Typischer Lacerda mit starker Verzahnung, aber leider spür ich das Thema nicht

In „Weather Machine“ versuchen wir eine Wettermaschine zu reparieren, die das Wetter außer Kontrolle geraten ließ. Hierfür müssen wir Maschinenteile, Roboter und Chemikalien besorgen und können diese entweder zur Unterstützung der Regierung, zur Durchführung von Experimenten oder zur Korrektur des Wetters einsetzen. Hierfür stehen uns vier Orte auf dem Spielbrett zur Verfügung, auf denen ich meinen einzigen Wissenschaftler einsetzen kann, um dort Aktionen auszuführen. Bezahlt wird das ganze Unterfangen mit fünf verschiedenartigen Coupons. Wenn ich in allen drei Bereichen im gleichen Wetterbereich aktiv war, kann ich ein Paper veröffentlichen und danach einen Prototyp dieser Wettermaschine bauen.


„Weather Machine“ ist ein typisch stark verzahntes Eurogame von Vital Lacerda. Alles hängt mit allem zusammen und wenn ich irgendwo eine Aktion auslöse, erhalte ich einen Bonus, mit dem ich dann woanders wieder etwas anfangen kann. Wenn ich einen Bot baue, erhalte ich einen Bonus. Wenn ich die Regierung unterstütze, erhalte ich eine Subvention als Bonus. Wenn ich einen Bot in die Forschungsabteilung schicke, erhalte ich einen Bonus. Wenn ich ein Paper veröffentliche, erhalte ich einen Bonus. Die drei Funding-Leisten in den drei Bereichen, die zu bestimmten Zeitpunkten Boni ausschütten, habe ich noch gar nicht erwähnt. Zusätzlich hängen die Einsatzorte Lacerda-typisch voneinander ab. Bei der Regierung erhalte ich Labor-Coupons und muss Regierungscoupon zahlen. Im Labor zahle ich mit Labor-Coupons, erhalte aber R&D-Coupons. Und in der Forschungsabteilung bezahle ich mit R&D-Coupons und erhalte Regierungscoupons. Es gab also viel zu beachten, als wir die Partie spielten. Aus dem Grund habe ich auch eine (oder zumindest eine halbe) Partie gebraucht, um die Zusammenhänge wirklich zu verstehen. Vor allem, das Gefühl, wo es wie viele Siegpunkte gibt, erschloss sich mir erst am Ende der Partie. Der eigentliche Fluss des Spiels ist dann aber gar nicht mehr so schwer zu durchdringen, auch wenn natürlich dennoch einiges vorgeplant werden muss.


Auch mechanisch hat Lacerda zahlreiche Teile, die mir aus seinen anderen Spielen bekannt sind, verbaut. So haben wir natürlich den Arbeitereinsatz (wie so oft nur mit einem Arbeiter), einen Puzzle-Aspekt im Workshop (Teile müssen farblich passen, um die Chemikalien lagern zu können), Set Collection für die Paperveröffentlichung und natürlich Ressourcen-Management auf zahlreichen Leisten. Dazu gibt es mit Lativ noch einen Sandra-Ersatz (aus „Kanban“), der auch über das Spielbrett läuft, Aktionsplätze belegt und uns einen kleinen Bonus gibt. Als ich die Anleitung las, habe ich mich wirklich auf das Spiel gefreut. Da passte vieles zusammen. Und dann kam ich zu denen Aktionen und den einzelnen Mechanismen und ich hätte mir gewünscht, der Autor hätte bei der Hälfte aufgehört. Wie schon in anderen Eurogames der letzten Monate ist mir in „Weather Machine“ zu viel drin. Wieso muss ich für den Bau eines Wettermaschinen-Prototyps Zahnräder abgeben, die aber alle in der gleichen Reihe des Workshops liegen müssen und zusätzlich ungenutzte Räder in dieser Reihe abgeworfen werden? Oder wieso der Umstand über die Zitierfunktion bei der Veröffentlichung eines Papers? Es gibt noch zahlreiche andere Aspekte, die ich gerne wegfallen lassen würde, um das Spiel schlanker, einfacher und schneller spielbar zu machen. Etwas störend fand ich auch Lativ und seine Bots. Lativ fühlt sich fast wie ein weiterer Dummy-Spieler an, für den ich Aktionen mit ausführen muss. Die Bewegung von Lativ, seinem Assistenten und den fünf Bots ist natürlich nicht extrem viel Aufwand. Aber ich frage mich, ob es wirklich notwendig ist.


Wir saßen zu dritt ungefähr drei Stunden an unserer Partie „Weather Machine“, was die normale Erstspielzeit für so eine Art Spiel ist. Ich vermute, dass dies auf 45 Minuten pro Spieler reduzierbar ist. Es hätte bei uns sogar noch länger dauern können, wenn wir noch mehr Züge zurückgenommen hätten. Mir passierte es mehrfach (insbesondere in den ersten zwei Runden), dass ich Aktionen wählte, zu denen mir dann die Roboter fehlten, sodass ich rein gar nichts tun konnte, außer in einer Funding-Leiste hochzugehen. Diese wiederum haben wir falsch verstanden. Grund ist die Anleitung. Ich habe in der Schule gelernt: Was in einem Text in Klammern steht, ist eine zusätzliche Information, die auch weggelassen werden kann. Und so merkten sich zwei Spieler, die die Anleitung getrennt voneinander gelesen hatten: „Immer, wenn man Funding erhält, erhält man den Bonus der Leiste.“ In der Anleitung steht aber: „Immer, wenn man Funding erhält (indem man ein Zielplättchen rumdreht), erhält man den Bonus der Leiste.“ Dadurch erhielten wir in der ersten Hälfte des Spiels viel zu viele Boni und Ressourcen.


Die Interaktion in diesen drei Stunden war eher gering. Das ist nicht genre-untypisch. Ähnlich wie bei „Kanban“, was einen fast identischen Aktionswahlmechanismus hat, kamen wir uns beim Einsatz unseres Wissenschaftlers manchmal etwas in die Quere, aber das war nur ganz selten essenziell. Auch bei den Bot-Einsatzplätzen an den drei Hauptorten nahmen wir uns manchmal zwar einen Platz weg, aber meist gab es eine Alternative. So hat es mich auch selten interessiert, was meine Mitspieler machten, außer um zu lernen, wie sie das Spielprinzip auffassen und ihre Pläne umsetzen. Mitunter hatte ich auch viel Zeit, um zuzuschauen. Wenn jemand ein Subventionsplättchen einsetzt, sich dann an einen Hauptort setzt und zwei Aktionen durchführt, und damit dann Boni freischaltet, die ihm weitere Aktionen machen lassen, dann kann so ein Zug auch mal mehr als fünf Minuten dauern. Die Downtime ist stellenweise also hoch. Je mehr Personen mitspielen, desto größer wird die Wartezeit logischerweise. Vor allem wir als Erstspieler sind dabei bei jeder Aktion bis zum Spielende mit dem Finger die einzelnen Schritte auf dem Spielplan abgefahren, um ja keinen Schritt zu übersehen. Wenn wir das nicht mehr machen müssten und alle Aktionen fehlerfrei ausführen könnten, wären wir sicherlich auch schneller unterwegs. Es gibt auch eine Solo-Version von Dávid Turczi, deren Anleitung mit 14 Seiten so viel Inhalt hat wie ein anderes Standard-Eurogame. Den Modus habe ich nicht getestet (und werde es auch nicht) und kann daher nichts zur Spiellänge oder dem Spielgefühl allein sagen.


Die Symbolik hilft glücklicherweise beim Verstehen des Spiels. Es sind zwar viele Symbole, aber Illustrator Ian O'Toole hat es – wie von ihm gewohnt – geschafft, dass ich nur ganz wenig in einer Symbolübersicht nachschlagen musste. Eigentlich blieben für mich nur die Zielplättchen etwas kryptisch. Auch die Illustrationen auf dem Spielbrett und den Extremwetter-Plättchen haben mir sehr gut gefallen. Aber ich hatte anfangs Probleme, die einzelnen vier Aktionsbereiche mit ihren Aktionsfeldern zu finden. Im Laufe der Partie wurde das immer klarer und eingängiger, aber zu Beginn fand ich das Spielbrett eher unübersichtlich. Ein Kritikpunkt: Die abgebildeten Zahnräder im Labor hinter den Chemikalien haben mehrfach für Verwirrung gesorgt, weil wir anfangs dachten, dass sie etwas bedeuten – analog zu deren Bedeutung im R&D-Bereich. Die Farben gehen zwar mit den Chemikalien einher, aber sonst hat die Darstellung keine Bedeutung. Das Material ist von sehr guter Qualität. Die Spielertableaus sind natürlich zweilagig, damit nichts verrutscht. Die Holzsteine für Roboter, Wissenschaftler, Chemikalien etc. schön bedruckt. In unserer Version gab es dann auch noch Metallzahnräder, deren fünf Farben jeweils eigenständig designt wurden. Natürlich spielt sich „Weather Machine“ mit Pappzahnrädern genauso gut. Ob das Spiel einem die 189 Euro (ohne Metallräder) wert ist, die es bei Skellig Games kostet, muss jeder für sich entscheiden.


Zum Schluss mag ich noch auf das Thema eingehen. Ich denke, wenn es eine Wettermaschine gäbe, dann könnte sie vielleicht so funktionieren, dass ich Maschinenteile, Chemikalien und Roboter brauche, um sie zu betreiben. Aber selbst dann bleibt „Weather Machine“ sehr oberflächlich. Die Chemikalien haben zwar fünf toll klingende Namen (Verdino, Melgoth, Delugium, Calorium und Radieu), die sich aber vermutlich niemand merken kann. Somit verkommt das Thema zu den Farben Grün, Weiß, Rosa, Rot und Blau. Gleiches gilt für die verschiedenen Coupons. Es war mir egal, wie diese heißen. Wichtig war mir nur das Symbol auf dem Spielbrett und dass ich von diesem Symbol genug habe. Auch mit den Bots hatte ich Probleme. Warum genau muss ich eigentlich Bots in den drei Hauptbereichen einsetzen? Was tun sie da genau? Und wieso haben Zahnräder und Chemikalien die gleiche Farbe? Bis auf den R&D-Bereich spielt dies nirgendwo eine Rolle, aber wieso spielt es dort überhaupt eine Rolle? Im Gegensatz zu „Kanban“ ist „Weather Machine“ für mich also ein rein abstraktes Spiel, das zwar ein Thema darstellen will, dies aber in meinen Augen nicht einmal oberflächlich schafft.


Mein Fazit der ersten Partie: Es wird keine zweite geben! Für mich ist das Spiel viel zu kompliziert und unthematisch aufgebaut. Wo ich ein „On Mars“ zumindest spielmechanisch noch sehr gut fand oder ein „Kanban“ sowieso thematisch sehr dicht daherkommt, kann mich „Weather Machine“ nicht wirklich begeistern. Sollte es eine abgespeckte Variante geben (analog zu „Kanban“ und dem kleineren „Bot Factory“), könnte das vielleicht mein Interesse wieder wecken.