Ganz okay, aber mir viel zu zufällig für das, was es zuerst anbietet

Es ist gar nicht leicht, bei der Versionsvielfalt durchzublicken: „Viticulture“ (2013), „ Viticulture: Tuscany (2014)“, „Viticulture: Complete Collector's Edition (2014)“, „Viticulture Essential Edition“ (2015) und „Viticulture: Tuscany Essential Edition“ (2016). Was haben wir davon eigentlich gespielt? Nach einer Recherche stellte sich heraus, dass ich im Juni 2017 „Viticulture“ und im April 2019 wie auch jetzt nach drei Jahren Pause noch einmal „Viticulture: Tuscany Essential Edition“ gespielt hatte. Dabei nutzten wir zwar das Spielbrett der 2016er-Version, aber nicht die Tuscany-Erweiterung. Oder nur einen Teil davon? Ich weiß es nicht genau. Auf alle Fälle haben wir nach folgenden Regeln gespielt:


Zum Ende jeder Runde beziehungsweise direkt zu Spielbeginn setzen die Spielerinnen ihren Hahn auf eines der sieben Zeitfelder, die angeben, wann man in dieser Runde an der Reihe ist. Je früher man aufsteht, desto eher kommt man dran, dafür erhalten die später agierenden Spielerinnen einen nicht zu verachtenden Bonus für diese Runde. Danach setzen wir reihum unsere Arbeiter ein. Zuerst bei den Frühlingsaktionen. Wenn ich gepasst habe, warte ich, bis alle anderen ebenfalls gepasst haben. Dann setzen wir Arbeiter auf den Sommeraktionen ein. Danach im Herbst und dann im Winter. Ein bisschen erinnert das an „Everdell“ oder vielmehr umgekehrt erinnert „Everdell“ an „Viticulture“. Das Besondere: Die Arbeiter erhalten wir erst am Jahresende zurück. Mit gerade einmal drei Arbeitern zum Spielanfang muss ich also stark haushalten, wenn ich im Winter noch etwas tun will. Zusätzlich sind besetzte Arbeiterfelder für mich tabu. Ausnahme: Meinen großen Arbeiter darf ich auch dort einsetzen, wo jemand steht. Und so spielen wir Jahreszeit für Jahreszeit, Jahr für Jahr, bis eine Spielerin die magische Grenze von 25 Siegpunkten erreicht oder überschritten hat. Im Kern handelt es sich also um ein Wettrennen.


Thematisch geht es bei Viticulture um den Weinanbau in der Toskana, Italien. Hierfür bauen wir im Sommer Traubensorten (durch im Frühling zufällig gezogene grüne Pflanzenkarten) auf unseren drei Weinfeldern an. Diese ernten wir dann im Herbst und können durch eine weitere Aktion auch noch Wein (Rot, Weiß, Rosé oder Schaumwein) daraus machen. Im Winter tauschen wir den Wein gegen lukrative Siegpunkte ein. Entweder direkt oder über lila Auftragskarten, die wir im Herbst zufällig ziehen können. Weitere gelbe und blaue Karten geben uns Vorteile im Sommer und Winter. Zusätzlich gibt es zwei Bauaktionen, die mein Spielertableau ausbauen lassen. Damit kann ich dann besseren Wein lagern, bestimmte Traubensorten anbauen oder eine extra Ernte einfahren. Am Ende eines Jahres reift der Wein in den Kellern und – wie auch immer das in der Realität funktionieren soll – die geernteten Trauben in den Kisten.


Wie geschrieben, konnte ich bereits zweimal „Viticulture“ erleben. Und nein, das Spiel wird in meinen Augen nicht besser. Es ist sicherlich ein gutes Einstiegsspiel in die Welt der Kennerspiele, aber meine bisherigen Kritikpunkte bleiben: Der Start ist extrem langsam, ehe ich meine Weinfelder angebaut und bestellt habe. Dafür kann das Jahr am Ende der Partie nicht mehr schnell genug voranschreiten, damit ich endlich im Herbst neue Aufträge ziehen und im Winter erfüllen kann. – Falls sie denn passen! Denn auch der Kritikpunkt bleibt: „Viticulture“ ist Zufall. Welche Trauben ich initial anpflanze, hat rein gar nichts damit zu tun, welche Weine ich später für Aufträge benötige. Und so zogen wir zum Spielende hin auch nur noch fröhlich lila Auftragskarten, in der Hoffnung, dass eine davon wohl zum im Keller lagernden Wein passt. Dabei wiederholen sich die Vorgänge dann auch jede Runde so sehr, dass für mich die Spannungskurve nach drei Viertel der Partie stark abflachte. Was auch nicht geholfen hat, waren die zwei Regelhefte. Je nachdem, was wir wissen wollten, mussten wir an der einen oder der anderen oder beiden Stellen blättern. Das Spiel ist jedenfalls okay und ich spiele es sicherlich auch wieder mit, aber mehr kann ich dem nicht abgewinnen. (7,0)