahlen, wenn sie mich spielerisch mehr anspricht. Das ist ein Punkt, den Ben2 in der Vergangenheit oft angesprochen hat. Gefühlt geht es vielen darum pro 100g möglichst wenig zu zahlen, aber Spiele sind keine Waren im Supermarkt, die sich über das Verhältnis Euro zu Gewicht vergleichen lassen.
Vor zwei Jahren wurde ein Thread über den Verkauf von Spielen und das Ausdünnen der Sammlung mit einem meiner Zitate eröffnet. Einige konnten es nicht verstehen, da für sie das Sammeln im Vordergrund stand, für mich hat sich die Entscheidung aber als ideal herausgestellt. Eine Reduktion ist immens befreiend und kann sogar glücklich machen, obwohl man sich von Spielen trennt, die man schon lange besessen und gerngehabt hat. Die eigenen Spiele ständig zur Disposition zu stellen, ist ein spannender Prozess, an dessen Ende wirklich nur die Titel bleiben, die für einen selbst herausragen oder eine emotionale Bedeutung haben.
Die Diskussion über die Neuanschaffung von Spielen nach dem vermeintlichen Brand der eigenen Sammlung hat dies für mich verdeutlicht. Für viele wären es einige wenige Spiele gewesen, und das obwohl die derzeitigen Sammlungen oftmals im (hohen) dreistelligen Bereich liegen.
Die Beckikaze hat im Jahresrückblick seines YouTube-Kanals Planet Apocalypse genannt. Abgesehen von der Thematik und der Art Spiel, welche in Kombination natürlich nicht jeden ansprechen, finde ich das Beispiel gut. Er sagt sinngemäß, dass Planet Apocalypse mit 200€ ein in der Anschaffung teures Spiel ist, es den Preis aber durch die hohe Wiederspielbarkeit (ok, bei Planet Apocalypse nur mit Erweiterung) rechtfertigt. Viele, die den Preis kritisieren und sich dafür lieber drei „billigere“ Spiele kaufen, haben dadurch aber nicht zwangsläufig mehr Spielspaß oder mehr von ihrem Geld. Oftmals ist es auch ein sehr tolles Gefühl ein Spiel wirklich zu erkunden und zu erleben. Das ist etwas, was durch die Flut von Neuheiten, den Cult of the New und die ganzen Käufe aufgrund verlockender Angebote aber immer seltener wird. Da werden dann immer neue Spiele aufgetischt und die teilweise besseren Spiele fristen ein Schattendasein alleine aufgrund des Alters.
Als abschließendes Beispiel möchte ich da die Top-Liste von Hunter & Cron nennen, die mir von YouTube vorgeschlagen wurde. Das Jahreshighlight für Hunter & Cron sind mit XIA und Dominant Species ältere Spiele. Natürlich wurde Dominant Species erst vor kurzem neu ausgeliefert und erfreut sich damit Aufmerksamkeit trotz des Alters, aber es ist doch schön, zu solchen Spielen zurückkehren zu können – natürlich nur, solange sie nicht unter dem Berg neuer Schnäppchen begraben liegen.