EXIT Das Buch, Rätselromane aus dem Kosmos Verlag: Logbuch 1907 (spoilerfrei)

  • Über den Umweg der mechanischen Rätsel, wie Chris Ramsay die auf seinen YouTube-Kanal vorstellt, und etliche gute Stunden mit diversen EXIT-Spielen von Kosmos, bin ich auf deren Rätselromane gekommen. Sozusagen die direkte Solospielerfahrung eines Escape-Rooms in Buchform.


    Ich habe mit "Logbuch 1907" angefangen, weil mich die Klassifizierungen Jugendroman der anderen Rätselromane ein wenig abgeschreckt hat, nicht die passende Zielgruppe zu sein für das angepeilte Alter und Genre. Versprochen sind 44 Rätsel im Buchformat, die man nach und nach löst und dabei eine Story miterleben kann. internetzugang mit entsprechenden Geräten wird zwingend vorausgesetzt und es sollte einem ebenso klar sein, dass das Buch bei Benutzung mehr oder weniger zerstört wird und damit nur einmal nutzbar ist. Ok, klingt alles gut, wobei mir der Anteil der Computernutzung nicht so recht klar war. Klar war mir hingegen, dass ich da keine literarische Höchstqualität erwarten werde können, weil der Schwerpunkt nun mal auf den Rätseln liegt und die Story das alles nur zusammenhalten soll. So war es dann auch.


    Puh, einen Tag später bin ich bei Rätsel 33 von 44 angekommen. Einmal angefangen hat das "Logbuch 1907" für mich einen wahren Sog entwickelt, mich von Rätsel zu Rätsel zu hangeln. Spricht für den Rätselroman, wenn man den über den Tag einfach nicht weglegen will und immer wieder zurückkommt, um weiterrätsel zu können. Etliche Erfolgserlebnisse und einige Frustmomente gab es ebenso, aber das gehört wohl alles zum Gesamterlebnis dazu.


    Jeweils eine Doppelseite im Buch stellt ein Rätsel vor, wobei der Haupttext eines Rätsels online nachgelesen werden muss. Ohne Computer oder Smartphone geht da gar nix. Ebenso wird die Lösung auch online eingegeben und es gibt ergänzende Hinweise zum Rätsel, so dass ich Buch und online immer zusammen im Blick haben sollte, um das Rätsel lösen zu können. Mit diesem Medienwechsel muss man leben können, ansonsten wird man hier nicht recht glücklich. Mir persönlich war das zu viel online und zu wenig Buch. Ich hätte gerne mehr und ausschliesslich offline gerätselt.


    Ein Drittel dieser bisher erlebten Rätsel war einfach, ein weiteres Drittel wirklich knifflig und durchaus innovativ. Aber beim letzten Drittel, das sich wild über die Rätsel verteilt und deshalb keine Einstiegshürde in dieses neue Format war, hatte ich schlicht keine Ahnung, was man überhaupt von mir wollte. Wie also soll ich ein Rätsel lösen, wenn ich schon die Frage nicht verstanden habe? Ok, gehört eventuell mit dazu auf diesem "Level Profis", dass man so gar nichts kapiert. Aber warum bitte gebt Ihr mir dann auf einer Doppelseite diverse Texte, Zeichnungen, Illustrationen und mehr vor und dazu noch erweiterte Infos online, wenn 99% von dem allem so rein gar nichts mit der Lösung zu tun haben? Ich konnte oft nie unterscheiden, was relevant ist und was nicht. Schlicht weil ich kein Ansatzpunkt hatte, um da abzugrenzen. Besonders weil man schon recht früh vermittelt bekommt, dass man durchaus online recherchieren darf und sollte.


    Interessant da die automatische Google Suchbegriffergänzung. Da konnte ich wunderbar sehen, dass ich nicht der einzige Spieler war, sondern ich online Mitreisende hatte, die ebenfalls nach genau diesen Wortkombinationen gesucht haben. Nicht um sich die Lösung zu spoilern, sondern um sich diverser Begriffe klar zu werden. Denn Spoilerartikel habe ich zum Glück bisher nie gefunden. Die Internetrecherche habe ich nur benutzt, um mein begrenztes Wissen zu erweitern. Erfundenes Beispiel: Ich weiss, dass die Lösung irgendwas mit Ländernamen zu tun hat und ich weiss ebenso genau, dass ich da so gar keinen Plan habe und deshalb externe Google-Hilfe brauche.


    Im Grunde könnnte ich mich endlos mit einem einzelnen Rätsel aufhalten, weil ich diverse Details miteinander in Verbindung bringe, die zwar logisch erscheinen, die Lösung aber in keinster Weise einfordert. Dabei fand ich meine Lösungsansätze teilweise wirklich toll, nur waren die nicht gefragt. So musste ich leider öfter als mir lieb war, einen der zweistufigen Tipps einholen, um überhaupt erst einmal die Rätsel-Richtung eingrenzen zu können. Im Nachhinein war das auch alles irgendwie nachvollziehbar, nur hätte ich mich vorab endlos in Richtungen verrant, die zu falschen Lösungen führten.


    Das ist dann auch meine Hauptkritik an dem Rätselbuch. Mir fehlten oftmals die Leitplanken, um mein Rätselraum abzustecken. Zumal manche Rätsel wirklich komplex sind und andere Rätsel fast schon intuitiv gelöst werden konnten. Nur das sehe ich als Spieler und Leser nicht und verrenne mich in ungefragte Details, weil die Frage zu unscharf ist und selbst Teil des Rätsels. Also wirklich was für Profis, die extrem um die Ecke denken können und dabei falsche Fährten als solche auch erkennen und daran ihren Spass haben, mit fast schon scheinbaren Nullinformationen loslegen zu wollen. Deshalb für mich eine Empfehlung in Bezug auf "Logbuch 1907" mit der zeitgleichen Warnung, dass Ihr in endlose Denkfallen tappt, weil es kaum Führung bei den einzelnen Rätseln gibt.


    Wie habt Ihr die Kosmos Rätselromane erlebt?

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Ich kann hier nur aus der indirekten Perspektive berichten, da ich nicht selber gerätselt habe, sondern meine Frau die eigentliche Rätselerin war. Wie das so ist, habe ich bei dem einen oder anderen Rätsel aber doch mit gegrübelt.


    Mene Frau hat Keller der Geheimnisse und Logbuch 1907 gerätselt. Keller der Geheimnisse ist als Einsteiger-Buch und Jugendkrimi ausgewiesen. Von der Story her mag das stimmen, wobei meiner Frau die Story (im klassischen TKKG-Stil, soweit ich das mitbekommen habe) deulich besser gefallen hat als Logbuch 1907.


    Die Rätsel im Keller der Geheimnisse waren - wieder soweit ich das beurteilen kann - natürlich leichter (ist ja auch die Einsteiger-Variante, aber doch nicht zu leicht. Es gab genauso Erfolgserlebnisse und knifflige Grübeleien. Für den Einstieg und wenn man kein Hardcore-Rätseler ist, kann ich also auch gut dieses Buch empfehlen.


    Beim Logbuch 1907 würde ich deine Dreiteilung so unterschreiben. Eine klassische Rätsel, einige wirklich innovative und sehr schöne Rätsel und einige, wo man gar nicht wußte, was zu tun ist.


    Insgesamt kann ich mich deiner Meinung nur anschließen. Für uns gilt, dass wir durchaus nochmal so ein Rätselbuch kaufen werden, wenn einer von uns Lust darauf bekommt. Durchgängig alle Bücher der Reihe hintereinander wegzurätseln - das eher nicht. Das EXIT-Spiel- und das EXIT-Puzzle-Format gefällt uns da besser.

  • Wie habt Ihr die Kosmos Rätselromane erlebt?

    Ich habe das "Tagebuch 29" angefangen und kam ca. bis in die Hälfte, etwas drüber vielleicht, dann verließ mich die Geduld. Wie du schon sagst, kam ich mir oft auch so anhaltslos vor, und musste viel googeln. Einiges war für mich ganz klar, auf anderes wäre ich NIE gekommen. Irgendwann war dann die Luft für mich raus. Außerdem wäre irgendwie ein bisschen Story drumrum nett gewesen ;)


    Für jeden, der richtig gerne rätselt, auch schwerere Brocken, und sich da richtig reinbeißen kann, finde ich es aber durchaus empfehlenswert! :)

  • Tagebuch 29 ist, soweit ich das gelesen habe, das absolute Stiefkind unter den Storys. Scheinbar hat man da fast gänzlich auf Geschichte verzichtet. Die anderen sind scheinbar zumindest etwas dichter, was die Story angeht.

  • Tagebuch 29 war das erste in der Reihe und erschien ersteinmal beim Autor im Eigenverlag. Kosmos hat sich dann die Rechte gesichert und es neu veröffentlicht. Ich habe es geschafft, alle Rätsel ohne Hilfe zu lösen, war dafür aber auch einige Wochen beschäftigt. In meinem Laden habe ich das Buch oft gezeigt (und verkauft) und mir dabei Hilfe bei den einzelnen Rätseln geholt. Das war sehr lustig und kommunikativ!


    Logbuch 1907 war das zweite Buch. Anderer Autor und jetzt mit Story. Die aber war so hahnebüchend und abstrus, dass ich gerne darauf verzichtet hätte. Die Rätsel selbst wie auch beim Tagebuch 29 unterschiedlich schwer und packend. Insgesamt aber hat mir das Tagebuch 29 besser gefallen.


    Als drittes erschien dann das Tagebuch der Zeit. Gleicher Autor wie das Tagebuch 29, aber jetzt mit Geschichte. Das hat mir am Besten von allen gefallen!


    Grundsätzlich ist es wie bei den Exit Spielen. Einige Rätsel schafft man sofort, bei anderen muss man länger knobeln oder benötigt Hilfe. Aber das ist doch völlig normal. Und der eine löst dieses, der andere jenes Rätsel und wundert sich, wo da die Probleme sein sollen.


    Ich jedenfalls habe an allen drei Büchern viel Spaß gehabt und mich nicht an den paar - für mich - zu schweren Rätseln gestört. Das Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls ist dramatisch besser als bei den Exit Spielen.


    Martin

    aus der Kinderkiste in Marburg

    Martin Wehnert

    Spieleverkäufer in der Kinderkiste in Marburg

    Spielerezensent

    Veranstalter von Brettspielveranstaltungen

  • Im Direktvergleich gefällt mir das Exit-Design der Spiele besser als das mir vorliegende Buch. Besser im Vergleich sehr-gut zu gut.


    Einfach weil man in den Exit-Spielen nur das Material des Spiels und die eigenen Lösungsideen im Kopf hat. Alles rein analog. Das habe ich als fokussierter empfunden. Bei dem Buch kommt eben die digitale Online-Komponente PC/Smartphone dazu, in der man dann auch noch Material findet. Das weitet den Lösungsradius enorm aus. Das empfand ich anfangs als ungewohnt und bis deshalb auch mehrfach in die ausliegenden Rätselfallen getappt. Eventuell bin ich auch einfach mit den Denkmustern der Exit-Spiele inzwischen besser vertraut. An dem Logbuch 1907 scheinen die Brands ja nicht beteiligt gewesen zu sein, sondern eben Giorgos Kiafas. Klar, dass der seinen eigenen Stil hat.


    Den Aufdruck des Buches "Level Profis" sollte man da durchaus ernst nehmen. Eventuell mit einem einfacheren Buch anfangen, weil EXIT Spiele und Buch sind dann doch wohl verschieden. Exit ist eben nicht gleich Exit.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Versucht ihr denn alle, die EXIT-Bücher alleine zu enträtseln? Wäre es nicht wie bei den Spielen besser, dies als Gruppe anzugehen?

    Ich war allein dran, klar kann man das auch als Gruppe angehen. Es gibt aber halt kein unterschiedliches Spielmaterial, das man verteilen kann, weißt wie ich meine? Alle müssen auf die eine Doppelseite gucken, wollen blättern, knicken, drehen, malen usw. - das stelle ich mir etwas schwieriger vor. Bei den Spielen kannst du die Rätsel ja etwas aufteilen, da "arbeitet" man ja oft an mehreren gleichzeitig. Hier ist es immer nur eins auf kleinem Raum.


    Ich hab meinen Mann als schon mal drauf gucken lassen für zusätzlichen Input, aber ansonsten fand ich es alleine eigentlich angenehm.

  • Ich würde auch davon ausgehen, dass man bei den Büchern eher alleine rätselt, maximal noch eine Person zur Unterstützung dazu nimmt. Eben aus den genannten Gründen: es gibt kein Material außer dem Buch. Wenn das rumgereicht wird, warten die anderen darauf, dass Buch wieder zurückzubekommen.